Sitzung 15. Dezember 2009

Drucksache Nr. 17/09

210. Sitzung des Planungsausschusses, 15.12.2009

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 2 
Regionale Infrastrukturprojekte

  • Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung 2. S-Bahntunnel/Südring
  • Gutachten zur Flughafenanbindung München

Anlagen:

  

I. VORTRAG

Zu zwei wesentlichen regionalen Infrastrukturprojekten auf der Schiene sind am 16.11.2009 und am 23.11.2009 die Gutachten vorgestellt worden, die die sinnvollen Varianten in beiden Bereichen aufzeigen.

1. Bereits 2001 hat ein Gutachten eindeutig festgestellt, dass der Zweite S-Bahntunnel einem Südring als zweiter Stammstrecke bei weitem überlegen ist. Nachdem darüber im Jahr 2008 alte und neue Kritik aufkam, hat sich der Stadtrat der LH München und der Freistaat Bayern (Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie) auf eine erneute vergleichende Untersuchung des Zweiten S-Bahntunnels mit dem Südring geeinigt, um das frühere Ergebnis zu überprüfen. Diese Untersuchung haben die Firmen Intraplan für die Verkehrsprognose, sma für Angebotsplanung und für die Infrastrukturplanung die Ingenieurgemeinsaft Südring, bestehend aus den Firmen Schüßler-Plan und Lahmeyer München erarbeitet.

Das Ergebnis des Vergleichs von S-Bahnstammstreckentunnel und Südring ergibt sich aus den beiliegenden Seiten 46 und 47 der Präsentation. Danach ist eine Südringlösung technisch und betrieblich machbar, allerdings durch relativ komplizierte Bauarbeiten unter rollendem Verkehr und in einer eingeengten städtebaulichen Situation schwierig. Insgesamt erreicht der Südring weder mit einem angenommenen Takt 10/20 Minuten noch mit einem Express S-Bahnsystem und einem Takt 15/30 Minuten, der generell mehr Fahrgäste in die S-Bahn bringt, ein positives Nutzen-Kostenverhältnis und darf deshalb von der öffentlichen Hand nicht gefördert werden. Demgegenüber weist der Zweite S-Bahntunnel mit einem Express S-Bahnsystem und einem 15/30 Minuten-Takt ein positives Nutzen-Kostenverhältnis auf. Für Einzelheiten der Beurteilung aus betrieblicher, verkehrlicher, planerischer, wirtschaftlicher Sicht und aus Sicht der Regionalentwicklung wird auf die in Anlage beiliegende gemeinsame Presseinformation der MVV GmbH und des Regionalen Planungsverbands München vom 17.11.2009 verwiesen.

Das Ergebnis der Untersuchung bestätigt die Haltung des Regionalen Planungsverbands München. Er hat sich bereits mehrfach für den Bau des Zweiten S-Bahntunnels ausgesprochen. Die Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbands hat diese Resolution am 05.12.2006 einstimmig gefasst. Der Text liegt in Anlage bei. Der geltende Regionalplan fordert ebenfalls den Bau des Zweiten S-Bahntunnels (B V Z 2.3.2).

2. Es kommt jetzt darauf an, die Ergebnisse des Gutachtens ernst zu nehmen und unverzüglich die Planungsverfahren abzuschließen und mit dem Bau des Zweiten S-Bahntunnels zu beginnen. Eine Verzögerung des Projekts könnte das „Aus" für jede Lösung und Erweiterung der Stammstrecke bedeuten. Dies wäre ein Rückschritt in der regionalen Entwicklung, vor allem für die Bürger. Die wirtschaftliche Entwicklung würde man mit einer zögerlichen Haltung bremsen. Mehr Verkehr auf der Straße wäre die Konsequenz.

3. Am 23.11.2009 hat der Wirtschaftsminister, Herr Zeil, die wesentlichen Ergebnisse des Gutachtens zur Flughafenanbindung vorgestellt. Dieses Gutachten war vom Freistaat Bayern in Auftrag gegeben worden, um nach dem Scheitern des Transrapids eine einheitliche Berwertungsgrundlage aller unterschiedlichen Varianten und ein daraus hervorgehendes Gesamtkonzept zu erarbeiten.

Dem Lenkungskreis zu diesem Gutachten gehörte neben der Flughafen München GmbH und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft die Deutsche Bahn AG, die LH München und Vertreter aus der Region München an. Die Projektsteuerung lag bei Schüßler-Plan. Verkehrsprognose erstellte die Firma Intraplan, die Angebotsplanung lag bei sma und die Infrastrukturplanung bei den Firmen SSF-Ingenieure, Ingenieurbüro Vössing und BRE.

Nachdem in den vorausgehenden Arbeitsschritten schon etliche Varianten ausgeschieden wurden, hat sich die letzte Stufe des Gutachtens neben dem Bezugsfall (also den zu erwartenden verkehrlichen Verhältnissen ohne die geplanten Maßnahmen) mit dem Westkorridor, einem Zentralkorridor über Hauptbahnhof und Marienhof, einem Ostkorridor und einem Zentralkorridor über Hauptbahnhof und Pinakotheken befasst. Vorab wurden ergänzende Infrastruktur- und Angebotsvarianten zur überregionalen Anbindung des Flughafens erarbeitet.

a) Großräumige Anbindung des Flughafens von Norden bzw. Nordosten. Hier hat sich aufgrund des geringen Investitionsbedarfs und des damit guten Nutzen/Kostenverhältnisses von 1,5 ein Ausbau der Neufahrner Kurve als die beste Variante erwiesen. Insbesondere die kurzfristige Umsetzbarkeit spricht zusätzlich dafür. Die Marzlinger Spange mit zwei Untervarianten und eine zusätzliche Variante, die südlich von Freising in relativ engen Kurven wie die Marzlinger Spange von Osten her in den Flughafen einfädelt, schneidet im Vergleich zur Neufahrner Kurve schlecht ab.

Die überregionale Anbindung von Augsburg/Ulm und von Salzburg erfordert in allen Planfällen den Ausbau der Strecke München-Mühldorf-Freilassing (ABS 38). Die überregionale Anbindung von Westen erfordert den Bau der Pasinger Kurve.

Die Bedienung der Achse Ulm-Augsburg-Flughafen-Mühldorf-Salzburg soll durch einen eigenständigen überregionalen Flughafenexpress (ÜFEX), der auf Basis eines S-Bahnbetriebs arbeitet, sichergestellt werden.

4. Die unterschiedlichen Varianten (Karten s. Anlage)

Der Gesamtplanfall 1 – Westkorridor erfordert neben dem Ausbau der Pasinger Kurve und der Neufahrner Kurve einen zweiten Flughafenbahnhof, ein Wendegleis am Leuchtenbergring und den viergleisigen Ausbau Neulustheim-Neufahrn entlang der A 92. Die Gesamtkosten unter Einschluss des Ausbaus München-Mühldorf-Freilassing betragen 2,015 Mrd. ¥.

Im Gesamtplanungsfall 4 – Zentralkorridor wird neben der Neufahrner Kurve und dem zweiten Flughafenbahnhof ein Überwerfungsbauwerk in Daglfing, eine Überleitung der zweiten S-Bahnstammstrecke, und der Zentralkorridor erforderlich. Die Kosten summieren sich auf knapp 2,5 Mrd. ¥.

Im Gesamtplanfall 5, dem Ostkorridor, sind der viergleisige Ausbau Daglfing-Johanneskirchen, Flughafenbahnhof und Neufahrner Kurve sowie eine Überleitung der zweiten S-Bahnstammstrecke und die Pasinger Kurve erforderlich. Unter Einschluss des Ausbaus München-Mühldorf-Freilassing kommen diese Maßnahmen auf knapp 1,5 Mrd. ¥.

Die Infrastrukturmaßnahmen für den Zentralkorridor via Hauptbahnhof-Pinakotheken (Nordtunnel) erfordert Infrastrukturmaßnahmen für den Nordtunnel über München-Hauptbahnhof-Pinakothek, Münchner Freiheit, Garching, Eching, A 92-Trasse zum Flughafen mit zweitem Flughafenbahnhof, Ausbau der Neufahrner Kurve und des Bahnhofs Pasing sowie der Maßnahme München-Mühldorf-Freilassing. Der Bau kommt auf eine Summe von 3,945 Mrd. ¥.

5. Aus Sicht der Gutachter bringt der Gesamtplanfall 5 die größten Vorteile. Er weist das beste Nutzen/Kostenverhältnis von 1,7 auf, den geringsten absoluten Investitionsbedarf von 1,440 Mrd. ¥ und hat den Vorteil, dass die erste Baustufe mit 200 Mio ¥ rasch und günstig realisiert werden kann – bei messbarem Erfolg. Darüber hinaus wird bei dieser Variante die Erreichbarkeit des Flughafens im Verhältnis zur Investitionssumme am stärksten verbessert. Im Gegensatz zum Zentralkorridor ist diese Variante auch fernbahntauglich. Aus dem ebenfalls beiliegenden Reisezeitvergleichen wird ersichtlich, dass vor allem im überregionalen Verkehr eine teils erhebliche Verkürzung der Reisezeit zum Flughafen erreicht werden kann.

6. Die Ergebnisse beider Gutachten greifen aus regionaler Sicht ideal ineinander. Gerade der Einsatz eines ÜFEX, also einer überregionalen, aber nach S-Bahnbetriebssystem laufenden Durchbindung von Expresszügen von außerhalb der Region direkt durch den zweiten S-Bahntunnel zum Flughafen trägt zur Flughafenanbindung und zur Attraktivität des zweiten Stammstreckentunnels bei und umgekehrt. Nicht nur der zweite S-Bahntunnel (s. o.), sondern auch der Ausbau der Flughafenanbindung, wie sie das Gutachten überzeugend mit dem Gesamtplanfall 5 – Ostkorridor vorsieht, sollte so rasch wie möglich realisiert werden.

Bei der Flughafenanbindung sind allerdings auch noch weitere Probleme zu lösen. Sowohl im Osten der LH München als auch im Norden/Nordwesten bzw. im nordwestlichen Umland von München an der Trasse der S 1 (in Bezug auf die geplante Fernbahnanbindung des Flughafens über die Pasinger Kurve) sowie an der Trasse der S 8 müssen Lösungen zur Beseitigung nicht hinnehmbarer Einschränkungen im Verkehr und Belastung von Anwohnern durch höhengleiche Bahnübergänge gefunden werden.

7. Wie der Presse zu entnehmen war, soll nun eine abgespeckte Nordtunnel-Variante geprüft werden, die nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen mit einem 6-gleisigen unterirdischen Halt am Hauptbahnhof und dann mit 7 km im Tunnel mit Haltestellen an den Pinakotheken, Münchner Freiheit und der Parkstadt Schwabing über Garching zum Flughafen läuft, sondern als Nordtunnel light, bei dem Express S-Bahnen, Regional- und Fernzüge nach einem Halt in der Parkstadt Schwabing über den bestehenden Güternordring zur Trasse der S 8 weiterfahren sollen.

Aus regionaler Sicht macht ein solcher Tunnel wenig Sinn. Angesichts der Bemühungen, die unterschiedlichen Verkehre auf der Schiene zu entflechten und mit hohem Millionenaufwand eigene S-Bahntrassen einerseits, eigene Schnellzugtrassen andererseits zu schaffen und dem Güterverkehr möglichst wenig Einwirkungen auf den Personenverkehr zu ermöglichen, bedeuten diese Pläne eines Nordtunnels light einen empfindlichen Rückschritt. Sie würden unterschiedliche Verkehre, die neben unterschiedlichen Anforderungen an Bahnsteiglänge, Bahnsteighöhe und Tunnelquerschnitt auch unterschiedliche Anforderungen an die Leit- und Sicherungstechnik (LZB bei S-Bahn; Signalsteuerung bei Regionalzügen) benötigen, wieder zusammenführen. Damit destabilisiert man den Betrieb. Hinzu kommt, dass ein solcher Nordtunnel die einzig sinnvolle Maßnahme zum Ausbau des S-Bahnsystems, nämlich die zweite S-Bahnstammstrecke, konterkariert. Ein Nordtunnel light wäre für den regionalen Schienenverkehr ein gravierender Rückschritt.

 

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer  


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