Sitzung 26. Oktober 1999

Drucksache Nr. 18/99

163. Sitzung des Planungsausschusses, 26.10.1999  

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 2 
a) Errichtung eines OBI-Bau-, Garten- und Heimwerkermarktes in der Gemeinde Unterhaching, Gewerbegebiet am Grünwalder Weg

Anlagen (nicht in der Online-Fassung):

1 Lageplan
Stellungnahme des Regionsbeauftragten vom 07.10.1999

  

I. VORTRAG

1. Der Grundstückseigentümer und der Betreiber des Projekts haben am 13.08.1999 bei der Regierung von Oberbayern in Abstimmung mit der Gemeinde Unterhaching die Einleitung eines RO-Verfahrens für einen Baustoffmarkt (Baumarkt-, Heimwerkermarkt und Gartencenter) am Grünwalder Weg in Unterhaching beantragt.
Mit Schreiben vom 16.08.1999 beteiligt die Regierung von Oberbayern als höhere Landesplanungsbehörde den Regionalen Planungsverband München am Verfahren.

2. Der geplante Bau-, Garten- und Heimwerkermarkt im Gewerbegebiet am Grünwalder Weg der Gemeinde Unterhaching weist eine Gesamtverkaufsfläche von 13.350 qm auf. Davon sollen 1500 qm auf Baustoffe, 3600 qm auf den Baumarkt, 2900 qm auf den Heimwerkermarkt, 2350 qm auf das Gartencenter sowie 3000 qm auf Freiflächen für Baustoffe und Grünpflanzen, die zu 25 % angerechnet werden, entfallen. Das Projekt liegt in einem Gewerbegebiet im Süden der Gemeinde Unterhaching an der Grenze zur Gemeinde Taufkirchen und soll über den Grünwalder Weg und die Ausfahrt Taufkirchen der Autobahn A 8 an das Verkehrsnetz angebunden werden.

Sortimentsschwerpunkte sind: Baustoffe, Fliesen, Bauelemente, Parkett, Holzzuschnitt, Regale, Kleinmöbel, Heizungs- und Sanitärartikel, Eisenwaren, Werkzeuge und Maschinen, Farben, Tapeten und Innendekorationswaren, Leuchtkörper und Elektroinstallationsartikel, Auto- und Fahrradzubehör sowie Gartenbaustoffe und Pflanzen und Saisonartikel. Zusätzlich werden auf dem Gelände ein Mitbauhaus und eine Handwerkervermittlung angeboten. Spätere Erweiterungen schließt der Projektbetreiber aus. Aus den Angaben des Projektträgers zur Umsatzaufteilung ist ersichtlich, daß sperrige Artikel aus dem Baustoff- und Holzsektor überdurchschnittlich und kleinvolumige Waren wie Farben, Tapeten und Dekorationswaren am Umsatz eher schwächer vertreten sind. Der Anteil der Waren, die nicht für Endverbraucher gedacht sind, sondern auf die Bedürfnisse von Handwerkern abstellen, soll größer sein als üblich.

Das zunächst auch geplante Vorhaben "Einrichtungshaus" wird nicht mehr weiter verfolgt. Lediglich das beantragte Projekt eines Bau- und Gartenmarktes ist Gegenstand des RO-Verfahrens.

3. Der geplante Baumarkt ist mit regionalplanerischen Vorgaben nur unter Auflagen vereinbar.

a) Grundlagen für die regionalplanerische Beurteilung sind die Aussagen des LEP, des geltenden Regionalplans sowie der in Aufstellung befindlichen Ziele und Grundsätze der Regionalplanfortschreibung Gewerbliche Wirtschaft - Einzelhandel.

Nach LEP B IV 1.4.5 sollen Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Unterzentren und zentralen Orten höherer Stufen ausgewiesen werden. Die Errichtung und Erweiterung solcher Einrichtungen sollen sich ebenso wie die Ausweisung von Flächen außerdem an der Versorgungsfunktion des zentralen Ortes und der Größe des Verflechtungsbereichs orientieren. Dabei sollen die Funktionsfähigkeit der zentralen Orte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich dieser Einrichtungen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Nach dem Ziel des Regionalplans München B IV 4.2 Satz 2 sollen Einzelhandelsgroßprojekte nur zugelassen werden, wenn sie in ihrem Einzugsbereich die verbrauchernahe Versorgung nicht gefährden und die Versorgungsfunktion zentraler Orte und Stadtteilzentren sowie integrierter oder zu entwickelnder Geschäftszentren nicht beeinträchtigen.

Der Regionale Planungsverband hat in seiner Sitzung im Juli 1999 die Einleitung des Anhörverfahrens für die Fortschreibung des Regionalen Versorgungskonzepts Einzelhandel beschlossen. Diese Konkretisierung des LEP trifft folgende Aussagen:

G 4.1.1 Die dezentralen Versorgungsstrukturen in der Region München mit ihrer großen Vielfalt an Betriebstypen, Waren- und Dientleistungsangeboten und den Bündelungsvorteilen sollen erhalten und gestärkt werden. Einer Verzerrung des Standortwettbewerbs zwischen Versorgungsstandorten in städtebaulich integrierten und peripheren Lagen soll entgegengewirkt werden.

Standorte in "städtebaulich integrierter Lage" bedeutet,

  • daß sie sich in oder nahe von Innenstädten, Stadtteilzentren und Ortskernen sowie Nebenzentren befinden,
  • daß dort auch andere öffentliche und private Infrastruktureinrichtungen angeboten werden,
  • daß sie mit ÖPNV-Anschlüssen angebunden oder anbindbar sind
  • und daß sie in aller Regel landesplanerisch zentral gelegene Standorte sind (mit einem Bezug zur wohnortnahen Grundversorgung und zur Versorgung der Bevölkerung im landesplanerischen Verflechtungsbereich bzw. im Einzugsbereich).

Z 4.2.2 In den zentralen Orten sollen die Einzelhandelskapazitäten an ihrer Versorgungsfunktion und an der Größe ihrer landesplanerischen Verflechtungsbereiche orientiert werden, soweit nicht Besonderheiten eine Abweichung vom Verflechtungsbereich gemäß Landesentwicklungsprogramm begründen.

G 4.3.1 Kaufhäuser und Einkaufszentren sollen als Einzelhandelsgroßprojekte in städtebaulich integrierten Lagen zur zentralörtlichen Versorgungsfunktion und Handelsvielfalt beitragen.

Z 4.3.2 Einzelhandelsgroßprojekte sollen die Funktionsfähigkeit der zentralen Orte im Einzugsbereich und die verbrauchernahe Versorgung nicht wesentlich beeinträchtigen.

Z 4.3.3 Für Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten soll im Rahmen der Bauleitplanung Standorten in städtebaulich integrierten Lagen mit urbaner Nutzungsvielfalt der Vorrang vor der Neuausweisung von Sonderflächen an Standorten in peripheren Lagen eingeräumt werden.

Z 4.3.4 Einzelhandelsgroßprojekte oder deren Entwicklung sollen unter Berücksichtigung der zeitlichen und räumlichen Summen- und Agglomerationseffekte nicht zu nachteiligen Auswirkungen auf die Zentren führen. Z

4.3.5 Einzelhandelsgroßprojekte sollen an ein entsprechend leistungsfähiges öffentliches Personennahverkehrssystem angebunen werden.

Z 4.3.6 Die Ausweisung von Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte und deren Erweiterung sollen sich an den bestehenden bzw. zu erwartenden Belastungsgrenzen der Verkehrsinfrastruktur und an ihre Auswirkungen auf die Umwelt orientieren. Dabei soll der Flächenbedarf für Warenausgabe, Lager und Versand einbezogen werden.

Diese in Aufstellung befindlichen Ziele und Grundsätze entfalten nicht die Bindungswirkung eines rechtsgültigen regionalplanerischen Zieles, sondern stellen sog. sonstige Erfordernisse der Raumordnung dar, die einer Abwägung zugänglich sind.

b) Der Standort des Projekts in Unterhaching ist als Standort für ein Einzelhandelsgroßprojekt, als das der Baumarkt gelten muß, regional-planerisch zulässig, wenn im Einzugsbereich des Baumarktes die verbrauchernahe Versorgung nicht gefährdet wird, die Versorgungsfunktion anderer zentraler Orte und Stadtteilzentren sowie integrierter Geschäftszentren nicht wesentlich beeinträchtigt wird und die Kommunen im Einzugsbereich mit ca. 150.000 Einwohnern keine regionalplanerisch begründeten Einwendungen gegen das Projekt geltend machen.

  • Als Siedlungsschwerpunkt steht Unterhaching hinsichtlich des landesplanerischen Versorgungsauftrags einem Unterzentrum nicht nach. Geeignete Siedlungsschwerpunkte sollen mittelzentrale Versorgungseinrichtungen bereitstellen (vgl. LEP A IV 1.5, 1.7 und 1.10). Ein Einzelhandelsgroßprojekt ist demnach grundsätzlich in einem Siedlungsschwerpunkt möglich (LEP B IV 1.4.5 - s.o.).
  • Für den Baumarkt ist von einem Einzugsbereich von ca. 150.000 Einwohnern auszugehen. Dabei werden die von der Regierung von Oberbayern im RO-Verfahren benannten Gemeinden zugrundegelegt. Von diesen ca. 150.000 Einwohnern im Kundeneinzugsbereich kommen rd. 50.000 aus östlichen Teilen der LH München. Bei einem angenommenen Jahresumsatz von ca. 35 Mio DM wird eine Kaufkraftabschöpfung von knapp unter 25 % des spezifischen Ausgabenvolumens errechnet. Dies gilt für nicht zentrenrelevante Sortimente. Allein nach dieser Abschöpfungsquote wäre das Projekt landesplanerisch zulässig.
  • Allerdings sprengt der Kundeneinzugsbereich die Größe des Verflechtungsbereichs des Siedlungsschwerpunkts Unterhaching. Es ist hier jedoch von einer atypischen Fallkonstellation auszugehen. Projekte wie der zu bewertende Bau-, Garten- und Heimwerkermarkt sind betriebswirtschaftlich nur bei einer entsprechenden Größe und einem entsprechenden Kundeneinzugsbereich überlebensfähig. Dieser überschreitet im vorliegenden Fall wesentlich alle denkbaren Verflechtungsbereiche zentraler Orte im Osten der LH München - ausgenommen den der LH München selbst. Unterhaching ist von anderen Siedlungsschwerpunkten umgeben. Im Hinblick auf eine solche Lage sieht das in Aufstellung befindliche Ziel B IV Z 4.2.2 Ausnahmen vom Verflechtungsbereich vor. Auch das LEP-Ziel B IV 1.4.5 stellt auf die Funktionsfähigkeit zentraler Orte und die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im "Einzugsbereich" von Einzelhandelsgroßprojekten ab.
  • Bedingung dafür ist, daß die im Einzugsbereich liegenden Kommunen keine regionalplanerisch begründeten Einwände gegen das Projekt geltend machen (also die Versorgungsfunktion anderer zentraler Orte nicht beeinträchtigt ist). Dazu zählen nicht Gründe des Konkurrenzschutzes, aber z.B. eigene konkrete Projekte, die gleichzeitig landesplanerisch beurteilt werden können. Im vom Antragsteller angegebenen Einzugsbereich existieren keine konkreten Einzelhandelsgroßprojekte mit Baumarkt und Gartenzenter und einem ähnlich umfassenden Sortiment (vgl. Stellungnahme des Regionsbeauftragten Seite 4 oben). Die Projektgemeinde hat vorab die Nachbargemeinden und die LH München über das Projekt informiert. Nach derzeitigem Kenntnisstand erhebt die Mehrzahl der Kommunen (die ca. 150.000 Einwohner aufweisen) keine Einwände gegen die Ansiedlung eines Baumarktes in der geplanten Größenordnung. Die Nachbargemeinden Oberhaching und Taufkirchen wenden sich gegen die Ansiedlung des Baumarktes.Alle im RO-Verfahren beteiligten Kommunen wurden zur heutigen PA-Sitzung eingeladen.
  • Im Hinblick auf das in Aufstellung befindliche Ziel 4.3.3 (s.o.) sollen zentrenrelevante Sortimente möglichst aus dem Angebot ausgeschlossen werden. Denn der Standort befindet sich nicht in einer städtebaulich integrierten Lage, wie sie in G 4.1.1 der Fortschreibung (s.o.) definiert ist. Unter dieser Voraussetzung wird die verbrauchernahe Versorgung in den Einkaufszentren von Taufkirchen und Unterhaching nicht beeinträchtigt. (Jetzt schon ist darauf hinzuweisen, daß der o.a. Ausschluß selbstverständlich auch für weitere, in das Gewerbegebiet hinzuziehende Verkaufsmärkte gilt.)

c) Die Realisierung des Projekts ist hinsichtlich des Individual- und des öffentlichen Verkehrs mit den Zielen der Regionalplanung zu vereinbaren. Der Standort liegt im fußläufigen Bereich eines S-Bahnhaltepunkts.

Die mit dem Projekt verbundene Teilablenkung des Individualverkehrs aus der bislang verlärmten Waldstraße heraus und der geplante begrünte Lärmschutzwall können zu einer Verbesserung für die Bevölkerung in der Waldsiedlung, die bereits vom Verkehrslärm der Autobahn stark betroffen ist, führen. Nach dem Verkehrsgutachten von Prof. Kurzak, das sich u.a. auf den geplanten OBI-Markt bezieht, verschlechtert sich durch diesen auch großräumlich die Verkehrssituation nicht.

Nach alldem verstößt der geplante Baumarkt nicht gegen regionalplanerische Belange, wenn zentrenrelevante Sortimente möglichst ausgeschlossen werden und die im Kundeneinzugsbereich des Baumarkts liegenden Kommunen mit einer Einwohnerzahl von insgesamt 150.000 keine regionalplanerisch begründeten Einwände gegen das Projekt geltend machen.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Planungsausschuß der Region München stimmt dem geplanten Bau-, Garten- und Heimwerkermarkt in Unterhaching unter der Bedingung zu, daß zentrenrelevante Sortimente möglichst ausgeschlossen werden und die im Kundeneinzugsbereich liegenden Kommunen keine regionalplanerisch begründeten Einwände geltend machen.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


Zur Tagesordnung

Ergebnisse