Sitzung 30. Mai 2000

Drucksache Nr. 11/2000

166. Sitzung des Planungsausschusses, 30.05.2000

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 3 
Anpassungsmaßnahmen der DB-Netz AG an den Bahnlinien München-Mittenwald und Murnau-Oberammergau

Anlagen (nicht in der Online-Fassung): 
  

I. VORTRAG

1. Die Deutsche Bahn AG (DB-Netz AG) plant, auf den Streckenabschnitten Huglfing-Mittenwald und Murnau-Oberammergau zahlreiche Kreuzungsmöglichkeiten, Gleise und Weichen zurückzubauen. Diese Rückbauabsichten sind Teil eines umfangreichen Gesamtprojekts, das mehrere elektronische Stellwerke und die Fernsteuerung der gesamten Strecke zwischen Huglfing und Mittenwald vorsieht. Auf einer Länge von rd. 77 Bahn-km wirken sich diese punktuellen und kleinräumigen Maßnahmen in ihrer Summe auf die Leistungsfähigkeit der Bahnstrecken München-Mittenwald und Murnau-Oberammergau aus. Insbesondere die Gleisrückbaumaßnahmen führen zu einer Kapazitätsminderung der genannten Strecken, so dass dort keine zusätzlichen Züge mehr fahren können. Das gilt sowohl für Intercity-Verbindungen, als auch für Sonderzüge in die Fremdenverkehrsorte, insbesondere Garmisch-Partenkirchen und Oberammergau.

Bereits heute kann der Fahrplan auf der Bahnlinie München-Mittenwald häufig nicht eingehalten werden. Die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur entspricht nicht dem vom Freistaat Bayern bestellten Leistungsumfang.

2. Aus diesen Gründen hat sich der Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, Dr. Helmut Fischer, unter dem 07.04.2000 an den Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, Dr. Edmund Stoiber, gewandt und ihn um Unterstützung gebeten, damit die Pläne der Bahn nicht verwirklicht werden. Würde dieses Gesamtprojekt der DB-Netz AG verwirklicht, könnte die Bahn auf der Strecke München-Mittenwald nicht einmal die bisher von der Bayer. Eisenbahngesellschaft bestellten Leistungen in gleicher Qualität erbringen. „Weitere Verspätungen der Bahn mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamten ÖPNV – bis hinein in den S-Bahnbereich um München – wären vorprogrammiert." Im Januar 2000 seien schon 40 % der Züge verspätet gewesen. Nicht ein Rückbau, sondern ein Ausbau des Streckennetzes sei dringender denn je. Nach dem neuen Raumordnungsgesetz des Bundes seien nicht nur öffentliche Stellen, sondern auch privatisierte Bundesunternehmen wie die DB AG verpflichtet, die Ziele der Raumordnung zu beachten. Dessen ungeachtet zeigen sich die DB-Netz AG und das Eisenbahnbundesamt bisher jedoch unbeeindruckt von den Forderungen, die Pläne den verbindlichen Zielen des LEP und des Regionalplans anzupassen und bezweifeln sogar den verbindlichen Charakter dieser Ziele für sie.

Auch in einem Schreiben an das Eisenbahnbundesamt wendet sich der Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen in seiner Eigenschaft als Verbandsvorsitzender des Planungsverbands Region Oberland gegen den Rückbau der Strecke und fordert es auf, die DB-Netz AG zu veranlassen, eine mit den Betroffenen abgestimmte neue Gesamtplanung vorzulegen, die den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspricht. Er bezieht sich auf die entsprechende Resolution des Landkreises Garmisch-Partenkirchen und aller betroffenen Landkreisgemeinden an den Bahnstrecken (vgl. Anlage auf Seite 4).

Bereits mit Schreiben vom 09.3.2000 hatte die Regierung von Oberbayern gegenüber dem Eisenbahnbundesamt festgestellt, dass Ziele des LEP und Regionalplans für die DB AG verbindlich sind, dass die punktuellen Vorhaben in ihrer Gesamtwirkung von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit sind, und dass ein Raumordnungsverfahren gleichwohl nicht einzuleiten ist; denn auch ohne Durchführung eines solchen oder einer landesplanerischen Abstimmung auf andere Weise sei zweifelsfrei festzustellen, dass das Vorhaben in seiner Gesamtheit den Erfordernissen der Raumordnung nicht entspreche. Die Regierung von Oberbayern bat die DB AG deshalb, alle Maßnahmen zu unterlassen, die zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit der Bahnstrecken München-Mittenwald und Murnau-Oberammergau führen.

3. Aufgrund der EWG-Verordnungen und des 1996 novellierten Personenbeförderungsgesetzes soll das bisherige Konzessionsrecht des Personenbeförderungsgesetzes, das aus dem Gewerberecht kommt, durch einen wettbewerbsorientierten Rechtsrahmen mit offenen Zugangsregelungen zum Verkehrsmarkt ersetzt werden.

Dabei müssen gemeinwirtschaftliche Verkehre ausgeschrieben werden, um die geringsten Kosten für die Allgemeinheit zu erzielen. Ausschreibungen können zu großen Fluktuationen innerhalb der Unternehmerschaft führen, auch zu entsprechender Konzentration auf dem Unternehmermarkt (Beispiele aus England und Frankreich belegen dies). Auch aus Sicht der Region München widersprechen die von der DB-Netz AG geplanten Maßnahmen in ihrer Summenwirkung den Zielen der Landes- und Regionalplanung.

Das geplante Gesamtvorhaben ist regional raumbedeutsam. Es verstößt insbesondere gegen die Ziele des Landesentwicklungsprogramms A II 1.1, A IV 1.3.8, B IV 1.5 und B X 3.2 sowie das Ziel des Regionalplans München B IX 3.6.

Nach diesen Zielen soll in allen Landesteilen auf eine günstige Verkehrsanbindung und Erschließung, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, hingewirkt werden. Die zentralen Orte sollen untereinander, mit den Verdichtungsräumen und den überregionalen Verkehrswegen gut verbunden sein (LEP A II 1.1 und IV 1.3.8).

Die Strecke München-Mittenwald verbindet im Abschnitt Huglfing-Mittenwald das mögliche Oberzentrum Garmisch-Partenkirchen, das Mittelzentrum Murnau und das Unterzentrum Mittenwald untereinander und mit dem Oberzentrum und dem großen Verdichtungsraum München.

Nach LEP B IV 1.5 soll auf die Belange des Fremdenverkehrs bei allen raumbedeutsamen Maßnahmen besondere Rücksicht genommen werden; das gilt insbesondere für den Ausbau der Verkehrswege. Betroffen sind hier die Fremdenverkehrsgebiete Werdenfelser Land und Pfaffenwinkel.

Nach LEP B X 3.2 soll eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Streckennetzes der Eisenbahnen und eine Beschleunigung des Verkehrs angestrebt werden.

Der Regionalplan München fordert, die Bahnstecke Tutzing-Garmisch-Partenkirchen zumindest abschnittsweise zweigleisig auszubauen. Denn diese Strecke schließt ein bedeutendes Erholungsgebiet im öffentlichen Verkehr an die Region und den großen Verdichtungsraum München an. Der zweigleisige Ausbau trägt in erheblichem Maß zur Beschleunigung und Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Schienenverkehrs auf dieser Strecke bei und dient damit dem Ziel, einen Teil des Erholungsverkehrs von der Straße auf die Schiene zu verlagern (Regionalplan München B IX 3.6 mit Begründung).

Aus diesen Gründen liegt eine Verhinderung der Rückbaupläne mit der damit einhergehenden Verschlechterung des Bahnverkehrs München Richtung Garmisch-Partenkirchen im Interesse der Region München. Die Haltung der Region Oberland sollte deshalb unterstützt werden.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Planungsausschuss des Regionalen Planungsverbands München fordert die DB-Netz AG und das Eisenbahnbundesamt auf,
     
    - alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Leistungsfähigkeit der Bahnstrecken Murnau-Oberammergau und insbesondere München-Mittenwald mindern und
     
    - eine mit den Betroffenen (dazu gehört auch der Regionale Planungsverband München) abgestimmte neue Gesamtplanung vorzulegen, die den Zielen der Landes- und Regionalplanung entspricht.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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