Sitzung 15. Februar 2005

Drucksache Nr. 3/05

188. Sitzung des Planungsausschusses, 15.02.2005

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 3a 
Neubau der A 99 – Autobahnparallele von Aschheim bis Putzbrunn mit Messeanbindung

Anlagen:

3 Übersichtspläne (nicht in der Online-Fassung)
Stellungnahme des Regionsbeauftragten

  

I. VORTRAG

Die Regierung von Oberbayern beteiligt den Regionalen Planungsverband München an einem RO-Verfahren für den Neubau der A 99-Autobahnparallele von Aschheim bis Putzbrunn mit einer Messeanbindung.

1. Das Projekt sieht den Bau einer zweistreifigen Autobahnparallele von der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning bis zur Nordumfahrung Putzbrunn mit gleichzeitiger Messeanbindung (etwa parallel zur A 94) vor. Mit dieser Maßnahme sollen die tangentialen Verkehrsverbindungen im Münchner Osten gestärkt und insbesondere die Gemeinden Aschheim, Feldkirchen, Haar und Putzbrunn vom Durchgangsverkehr der B 471 entlastet werden. Wie auch die M 18 dient diese Straße dem Ziel- und Quellverkehr und ist Umleitungsstrecke für die A 99 bzw. A 94. Weiteres Ziel der Autobahnparallele ist es, den Autobahnknoten München Ost zu entlasten und die Messeanbindung zu verbessern.

Die Bundesrepublik Deutschland plant den 8-streifigen Ausbau der A 99 und scheidet als Baulastträger aus. Einen anderen konkreten Baulastträger für das Vorhaben gibt es derzeit nicht.

2. Aus regionalplanerischer Sicht sind vor allem zu den Bereichen Verkehr sowie Freiraum und Grünzüge folgende Anmerkungen veranlasst:

a) Im Aktionsprogramm II der LH München und des Freistaats Bayern zur verkehrlichen Erschließung der Messestadt Riem ist eine Südostanbindung der Messestadt Riem als langfristige Maßnahme enthalten. Ebenso ist die Südostanbindung der Messestadt Riem als mögliche, offenzuhaltende Maßnahme im Verkehrsentwicklungsplan der LH München aufgeführt.

Die 16. Änderung des Regionalplans München, das regionale Verkehrskonzept, das zur Verbindlicherklärung ansteht, spricht sich in B V Z 3.2.6 dafür aus, die Planungen für eine Parallelstraße zur A 99 im Osten Münchens fortzuführen und zu realisieren.

Grundsätzlich entspricht demnach die Planung der Autobahnparallele den regionalen Vorgaben. Priorität hat allerdings im Planungsraum der 8-streifige Ausbau der A 99 zwischen München Nord und dem Kreuz München Süd, weil auf diesem Autobahnabschnitt auch ein erheblicher Teil des Regionalverkehrs stattfindet.

Eine mögliche Verkehrsentlastung für die jetzt zum Teil hochbelasteten Ortsdurchfahrten der B 471 (ca. 19.000 Kfz/Tag Grasbrunner Straße in Haar) bringt der Bau der A 99 Autobahnparallele alleine nicht. Selbst wenn der Ausbau der A 99 mit 8 Streifen unterstellt wird, ergeben sich an den am höchsten belasteten Streckenabschnitten der B 471 sehr bescheidene Entlastungen von jetzt 19 bzw. 21.000 Kfz auf dann jeweils 18.000 Kfz/Tag. Weniger stark belastete Abschnitte würden z.T. gar nicht oder um weniger als 10 % entlastet. Auf mehreren der von Prof. Kurzak untersuchten Straßenabschnitten wäre die Verkehrsbelastung nach Realisierung der A 99 Autobahnparallele mit Messeanbindung genau so hoch oder noch höher als heute. Dies liegt daran, wie in den RO-Unterlagen auch zum Ausdruck gebracht, dass zwischen der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning und der Nordumfahrung Putzbrunn die B 471 in erster Linie dem Ziel- und Quellverkehr sowie dem zwischenörtlichen Verkehr der Gemeinden Ismaning, Aschheim, Kirchheim, Feldkirchen, Vaterstetten, Haar, Grasbrunn und Putzbrunn dient.

Wirkliche Verkehrsentlastungen können daher nur durch zusätzliche Sperrungen auf der B 471 bewirkt werden. Bis 2020 werden Verkehrsbelastungen auf der A 99 Autobahnparallele bis zu 25.000 Fahrzeuge/Tag, wenn auf der B 471 keine Sperrungen erfolgen, und bis zu 31.000 Kfz/Tag, wenn die B 471 teilweise gesperrt wird, prognostiziert.

b) Der Neubau der 18,4 km langen Plantrasse würde erhebliche Eingriffe in die Umwelt zur Folge haben. Die Trasse durchschneidet auf einer Länge von 1,9 km Biotope, erfordert die Rodung von ca. 8,7 ha Bann- und Erholungswald und ca. 1,2 ha Biotopwald. FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete sind nicht betroffen.

Aus regionalplanerischer Sicht ist vor allem die Beeinträchtigung von Funktionen der regionalen Grünzüge anzusprechen. Sie sollen gemäß B IV Z 4.2.2 des Regionalplans München

  • zur Verbesserung des Bioklimas und zur Sicherung eines ausreichenden Luftaustausches
  • zur Gliederung der Siedlungsräume •
  • zur Erholungsvorsorge in Siedlungsgebieten und siedlungsnahen Bereichen

dienen. Sie sollen durch größere Infrastrukturmaßnahmen nicht unterbrochen werden. Planungen und Maßnahmen in regionalen Grünzügen sind jedoch im Einzelfall möglich, soweit die jeweilige Grünzugsfunktion gewährleistet bleibt.

Folgende Konflikte mit den Grünzugsfunktionen drohen (vgl. ausführliche Stellungnahme des Regionsbeauftragen, S. 3 bis 5 ):

  • Vom Beginn der Raumordnung (Anschlussstelle Aschheim/Ismaning) bis ca. Baukilometer 2,1 führt die Trasse durch den regionalen Grünzug „Grüngürtel Flughafen München/Erdinger Moos/Aschheimer Speichersee/Grüngürtel München-Nordost (11)". Im betroffenen Abschnitt Unterföhring-Aschheimer Speichersee dient der Grünzug außer als großräumiger Landschafts- und klimaökologischer Ausgleichsraum auch der Erholungsvorsorge. Nachteilige Auswirkungen für die Grünzugsfunktionen sind insbesondere für den Trassenabschnitt zwischen der B 471 und Erreichen der Parallellage zur A 99 bei Baukilometer 1 zu befürchten.
     
  • Im Bereich des Autobahnkreuzes München-Ost tangiert die Trasse den regionalen Grünzug „Luftaustauschbahn südlich der Siedlungsscherpunkte Kirchheim b. München und Poing (15)". Vor allem klimaökologische Funktionen erfüllt dieser Grünzug, auch im Zusammenhang mit dem südlich anschließenden Grünzug „Ebersberger Forst/Messestadt Riem (10)".
     
  • Südlich daran anschließend durchschneidet die Autobahnparallele und die aus Westen kommende Messeanbindung den regionalen Grünzug „Ebersberger Forst/Messestadt Riem (10)". Dieser Grünzug stellt eine bedeutende Frischlufttransport- und Luftaustauschbahn dar. Insbesondere bei austauscharmen Hochdruckwetterlagen kann Frischluft aus dem Kaltluftentstehungsgebiet Ebersberger Forst westlich in das Oberzentrum München hineintransportiert werden. Vor allem im Zuge der geplanten Messeanbindung besteht die Gefahr, dass entgegen den Grünzugsfunktionen der Freiraum zwischen den S-Bahnachsen S2 und S4 östlich der Messe sukzessive zugesiedelt wird und der Grünzug seine siedlungsgliedernde Funktion nicht durchsetzen kann.

Aufgrund der genannten Konflikte mit Grünzugsfunktionen ist aus regionalplanerischer Sicht für den Bereich zwischen A 94 und B 304 im weiteren Verfahren darzulegen und gutachtlich nachzuweisen, dass die dortigen Grünzugsfunktionen bei Realisierung der A 99 Autobahnparallele mit Messeanbindung auch langfristig gewährleistet bleiben. Hinsichtlich der Messeanbindung ist aus regionalplanerischer Sicht einer Straßenführung außerhalb des Riemer Waldes eindeutig der Vorzug zu geben. Ebenso muss die Anschlussstelle Haar so eingriffsmindernd wie möglich gestaltet werden.

  • Die Beeinträchtigung der Erholungsfunktion im weiteren Verlauf der A 99 Parallele durch den regionalen Grünzug Höhenkirchener Forst/Truderinger Wald (9) wird sich durch die enge Parallelführung mit der A 99 in Grenzen halten.

c) Regionalplanerisch weiter geprüfte Belange, Trenngrün und landschaftliche Vorbehaltsgebiete, Charakter der Rodungsinsel Grasbrunn/Putzbrunn sowie Bannwald, stehen im Ergebnis der Planung nicht entgegen bzw. können ausgeglichen werden (vgl. Stellungnahme des Regionsbeauftragten, S. 5 und 6).

3. Bis zur Drucklegung der Vorlage sind folgende Äußerungen von Gemeinden bekannt geworden:

Die Gemeinde Grasbrunn lehnt die Planung der Autobahnparallele als Messeentlastungsstraße auf Grasbrunner Gemarkungsgebiet ab und wendet sich auch gegen eine mögliche Teilrealisierung der Autobahnparallele mit einem Ende an der Anschlussstelle Haar. Ebenso lehnt sie eine gemeindliche Baulastträgerschaft für die Autobahnparallele ab und weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs die richtige Qualifizierung der Straßenklasse anhand der Verkehrsbedeutung vorgenommen werden müsse. Sie fordert, die von der Bürgerwerkstätte Grasbrunn erarbeitete Variante einer Trassenführung von der Anschlussstelle Haar nach Südwesten Richtung Keferloh mit Anschluss an die bestehende Trasse der B 471 bis zur Nordumfahrung Putzbrunn in diesem RO-Verfahren zu prüfen.

Die Gemeinde Haar lehnt diese im RO-Verfahren nicht enthaltene Trasse ab und stimmt einer nachträglichen Aufnahme dieser Variante in das laufende RO-Verfahren nicht zu. Die Fortführung der Autobahnparallele könne nur unmittelbar an der A 99 bis zur Anschlussstelle Hohenbrunn erfolgen. Die Anbindung der neuen Messe Riem und der Messestadt könne ausschließlich über die nördliche Trasse mit Anbindung an den Ottendichler Knoten erfolgen. Die Sperrung der B 471 für den Individualverkehr zumindest im Bereich nördlich Ottendichels sei zwingende Voraussetzung.

Die Gemeinde Kirchheim beteiligt sich weiterhin an den stattfindenden Planungen, um aus diesem gesamtgemeindlichen Projekt eine Entscheidung treffen zu können.

Die Gemeinde Aschheim stimmt der Raumordnung für den Neubau der A 99 Autobahnparallele von Aschheim bis Putzbrunn mit Messeanbindung zu. Sie weist u.a. darauf hin, dass eine Sperrung der B 471 südlich Aschheim für die Gemeinde Aschheim auf Dauer keinen Sinn mache, die Möglichkeit einer Sperrung jedoch aufrecht erhalten bleiben solle.

Die Gemeinde Feldkirchen stimmt der Planung für den Neubau der A 99 Autobahnparallele mit Messeanbindung unter mehreren Forderungen zu. Die Messeanbindung selbst müsse als Staatsstraße, die Autobahnparallele als Kreisstraße errichtet werden und in Tieflage gebaut werden. Ein leistungsgerechter Ausbau des Ottendichler Knotens sei notwendig, die Sperrungen der bestehenden B 471 nördlich und südlich von Feldkirchen werden abgelehnt. Vordringlich müsse der 8-streifige Ausbau des Autobahnrings mit Ertüchtigung der Autobahnkreuze München Nord und München Süd weiter betrieben werden. Der dritte Fahrstreifen der A 94 solle bis zur Anschlussstelle Riem weitergebaut werden, um eine weitere Entzerrung der Verkehrsströme von und zur neuen Messe zu erreichen.

Die LH München befürwortet den Neubau der A 99 Autobahnparallele in ihrem südlichen Abschnitt zwischen Putzbrunn/Haar und Beginn der Messeanbindung. Die Variante der Messeanbindung durch den Riemer Wald wird abgelehnt. Es müsse im Weiteren aufgezeigt werden, mit welchen planerischen Mitteln die Messeanbindung ausschließlich der Anbindung der neuen Messe München und der Messestadt Riem dienen könne, ohne dass räumlich darüber hinaus entstehender zusätzlicher Verkehr ins städtische Straßennetz geleitet wird.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Bau der A 99 Autobahnparallele mit Messeanbindung entspricht grundsätzlich den verkehrlichen Vorgaben des Regionalplans München.

  3. Da die A 99 Autobahnparallele mit Messeanbindung zu erheblichen weiteren Eingriffen in Natur und Landschaft im Münchner Osten führt, sind entsprechende Eingriffe nur dann zu rechtfertigen, wenn die neue Straßeninfrastruktur in den Ortsdurchfahrten deutliche Verkehrsentlastungen bewirkt – d.h. dass Verkehrssperrungen und Rückbau der B 471 mit dem Bau der Autobahnparallele verbunden werden müssen.

  4. Im Bereich der Autobahnparallele zwischen B 304 und A 94 ist gutachtlich darzulegen, wie diese Verkehrsinfrastrukturmaßnahme mit den Sicherungszielen der regionalen Grünzüge Nr. 10 und 11 in Einklang zu bringen ist, bzw. wie die Eingriffe in entsprechende Funktionen ausgeglichen werden können.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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