Sitzung 21. November 2000

Drucksache Nr. 26/2000

169. Sitzung des Planungsausschusses, 21.11.2000

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 2 
Vorstudie Magnetschnellbahn München Hauptbahnhof – Flughafen München
Referat von Herrn Rainer Ribbentrop Geschäftsführer des MVP Versuchs- und Planungsgesellschaft für Magnetbahnsysteme mbH

Anlagen (nicht in der Online-Fassung):

Auszug aus der Niederschrift über die 163. Sitzung des Planungsausschusses am 26.10.1999
Auszug aus dem Regionalplan München, Kap. Verkehr

  

I. VORTRAG

Der Geschäftsführer der Versuchs- und Planungsgesellschaft für Magnetbahnsysteme mbH (MVP), Herr Ribbentrop, wird über das Projekt einer Magnetschnellbahn vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen München informieren und über den aktuellen Stand berichten.

1. Nach Presseberichten hat Bundesverkehrsminister Klimmt gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsident Stoiber und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsident Clement verabredet, zwei Transrapid-Referenzprojekte in den beiden Bundesländern auf die Realisierungsmöglichkeit zu prüfen. Das eine ist im wesentlichen eine Städteverbindung im Ruhrgebiet, das andere Projekt eine Transrapidverbindung vom Hauptbahnhof München zum Flughafen München.

Für diese beiden Verbindungen soll jeweils eine Machbarkeitsstudie erstellt werden. Eine endgültige Entscheidung über die Projekte fällt frühestens 2002 – dem Vernehmen nach wäre es auch möglich, dass der Bund die Investitionen für beide Strecken maßgeblich finanziert.

2. Nach der Vorstudie zur Magnetschnellbahn München Hauptbahnhof – Flughafen München könnte eine solche Verbindung auf einer Westtrasse ohne Zwischenhalt die Reisezeit zwischen Hauptbahnhof und Flughafen auf ca. 10 Minuten verkürzen (jetzt ca. 40 Minuten). Auf einer Oststrecke mit Halten am Ostbahnhof und an der Messe München würde sich die Reisezeit auf etwa 18 Minuten belaufen. Die Investitionskosten betragen auf der Westtrasse 2,4 Mrd. DM und auf einer Osttrasse bis 3 Mrd. DM zuzüglich Fahrzeugkosten von 0,3 Mrd. DM für die Westtrasse und von 0,4 Mrd. DM für die Osttrasse. Nach der Vorstudie können diese Investitionskosten nicht über den Betrieb finanziert werden. Allerdings würde sich der Betrieb ohne Berücksichtigung der Investitionskosten tragen können. Für die Westtrasse ergeben sich pro Jahr ca. 64 Mio DM, für die Osttrasse ca. 80 Mio DM Betriebskosten. Das Fahrgastpotential wird in der Vorstudie für die Magnetschnellbahn auf 6,7 für die West- bzw. 7,2 Mio Personenfahrten für die Osttrasse pro Jahr prognostiziert. Gleichzeitig soll die Zahl der Besucher, die mit der S-Bahn zum Flughafen fahren, für den Zeitraum 1999 bis 2015 stagnieren. Außer möglichen Haltepunkten am Ostbahnhof und an der Messe München sind keine weiteren Halte im Umland vorgesehen. Sie würden auch die Reisezeitvorteile des Systems Magnetschnellbahn zunichte machen. Für einen Halt entlang der Osttrasse an der Messe ist in der Vorstudie ein Potential von 28.000 Fahrgästen pro Jahr, d.h. etwa 0,4 % des gesamten jährlichen Fahrgastaufkommens prognostiziert.

3. Aus regionaler Sicht darf sich die jetzt in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie nicht isoliert mit der Strecke München Hauptbahnhof – Flughafen München und den verschiedenen Routenmöglichkeiten beschäftigen. Vielmehr muss eine Reihe von weiteren Fragen geklärt werden. Dazu gehören vor allem:

  • Die Einbindung und Auswirkung einer solchen Magnetschnellstrecke bezüglich des ÖPNV-System München
  • Einbindung in und Auswirkung auf den sonstigen regionalen und überregionalen Schienenverkehr
  • Auswirkungen auf zugesagte und geplante Infrastrukturmaßnahmen in der Region München
  • Konkretisierung des Verkehrsbedarfs, u.a. des Vorteils für verschiedene Beförderungsgruppen und teilregionale Räume in der Region München.

Diese Fragen sind in der Vorstudie noch nicht behandelt worden. Um eine verkehrliche Notwendigkeit für eine Magnetschnellbahn konstatieren zu können, müsste diesen Fragen in einer Machbarkeitsstudie nachgegangen werden. Insbesondere ist eine vergleichende Untersuchung zwischen einer zusätzlichen Erschließung des Flughafens durch die Magnetschnellbahn und anderen, schneller durchsetzbaren und mit geringerem Aufwand herstellbaren Maßnahmen zur Verbesserung der Flughafenanbindung notwendig. In diesem Zusammenhang sind die vom Regionalen Planungsverband München seit langem geforderten Maßnahmen zu nennen:

(siehe die in der Anlage abgedruckten Auszüge aus dem geltenden Regionalplan München, Kap. Verkehr sowie einen entsprechenden PA-Beschluss)

  • Express-S-Bahn zum Flughafen,
  • S-Bahn-Ringschluss Erding,
  • zügige Umsetzung des sog. 520 Mio DM Paketes – Ertüchtigung der Stammstrecke und Einführung des 10-Minuten-Takts auf 3 West- und 2 Oststrecken bis zum Jahr 2004.

Dabei sollte auch der Frage nachgegangen werden, ob eine Express-S-Bahn (die sehr schnell realisiert werden könnte) bis zur möglichen Einführung einer Magnetschnellbahn sinnvoll ist. Realistisch wird der Transrapid nicht vor 2008 in Betrieb gehen können.

Hinsichtlich der Anbindung an das überregionale Schienenverkehrsnetz hat die Region München auch schon seit langem die mit dem Erdinger-Ringschluss mögliche Walpertskirchener-Spange und damit die Anbindung an die Strecke München-Mühldorf-Freilassing gefordert. Diese Strecke ist Teil der EU-Magistrale Paris-Wien und nicht nur für München, sondern aufgrund der kommenden EU-Osterweiterung für einen großen Teil Bayerns unerlässliche Infrastrukturmaßnahme.

Diese Maßnahmen und Investitionen bzw. Planungen dürfen nicht von Planung und evtl. Realisierung einer zusätzlichen Magnetschnellbahn tangiert werden.

In der Machbarkeitsstudie sollte auch detailliert der Frage nachgegangen werden, welche Reisezeitgewinne für welche Personengruppen tatsächlich durch die Magnetschnellbahnstrecke München Hauptbahnhof – München Flughafen entstehen. In diesem Zusammenhang muss geklärt werden, ob das Projekt die Verkehrsbedürfnisse zwischen der Kernstadt München und dem Flughafen München berücksichtigt. Inzwischen sind dort zahlreiche gewerbliche und Wohnansiedlungen teils mit hohem Büronutzungsanteil entstanden, die auf einen funktionierenden ÖPNV angewiesen sind. Die Machbarkeitsstudie sollte darlegen, ob und inwiefern diese für die Prosperität der gesamten Region München wichtigen Standorte von einer Magnetschnellbahnverbindung München Hauptbahnhof – München Flughafen profitieren.

Es kann davon ausgegangen werden, dass bei der Machbarkeitsstudie auch geklärt wird, wer evtl. Betriebskostendefizite trägt – und welche Auswirkungen im Fall des Falles auf die finanzielle Ausstattung des sonstigen ÖPNV-Angebots im MVV bestehen (dies gilt vor allem für den Fall, dass der Freistaat Bayern, der ja auch Aufgabenträger für die S-Bahn ist, solche Defizite tragen müsste).

4. Eine Magnetschnellbahn zwischen München Hauptbahnhof und Flughafen München wäre aufgrund der interessanten und für Hochgeschwindigkeitsstrecken zukunftsweisende Technik sicher eine Bereicherung für den High-Tech-Standort Region München. Für die Machbarkeitsstudie und anschließende Entscheidungen ist es jedoch unabdingbar, dass eine solche Referenzstrecke nicht isoliert untersucht wird, sondern in Hinblick auf die oben aufgeworfenen Fragen nach dem Verkehrsbedürfnis und dem Zusammenpassen mit anderen wichtigen Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen in der Region bewertet wird.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Planungsausschuss fordert: 
     
    - Eine Machbarkeitsstudie (und anschließende Entscheidung) über die Planungen und den Bau einer Magnetschnellbahn München Hauptbahnhof –Flughafen München darf nicht isoliert für die in Frage stehenden Trassen vorgenommen werden. Sie muss sich vielmehr auch mit einer sinnvollen Integration dieses zusätzlichen Verkehrsmittels in das bestehende ÖPNV-System und in das bestehende und geplante System der Flughafenanbindung durch die Fernverkehrsstrecken der Bahn beschäftigen.
     
    - Planung (und Realisierung) einer Magnetschnellbahn darf die unter I. 3. dieser Vorlage genannten Infrastrukturmaßnahmen in der Region München nicht verzögern oder ersetzen.
     
    - Hinsichtlich des Verkehrserfordernisses für die Magnetschnellbahnstrecke müssen die Auswirkungen auf die Reisezeiten einzelner Personengruppen sowie die Vorteile für regional wichtige Standorte zwischen Flughafen München und Kernstadt München aufgezeigt werden.

  3. Der Regionale Planungsverband München ist bei weiteren Verfahrensschritten zur Planung oder Realisierung der Magnetschnellbahn München Hauptbahnhof – Flughafen München zu beteiligen.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


Zur Tagesordnung

Ergebnisse