Sitzung 26. Februar 2013

Drucksache Nr. 5/13

226. Sitzung des Planungsausschusses, 26.02.2013

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP  6 
Weitere Rechtsprechung des Bayerischen VGH zum Anbindungsgebot -Information

Anlagen:

  1. Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie vom 05.02.2013
     
  2. Drucksache 14/11 i.d.F. der Planungsausschusssitzung vom 18.10.2011

  

I. VORTRAG

1. Es gibt neue Rechtsprechung zum sogenannten Anbindungsgebot des Landesentwicklungsprogramms (LEP), B VI 1.1. Danach soll die Zersiedelung der Landschaft verhindert und Neubauflächen sollen möglichst in Anbindung an geeignete Siedlungseinheiten ausgewiesen werden.
 
In einer einstweiligen Anordnung im Rahmen einer Normenkontrollsache hat der 1. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) unter anderem ausgeführt (Rn. 5 des Beschlusses vom 03.01.2013):
  
„a) Nach vorläufiger Einschätzung des Senats verstößt der streitgegenständliche Bebauungsplan gegen das Ziel B VI 1.1 des Landesentwicklungsprogramms – LEP – vom 8. August 2006 (GVBI S. 471). Demnach soll die Zersiedelung der Landschaft verhindert und Neubauflächen sollen möglichst in Anbindung an geeignete Siedlungseinheiten ausgewiesen werden. Hierbei handelt es sich nicht nur um einen bei der Abwägung zu berücksichtigenden Grundsatz der Raumordnung, sondern dem ausdrücklichen Willen des Normgebers entsprechend um ein verbindliches Ziel im Sinn von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, das gemäß § 1 Abs. 4 BauGB bei der Bauleitplanung zu beachten ist. Nach gefestigter Rechtsprechung sind landesplanerische Planaussagen, die als „Soll-Ziele" formuliert sind, nur dann verbindlich, wenn der Plangeber mit hinreichender Bestimmtheit selbst festgelegt hat, welche Ausnahmen gelten (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2010 – 4 C 8.10 – BVerwGE 138, 201; BayVGH, U.v. 25.5.2011 – 15 N 10.1568 – juris). Insoweit ist nicht nur der Wortlaut der Zielbestimmung, sondern auch deren Begründung heranzuziehen. Die Begründung für das Zersiedelungsverbot bzw. Anbindungsgebot lässt den Umfang der möglichen Ausnahmen ausreichend deutlich erkennen. Danach kommen Ausnahmen nur dann in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Fallgestaltung eine Anbindung an bestehende geeignete Siedlungseinheiten nicht möglich ist. Im Bereich der gewerblichen Siedlungsentwicklung kann eine Ausnahme auch in Betracht kommen, wenn ein Bauleitplan für ein Vorhaben erstellt wird, das auf spezifische Standortvorteile angewiesen ist, wie z B. ein größerer Logistikbetrieb, der einen unmittelbaren Autobahn- oder Eisenbahnanschluss benötigt (vgl. Kraus, Solarpark – Rechtliche Grundlagen für die Realisierung – Berücksichtigung des Anbindungsziels in der Bauleitplanung, BayVBI 2010, 618/619 f.). Damit unterscheidet sich dieses Ziel der Raumordnung maßgeblich von der Festlegung in Punkt B V 1.6 des Regionalplans der Region Allgäu i.d.F. der Bekanntmachung vom 6. Mai 2008 (RABI Schwaben Nr. 6/2008), die Gegenstand der zitierten Entscheidung des 15. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gewesen ist."
 
Wie bereits in der Drucksache Nr. 14/11 erläutert, vertritt der 15. Senat des BayVGH die Position, dass das Anbindungsgebot kein Ziel sondern einen abwägungsfähigen Grundsatz der Raumordnung darstelle (vgl. Drucksache Nr. 14/11 – Anlage 2). Im Hauptsacheverfahren des 1. Senats soll voraussichtlich im März verhandelt werden. Wenn der 1. Senat an seiner Rechtsauffassung zum Anbindungsgebot festhält (womit zu rechnen ist) bestünden zwei sich einander ausschließende Entscheidungen im VGH. Falls auch der große Senat, der eine einheitliche Haltung des BayVGH herbeiführen könnte, nicht damit befasst wird, bzw. der 15. Senat seine Meinung nicht ändert, würde der BayVGH für Fälle in Oberbayern (1. Senat) bei gleicher Fallgestaltung gegenläufig entscheiden wie in Niederbayern, Oberpfalz und Schwaben (15. Senat).
 
Da der Ministerrat im LEP-Entwurf, der inzwischen dem Landtag zugeleitet wurde, keine Sollformulierungen von Zielen der Raumordnung mehr verwendet, spielt die unterschiedliche Haltung der beiden Senate des BayVGH für die Fortschreibung des LEP keine Rolle.
 
Falls aber eine Fortschreibung des LEP nicht beschlossen werden sollte, bliebe nach einer entsprechenden Entscheidung des 1. Senats weiterhin Unsicherheit darüber, ob das Anbindungsgebot in der bisherigen Fassung ein Ziel oder einen Grundsatz der Raumordnung darstellt.
 
Die Praxis müsste sich dann wohl oder übel darauf einrichten, für welche räumlichen Bereiche die entsprechenden Senate zuständig sind. Das bedeutet für die Kommunen in der Region München, dass sie sich an der Rechtsauffassung des 1. Senats orientieren müssten.
 
2. Weiterhin informiert das Wirtschaftsministerium über die Rechtsprechung des 15. Senats des BayVGH zum jetzigen Einzelhandelsziel des LEP, insbesondere zu B II 1.2.1.2 Abs. 3 LEP (zulässige Verkaufsflächen). Auf die Ausführungen im Anschreiben und die Anlage wird verwiesen.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Geschäftsführer wird beauftragt, die Mitglieder des RPV München über die weitere Rechtsprechung des BayVGH zum Anbindungsgebot und zur Einzelhandelsnorm des LEP zu informieren.

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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