Sitzung 02. März 2010

Drucksache Nr. 1/10

211. Sitzung des Planungsausschusses, 02.03.2010

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 1 
Zukunft der Landes- und Regionalplanung

Anlagen:

(1) Schreiben der RPV-Vorsitzenden an den Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, Horst Seehofer, vom 09.02.2010
(2) Schreiben des Verbandsvorsitzenden, OB Christian Ude, an den Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Martin Zeil, vom 09.02.2010
(3) Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Planungsverbände in Bayern zur Reform der Landes- und Regionalplanung vom 11.02.2010
(4) Pressemitteilung des Verbandsvorsitzenden, OB Christian Ude, vom 15.02.2010

  

I. VORTRAG

Der Ministerrat des Freistaats Bayern hat am 02.12.2009 beschlossen, die Landes- und Regionalplanung erneut zu überprüfen. Die letzte umfangreiche Strukturreform der Landes- und Regionalplanung hatte das Landesplanungsgesetz 2004 und ein neues Landesentwicklungsprogramm (LEP) Bayern 2006 zur Folge.

Rechtlicher Hintergrund der neuerlichen Überlegungen des Freistaats ist die Föderalismusreform. Nach ihrem Inkrafttreten haben die Bundesländer an dem neu gefassten Bundesraumordnungsgesetz, das unmittelbar gilt, mitgearbeitet und im Bundesrat zugestimmt. Die Länder haben jedoch das Recht, in ihrer Gesetzgebung vom Bundesraumordnungsgesetz abzuweichen.

Der Freistaat hat Anfang 2010 eine Befragung zur Erforderlichkeit der Regionalplanung durchgeführt. Dem Ministerrat sollen noch im April 2010 Eckpunkte zur Landes- und Regionalplanung vorgelegt werden. Für eine Reform der Landes- und Regionalplanung müsste sowohl das Landesplanungsgesetz (durch den Landtag) als auch das LEP (als Verordnung der Staatsregierung, die der Zustimmung des Landtags bedarf) geändert werden.

1. Der Regionale Planungsverband München hat sich in dieser Diskussion mit mehreren Stellungnahmen und Vorschlägen geäußert.

a) Zunächst haben die drei Vorsitzenden des Regionalen Planungsverbands München, der Vorsitzende, OB Christian Ude, der 1. stv. Vorsitzende, LR Gottlieb Fauth, und der 2. stv. Vorsitzende, 1. Bürgermeister Rainer Schneider, am 09.02.2010 an den Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, Horst Seehofer, geschrieben. Sie stellen fest, dass eine kommunal verfasste Regionalplanung unverzichtbar ist und dass für die Herausforderungen in der Region München der effizient arbeitende Regionale Planungsverband München ohne Alternative ist. Eine völlige Verstaatlichung der Regionalplanung verstößt gegen den Grundsatz der Subsidiarität und hätte mehr Staat statt weniger Staat zur Folge (s. Anlage 1).

b) Ebenfalls am 09.02.2010 hat der Verbandsvorsitzende, OB Christian Ude, eine Stellungnahme des Regionalen Planungsverbands München zur o. a. Umfrage des Freistaats Bayern über die Regionalplanung abgegeben (s. Anlage 2).

c) Die Vorsitzenden der Regionalen Planungsverbände in Bayern haben dann auf ihrem Treffen am 11.02.2010 unter Leitung des Landrats des Landkreises Traunstein und Sprechers der Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Planungsverbände in Bayern, Landrat Hermann Steinmaßl, eine Empfehlung zur Reform der Regionalplanung in Bayern abgegeben und sich auf einen gemeinsamen Antworttext zu diesem Fragebogen verständigt. Grundlage für diesen gemeinsamen Text waren neben dem Entwurf des Regionalen Planungsverbands München Stellungnahmen von den anderen Regionalen Planungsverbänden (s. Anlage 3).

Dem Vernehmen nach hat sich der Bayerische Gemeindetag und der Bayerische Städtetag in ihrer Präsidiums- bzw. Vorstandssitzung für eine kommunal verfasste Regionalplanung ausgesprochen. Auch eine sehr große Zahl von Landräten hat sich positiv zur kommunal verfassten Regionalplanung geäußert. Die bayerischen IHK's und Handwerkskammern haben in einer abgestimmten Stellungnahme ebenfalls den Erhalt der Regionalplanung und der Regionalen Planungsverbände gefordert. Eine ganze Reihe anderer Wirtschaftsverbände und Unternehmen sowie Experten halten die Regionalplanung in Händen der Regionalen Planungsverbände für unverzichtbar.

2. Wesentliche Gründe für die kommunal verfasste Regionalplanung und Regionalentwicklung in Bayern

Der gesellschaftliche Wandel und die künftigen Herausforderungen in den bayerischen Regionen erfordern Entscheidungen einer kommunal verfassten Regionalplanung.

a) Unverzichtbar für die zukünftige Lebensqualität und Wirtschaftskraft in den bayerischen Regionen sind die folgenden Arbeitsbereiche:

  • eine Verständigung auf Siedlungs- und Freiraumstrukturen, die dem Klimawandel trotzen können; 
  • die Anpassung von Infrastrukturen an den künftigen Bedarf der Bevölkerung und der Wirtschaft; 
  • die langfristige Sicherung von Trinkwasser; 
  • ein flexibler Umgang mit den Vorschriften zu Einzelhandelsgroßprojekten;
  • die langfristige Sicherung von Bodenschatzabbau;
  • der forcierte Ausbau regenerativer Energien.

In Bayern differenzieren sich die Regionen in ihrer Entwicklung zunehmend aus. Beispiel ist der demographische Wandel.

Die Regionalen Planungsverbände benötigen deshalb Abweichungsmöglichkeiten vom landesweiten Entwicklungsprogramm, um ihre spezifischen Herausforderungen meistern zu können. Das betrifft vor allem den großflächigen Einzelhandel. In der Region München gehört dazu auch eine enge Abstimmung der Siedlungsentwicklung mit der Infrastruktur im öffentlichen Personennahverkehr und der Ausbau der dafür nötigen Infrastruktur.

b) Die Regionalen Planungsverbände respektieren die kommunale Planungshoheit und befassen sich mit Themen, die überörtliche Auswirkungen haben und Auswirkungen über die Landkreisgrenzen hinaus. Das ist in der Region München mit ihren starken und immer noch zunehmenden Verflechtungen zwischen Arbeitsplätzen und Wohnstandorten, aber auch im Freizeit- und Einkaufverhalten der Bürger besonders wichtig. Regionale Abstimmung ist auch im Verkehr, insbesondere ÖPNV, und für den wirksamen Schutz von Freiräumen und Luftaustauschbahnen unverzichtbar. Eine solche gemeinsame Entwicklung in der Region kann nur der Regionale Planungsverband als Zusammenschluss der Gemeinden, Städte und Landkreise in der Region München leisten.

Die überparteiliche und gleichberechtigte Zusammenarbeit im Regionalen Planungsverband München hat sich gut bewährt. Zeichen dafür ist z. B. der Wechsel des Vorsitzenden im Regionalen Planungsverband im zweijährigen Turnus durch den OB der LH München, einen Landrat und einen Bürgermeister. Auch bei Interessensunterschieden ist es gelungen, faire Diskussionen und Entscheidungen aus der Perspektive des Wohlergehens der gesamten Region München zu führen.

c) Die Regionalen Planungsverbände arbeiten unbürokratisch und schnell. Sie befassen sich mit den Zukunftsthemen der Region und stimmen die Interessen der Kommunen mit staatlichen Vorstellungen und den Interessen aus Wirtschaft und Gesellschaft ab. Das kann keine andere Institution.

Eine Übernahme der unerlässlichen Aufgaben der Regionalplanung und Regionalentwicklung durch Behörden des Staates würde wesentlich mehr Bürokratie als heute bringen. Mehr Staat statt weniger Staat wäre das Ergebnis. Anders als in den jetzigen kommunal verfassten Regionalen Planungsverbänden ist der Staat hierarchisch von oben nach unten strukturiert, die Regionalen Planungsverbände von unten nach oben.

Ausgeschlossen ist auch, dass eine einzelne kommunale Ebene die Aufgaben der Regionalplanung übernimmt. Denn damit würde sie andere kommunalen Ebenen in ihrer ureigensten Entwicklung bestimmen. Das kommt schon gar nicht in Frage gegenüber Gemeinden und Städten mit ihrer verbürgten kommunalen Planungshoheit. Die Zusammensetzung der Regionalen Planungsverbände mit den kommunalen Ebenen Gemeinden, Landkreise und kreisfreie Städte ist alternativlos. Die Regionalplanung in kommunaler Hand muss gestärkt werden, um die großen Herausforderungen in der Region München zu meistern.

Der Regionale Planungsverband München sollte wie in der Diskussion 2003 seine Haltung in der Öffentlichkeit und gegenüber Entscheidungsträgern verdeutlichen, und so zu einer fachlichen und fairen Diskussion beitragen.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Planungsausschuss beschließt die folgende Resolution und empfiehlt sie auch der Verbandsversammlung im Juni 2010 zu beschließen:
     
    „Regionalplanung und Regionalentwicklung muss in kommunalen Händen bleiben. Der Regionale Planungsverband München muss gestärkt werden.
     
    Zu den Überlegungen der Staatsregierung, die Regionalplanung und Regionalen Planungsverbände erneut einer Reform zu unterziehen, erklärt der Regionale Planungsverband München:
     
    1. Angesichts der Herausforerungen für eine nachhaltige Entwickung in der Region München ist eine gemeinsam regional abgestimmte und kommunal getragene Planung unerlässlich. Das betrifft vor allem die Themen, die sich überörtlich und über Landkreisgrenzen hinweg auswirken: 
     
    - Eine abgestimmte Siedlungs- und Freiraumentwicklung, die die Herausforderungen eines wärmer werdenden Klimas berücksichtigt.
     
    - Eine Verkehrsentwicklung sowohl im motorisierten Individualverkehr wie auch im öffentlichen Personennahverkehr, die mit den Siedlungsstrukturen abgestimmt ist (der Verkehr wird in der Region München sehr stark zunehmen).
     
    - Regional abgestimmte Vorschläge zur Ansiedlung großflächigen Einzelhandels (der Regionale Planungsverband München hat bereits 2004 ein regionales Einzelhandelskonzept erarbeiten lassen).
     
    - Die langfristige Sicherung des Trinkwassers und von Abbaumöglichkeiten für Bodenschätze, um Lebensqualität und Wirtschaftskraft zu erhalten.
     
    - Regenerative Energien müssen forciert ausgebaut werden (z. B. Photovoltaik).
     
    Diese Themen sind auch vor dem Hintergrund weiter zunehmender Einwohner und Arbeitsplätze und zunehmender Verflechtung aller Räume in der Region München besonders drängend. Ohne regional abgestimmte Entwicklung und Konzepte würde die Region München im internationalen Wettbewerb zurückfallen und könnte ihre herausragende wirtschaftliche Bedeutung für den gesamten Freistaat Bayern nicht mehr so erfüllen wie jetzt.
     
    2. Eine Abschaffung des Regionalen Planungsverbands München kommt nicht in Frage. Die Regionalplanung muss in kommunalen Händen bleiben. Eine völlige Verstaatlichung, sei es in der Landesplanung oder in staatlichen Fachplanungen, verstößt gegen den Grundsatz der Subsidiarität. Mehr Staat statt weniger Staat wäre die Folge, ebenso mehr Bürokratie. Kommunale Träger der Regionalplanung müssen die Gemeinden und Städte mit ihrer verbürgten kommunalen Planungshoheit zusammen mit den Landkreisen sein. Keine einzelne kommunale Ebene darf die anderen Ebenen dominieren.
     
    3. Der gesellschaftliche Wandel erfordert mehr Regionalität. Der Regionale Planungsverband München steht einer Diskussion über die derzeitigen Strukturen der Landes- und Regionalplanung aufgeschlossen gegenüber. Die Regionalen Planungsverbände benötigen, um Lebensqualität und Wirtschaftskraft in ihrer Region zu fördern, mehr Abweichungsmöglichkeiten vom landesweiten Entwicklungsprogramm."

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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