Sitzung 11. April 2000

Drucksache Nr. 6a/2000 (ersetzt die Drucksache Nr. 06/00)

165. Sitzung des Planungsausschusses, 11.04.2000

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 3 
Mitwirkung des Regionalen Planungsverbands bei der Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen mit den Erfordernissen der Raumordnung

a) Gewinnung von Trinkwasser im Bereich "Fohlenau" in den Landkreisen Aichach-Friedberg, Augsburg und Landsberg a. Lech durch die Stadtwerke Augsburg

Anlagen (nicht in der Online-Fassung):

1 Plan

  

I. VORTRAG

 

1. Zuletzt wurde ein Raumordnungsverfahren für die Gewinnung von Trinkwasser im Bereich Fohlenau in der 151. Sitzung am 09.12.1997 behandelt. Das damalige Projekt lehnte der Planungsausschuß ab (DS Nr. 55/97).

2. Die Antragsteller (Stadt Augsburg - Stadtwerke und Stadt Königsbrunn - Wasserwerke) legen nun für das Raumordnungsverfahren die Beschreibung eines neuen Projekts zur Gewinnung von Trinkwasser im Bereich Fohlenau u.a. im Landkreis Landsberg a. Lech vor. Demnach soll im Bereich der weiteren Schutzzone B eines bereits jetzt rechtskräftig ausgewiesenen Wasserschutzgebietes (räumlicher Umgriff sh. Anlage zur Stellungnahme des Regionsbeauftragten) zusätzliches Trinkwasser gewonnen werden. Aus zwei neuen Trinkwassergewinnungsgebieten sollen aus insgesamt 11 neuen Brunnen ca. 11,3 Mill. m³/Jahr Wasser entnommen werden. Zur Minderung der durch die Entnahme bedingten Grundwasserabsenkung werden jeweils im Stauwurzelbereich der Staustufen 22 und 23 zwei Felder mit Infiltrationsorganen (Bauwerke zur zusätzlichen Versickerung von Wasser) zur Versickerung von Lechwasser angelegt. Dadurch soll die entnahmebedingte Grundwasserabsenkung um die zukünftigen Brunnen Fohlenau I bis zu 0,3 m und Fohlenau II bis zu 0,8 m betragen.

Das Vorhaben weist eine Gesamtlänge von etwa 9 km auf, beginnt südlich von Augsburg bei der Staustufe 23 und endet an der Staustufe 20 auf dem Gemeindegebiet von Scheuring.

Verglichen mit der alten Planung (1997) weist die neue Planung statt 3 nun 2 Trinkwassergewinnungsgebiete mit 11 statt 19 Brunnen auf. Infiltrationsorgane waren in der alten Planung nicht vorgesehen. Die zu erwartende Grundwasserabsenkung wird jetzt von 1,25 bis 1,75 m auf bis zu 0,3 und 0,8 m maximal reduziert.

Nach der neuen Planung gibt es keine Nutzungskonflikte mit dem Abbau von Kies und Sand. Auch entfällt die Überlagerung von bestehenden und geplanten Siedlungsbereichen. Die geplante B 17 neu wird im hydrogeologischen Gutachten nicht erwähnt, jedoch im Erläuterungsbericht ausgeführt, daß sie von der weiteren Schutzzone W III B nicht berührt und damit der weitere Ausbau nicht gefährdet ist.

  • Die NATO-Pipeline müßte wegen des bestehenden Gefährdungspotentials auch von den Stadtwerken Augsburg sicherheitstechnisch überwacht werden, um bei evtl. auftretenden Undichtigkeiten reagieren zu können.
  • Die weiteren Schutzzonen W III A und B überlagern militärische Nutzungen. In dem den Projektunterlagen beigefügten Entwurf der Schutzgebietsverordnung sind in diesen Zonen militärische Übungen verboten.
  • Die Kläranlage der Lechfeldgemeinden sowie die Zu- und Ableitungen zur Kläranlage werden von der Schutzzone W III A überdeckt. Die von der bestehenden Kläranlage bzw. ihrer geplanten Erweiterung ausgehende Gefährdung könnte nach Auffassung des hydrogeologischen Gutachtens durch eine Umschließung der Anlage samt ihrer Erweiterung mittels einer Dichtwand weitestgehend ausgeschlossen werden. Sowohl bestehende als auch neue Abwasserleitungen sollten in einem dichten Schutzrohr (als Doppelrohr) gelegt werden.
  • Intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen der Gemeinde Prittriching liegen in der engeren und in der weiteren Schutzzone. Zwar ist durch die Grundwasserabsenkung keine Beeinträchtigung zu erwarten, da der Wasserbedarf für die Landwirtschaft nach dem Gutachten durch Niederschläge gedeckt wird. Jedoch wirken sich Festlegungen einer notwendigen Schutzgebietsverordnung auf die konkreten Nutzungsmöglichkeiten der landwirtschaftlichen Flächen aus (z.B. Verbot von Düngung etc.)
  • Im Bereich des landschaftlichen Vorbehaltsgebiets Lechtal nördlich Landsberg a. Lech bis Prittriching einschl. Westerholz und um das Bannwaldgebiet Westerholz nördlich von Kaufering mit den angrenzenden flußbegleitenden Auwäldern des Lech ergibt sich auf der von der Grundwasserveränderung betroffenen Fläche ein geringes Risiko für den weiteren Bestand der Grauerle und auf kleinen Flächen ein Risiko für Graslandarten. Insgesamt kommt die Risikoprognose des ökologischen Fachgutachtens, das die Schutzgüter gemäß UVP-Gesetz behandelt, zu dem Ergebnis, daß bezüglich der geplanten Grundwasserabsenkung für 11 % (309 ha) des betroffenen Gebiets bzw. für ca. 30 % der naturschutzfachlich interessanten Flächen ein Risiko für die Vegetation besteht. Der flächenmäßig größte Einfluß ist in den Auwäldern zu erwarten, da dort die bereits in Gang befindliche Entwicklung zum Hartholzartenwald bzw. zu frischen bis feuchten Laubmischwäldern beschleunigt wird. Auch ein Rückgang der Artenvielfalt ist auf ca. 2/3 der Auwaldflächen bzw. 1/3 der untersuchten Stillgewässer zu erwarten.
  • Das wesentliche Risiko der Grundwasseraufhöhung (= die oben beschriebene Infiltration) besteht im zusätzlichen Nährstoffeintrag, vor allem von Phosphaten, in das Grundwasser.

Die Gesamtbewertung des dem Antrag beigegebenen ökologischen Fachgutachtens erwartet auf relativ kleinen Teilflächen deutliche und nachhaltige Auswirkungen des Projekts und kommt zu dem Schluß, daß "nach den Bewertungskriterien der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPVwV)" diese Beeinträchtigungen nicht ausgleichbar seien. Deshalb schließen sich Empfehlungen zur Vermeidung bzw. Verminderung der Auswirkungen an.

3. Nach den Bestimmungen des Landesentwicklungsprogramms soll die Wasserversorgung so ausgebaut werden, daß die Deckung des gegenwärtigen und künftigen Bedarfs gesichert ist. Für die Trinkwasserversorgung soll vorrangig Grundwasser herangezogen werden (LEP B XII 3, 3.1).

Bei den vom geplanten Trinkwasserschutzgebiet überlagerten Flächen handelt es sich nach dem Regionalplan München um das landschaftliche Vorbehaltsgebiet Lechtal nördlich Landsberg a. Lech bis Prittriching einschließlich Westerholz und um das Bannwaldgebiet Westerholz nördlich von Kaufering mit den angrenzenden flußbegleitenden Auwäldern des Lech (RP 14 Karte 3 "Landschaft und Erholung"). In dem genannten landschaftlichen Vorbehaltsgebiet soll die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes gesichert oder wiederhergestellt, die Eigenart des Landschaftsbildes bewahrt und die Erholungseignung der Landschaft erhalten oder verbessert werden (RP 14 B I 2.1.2 und 2.2.02.2).

Nach dem Ziel RP 14 B III 1.1 ist in der gesamten Region die Funktionsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft für die Versorgung der Bevölkerung sowie für die Pflege und Erhaltung der Erholungs- und Kulturlandschaft zu sichern.

4. Der Landkreis Landsberg a. Lech lehnt das Vorhaben ebenso wie die Gemeinde Scheuring auch mit dem neuen Umgriff ab. Die Gemeinde Prittriching stimmt der Planung mit Auflagen zu: Der Bestand der Kanalleitung darf nicht beeinträchtigt, die Belange der Bundeswehreinrichtungen müssen berücksichtigt werden. Sie äußert Zweifel, ob die geplante Förderung von 10 Mill. m³ Wasser pro Jahr der Schutzgebietsfläche angemessen ist.

Die Gemeinde Obermeitingen lehnt das Vorhaben ab, weil es erhebliche Beeinträchtigungen für die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Lechfeld, insbesondere für den Fall weiterer Ausbaumaßnahmen und erhebliche Beeinträchtigungen des Bundeswehrstandortes Lechfeld mit sich bringe.

5. Auch die neue Planung löst demnach einen regionalplanerischen Zielkonflikt zwischen der zukunftsorientierten Wassergewinnung für den Raum Augsburg und den mit der Anlage von Brunnen einhergehenden Auswirkungen aus. Die Gewinnung von Trinkwasser für den Wirtschaftsraum Augsburg soll durch das Vorhaben räumlich entzerrt, Tertiärtiefwasserentnahme reduziert werden. Gleichzeitig bietet das Wasser die besten Qualitätsvoraussetzungen als unaufbereitetes Trinkwasser. Demgegenüber stehen aber auch nach der neuen Planung eine Grundwasserabsenkung mit ihren Auswirkungen auf Flora und Fauna insbesondere in den Auwäldern sowie Einschränkungen für den Militärstandort im Lechfeld. Auch die NATO-Pipeline stellt eine Gefahr für die Trinkwassergewinnung dar.

Auf die Landwirtschaft werden Auswirkungen zumindest auf die konkreten Nutzungsmöglichkeiten der landwirtschaftlichen Flächen durch die notwendig werdende Schutzgebietsverordnung erwartet. Vor allem für die Kläranlage der Lechfeldgemeinden sind umfangreiche technische Maßnahmen nötig; eine zukünftig erforderlich werdende Erweiterung ist nicht gesichert.

Deshalb stehen im Ergebnis der Summe von - wenn auch nach der neuen Planung weniger einschneidenden - Nachteilen für Landwirtschaft und Auwälder, für die Kläranlage der Lechfeldgemeinden sowie Verteidigungsanlagen zum jetzigen Zeitpunkt keine zwingenden Argumente für die geplante Wassergewinnung in der Fohlenau gegenüber.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Planungsausschuß des Regionalen Planungsverbands München lehnt die Gewinnung von Trinkwasser in der Fohlenau (u.a. im Landkreis Landsberg am Lech) auch im neuen Projektumgriff ab, weil sie insbesondere den regionalplanerischen Zielen RP 14 B I 2.1.2 , 2.2.02.2 und B III 1.1 widerspricht.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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