Sitzung 6. Oktober 2015

Drucksache Nr. 10/15

237. Sitzung des Planungsausschusses, 06.10.2015

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP  4 
Informationen zum Luftreinhalteplan für München

Anlagen:

  1. Maßnahmen des Luftreinhalteplans – Übersicht
  2. Fazit des Luftreinhalteplans

  

I. VORTRAG

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat im Juli 2015 den Entwurf der Sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München nach § 47 Abs. 5 a des Bundes-Immissionsschutz-gesetztes (BImSchG) für eine Bürgerbeteiligung bekanntgegeben. Auf der Internetseite der Regierung von Oberbayern (www.regierung-oberbayern.bayern.de und der Landeshauptstadt München (www.muenchen.de/umweltzone) ist der gesamte Entwurf einzusehen.

Anlass für die Sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans, eines verwaltungsinternen Handlungskonzepts der beteiligten Behörden, um die Luftqualität zu verbessern, ist die auch 2014 zu konstatierende Überschreitung der Stickstoffdioxid-Immissionswerte an zwei Messstationen in der Landeshauptstadt München.

1. Die Feinstaubgrenzwerte PM10 und PM2,5 (vgl. Seiten 9 - 17 der Sechsten Fortschreibung) wurden in München 2014 nicht überschritten. Über die letzten Jahre hin ist eine deutliche Abnahme der Konzentration von PM10 zu beobachten. Seit 2012 werden die Grenzwerte am Hotspot Landshuter Allee eingehalten. Auch der Wert PM2,5 liegt an der Landshuter Allee auf niedrigem Niveau, so dass für den Grenzwert von 25 µg/m³ (gilt ab 2015) eine stadtweite Unterschreitung prognostiziert wird.

Beim NO2 (Stickstoffdioxid) dagegen (Seiten 9 ff, 18 und 19) werden an straßennahen Messstationen nur geringe Abnahmen verzeichnet. An den Messstationen, bei denen die Schadstoffbelastung sehr stark vom Verkehr geprägt wird (Landshuter Allee und Stachus), bleiben die Konzentrationen von NO2 auf einem sehr hohen Niveau. Die Jahresgrenzwerte von 40 µg/m³ werden an der Landshuter Allee im Jahr 2014 um mehr als das Doppelte überschritten. Die Grenzwerte für das Stundenmittel von 200 µg/m³ wurden an 24 Stunden überschritten. Zulässig sind 18 Überschreitungen. An den übrigen Messstellen sind sie eingehalten (Lothstraße, Johanniskirchen und am Vergleichsstandort Andechs).

2. Verursacheranalyse (Seiten 20 – 28)

Dieselfahrzeuge sind Hauptverursacher der NO2-Belastung an den Münchner Messstellen.

a) Nimmt man den lokalen Kfz-Verkehr und den Beitrag der Kfz aus der städtischen Hintergrundbelastung, so werden insgesamt knapp über 80 % des NO2-Emissionswertes an der Landshuter Allee durch Kraftfahrzeuge verursacht. Dabei spielen die benzingetriebenen Kraftfahrzeuge keine wesentliche Rolle. Denn seit der Einführung des geregelten Drei-Wege-Katalysators für Otto-Motoren Ende der 1980er Jahre in Deutschland werden dort parallel die Schadstoffe Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe und NOx, also auch NO2, abgebaut. Bei Dieselmotoren kann hingegen prozessbedingt kein solcher Katalysator eingesetzt werden. Auch stoßen Dieselmotoren funktionsbedingt einen viel höheren Anteil an NO2-Emissionen an den Gesamtemissionen aus.

b) Fahrzeuge werden im Rahmen einer generellen Typprüfung (die dann für sämtliche entsprechend konstruierte und ausgestattete Fahrzeuge gilt und die Voraussetzung für die Zulassung ist) in jeder Schadstoffklasse auf die Einhaltung der Grenzwerte gemessen. Diese Grenzwerte werden im Rahmen eines gesetzlich normierten Prüfungsverfahrens gemessen. Schon hier verdeutlicht der für Diesel-Pkw im Rahmen der Euro-6-Abgasnormen höhere Grenzwert mit 80 mg/NOx im Vergleich zu dem für Benzin-Pkw von 60 mg/km/NOx, dass Diesel-Pkw bauartbedingt höhere NO2-Emissionen ausstoßen. Noch nach den Normen Euro 4 und Euro 5 durften Diesel-Pkw im Ver-gleich zum Benziner das Dreifache an NOx-Emissionen ausstoßen. Diese Fahrzeuge stellten zum 01.01.2014 über 77 % aller Diesel-Pkw. Lediglich 3 % der in München zugelassenen Diesel-Pkw erfüllen die schärfere Euro-6-Norm.

c) Hinzu kommt, dass die gesetzlich geregelte Zulassungsprüfung hinsichtlich der Abgaskonzentrationen auf dem Prüfstand generell niedrigere Emissionswerte erzeugt als die Kraftfahrzeuge im realen Fahrbetrieb. Im Mittel weisen Diesel-Pkw auch bei Euro 6 etwa eine 7fach höhere NOx-Emission auf als es der zulässige Grenzwert von 80 mg/km erlaubt. Diese Diskrepanz hat nichts mit den derzeit in der Öffentlichkeit diskutierten Betrugsvorwürfen gegen den Volkswagen-Konzern zu tun. Dabei geht es um eine aktive Beeinflussung des Motor-Managements: Die Steuerung erkennt eine Prüfungssituation und regelt die Abläufe im Motor hin auf Schadstoffminimierung. Hingegen ist die generelle Diskrepanz zwischen Prüfstand-Messungen und Emissionen im realen Fahrzeugbetrieb durch die unterschiedliche Belastung der Fahrzeuge und damit der Motoren bedingt. Auch deshalb hat die EU-Kommission ab 2016 vorgesehen, Fahrzeugemissionen auch im Betrieb zu messen und entsprechende Grenzwerte festzulegen.

d) Verschärfend für die NO2-Emissionen kommt hinzu, dass durch die Einführung von Diesel-Partikelfiltern bei der Typprüfung zwar die strengere Euro-4-Abgasnorm gegenüber der Euro-3-Abgasnorm hinsichtlich der Feinstaubgrenze eingehalten werden konnten. Andererseits erhöhte die Einführung der Dieselpartikelfilter aber gegenläufig die NO2-Emissionen (Seite 25). Es bedarf deshalb bei Diesel-Fahrzeugen weiterer Systeme zur Abgasnachbehandlung, um den NOx- und damit NO2-Schadstoffgrenzwert einhalten zu können. Nach Angabe des Luftreinhalteplans ist die relativ teure SCR-Technik, die vor allem bei schweren Nutzfahrzeugen und Pkw eingesetzt wird, das erfolgversprechende System, um auch die NO2-Emissionen deutlich zu mindern.

Insgesamt ist der Beitrag der Diesel-Kraftfahrzeuge zur lokalen NO2-Emissionsbelastung so hoch, dass daraus die Überschreitung der Grenzwerte 2014 erklärt werden kann. Der lokale Kfz-Verkehr verursacht z. B. an der Landshuter Allee mit ? den Hauptanteil der NO2-Gesamtbelastung (56 µg/m³ von insgesamt 80 µg/m³ bei einem Grenzwert von 40 µg/m³). Der Luftreinhalteplan München kommt zum Schluss, dass Diesel-Pkw und schwere Nutzfahrzeuge insgesamt 91 % der lokalen NO2-Emissionen in der Landshuter Allee verursachen (Seite 28). Benzin-Pkw tragen lediglich 6 % zur NO2-Gesamtbelastung bei.

3. Maßnahmen (Seiten 29 ff)

Gem. § 47 Abs. 4 BImSchG sind die Maßnahmen entsprechend ihres Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Emissionsgrenzwerte beitragen.

a) Die Regierung von Oberbayern hat im Hinblick auf den Hauptverursacher Straßenverkehr ein verkehrliches Gesamtkonzept entwickelt. Es umfasst Verbesserungen bei der Fahrzeugflotte (hinsichtlich Schadstoffausstoß) und die Verringerung der Verkehrsmenge (verkehrslenkende oder verkehrsbe-schränkende Maßnahmen).

Anlage 1 gibt einen Überblick zu den konkreten Maßnahmen (Seiten 31 ff des Luftreinhalteplans München) sind in der Anlage dargestellt.

 Zu nennen sind z. B. die gutachterliche Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen zur Verringerung von Stickstoffdioxidminderungen auf besonders belasteten Abschnitten; die Verbesserung beim ÖPNV; eine Anpassung der bestehenden Umweltzone; Förderung der Elektro-Mobilität; schnellerer Aufbau der Fahrrad-Mobilität in der Stadt bzw. im Stadtumlandverkehr. Die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h wird ebenfalls vorgeschlagen (eine weitere Reduzierung auf 30 km/h führt nicht zur Senkung von NOx-Emissionen, bei Kraftstoffverbrauch und NO2-Emissionen sowie Feinstaubemissionen sogar zu Verschlechterungen. Eine Verlängerung des Tunnels am Mittleren Ring (Landshuter Allee mit Tunnelabgasreinigung) verlagert zunächst nur den Schadstoffort an die Tunnelportale. Ob eine Filterung der Tunnelabluft positive Wirkungen zeigt, ist offen. Eine Reduzierung der gesamtstädtischen Belastung ist damit nicht zu erreichen.

b) Auch wenn alle Maßnahmen der Sechsten Luftreinhalteplanfortschreibung München realisiert werden, wäre eine Einhaltung des NO2-Emissionsgrenzwertes wohl erst nach 2030 möglich (Seite 75)! Bei der Messstation München-Stachus ist eine frühere Einhaltung ab Mitte der 20er Jahre zu erwarten.

Dies liegt vor allem daran, dass Hauptverursacher für die NO2-Grenzwertüberschreitung die Dieselmotoren sind. Selbst bei einer schnellen Durchdringung der Diesel-Pkw-Flotte mit Euro 6-Motoren dürfte es keine grundlegende Verbesserung geben. Denn auch die Euro 6-Motoren stoßen im realen Betrieb die durchschnittlich 7-fache Menge an NO2 der im Prüfbetrieb gemessenen NO2-Emissionen aus (ohne verbotenen Eingriff des Motor-Managements aus Anlass des Prüfbetriebs). Abhilfe hierbei könnte eine zukünftige Messung der Emissionen unter realen Bedingungen und eine entsprechende Reduzierung der unter normalen Fahrbedingungen gemessenen Emissionen helfen.

Neben diesen strukturellen Gründen gibt es auch lokale Gründe für die hartnäckige Überschreitung der NO2-Emissionen an der Landshuter Allee (Seite 77). Dort werden auch deshalb sehr hohe Schadstoffbelastungen ermittelt, weil die hohe Verkehrsstärke von ca. 130.000 Fahrzeugen im Jahr begleitet wird durch eine Schluchtenbebauung mit geringen Lücken und der Tatsache, dass etwa 200 m neben der Messstation der Tunnelverkehr gerade wieder an die Oberfläche kommt (Einfluss der schadstoffbelasteten Tunnelabluft durch den Kolbeneffekt der Fahrzeuge, ungünstiges Emissionsverhalten der Fahrzeuge durch die Steigerung aus dem Tunnel heraus, zähfließender Verkehr am Ausgang des Tunnels). In Seitenstraßen, die zur Landshuter Allee führen, kann nach Messungen des LfU davon ausgegangen werden, dass bei einer Entfernung von etwa 50 m zur Einmündung in die Landshuter Allee der NO2-Grenzwert für das Jahresmittel bereits unterschritten ist.

Die hohen an der Station Landshuter Allee als Hotspot gemessene NO2-Konzentration ist daher weder übertragbar auf die ganze Landshuter Allee, geschweige denn auf die Luftsituation in der gesamten Landeshauptstadt München.

Die am Stachus, vor allem aber am Hotspot Landshuter Allee gemessene deutliche Überschreitung der NO2-Emissionsgrenzwerte, lässt sich – geht man vom gesetzlich geforderten Verursacherprinzip aus – nur durch eine drastische Absenkung der NO2-Emissionen von Dieselfahrzeugen erreichen. Dazu müssten die den Euro-Normen (Euro 6) zugrunde liegenden Emissionen der Testzyklen auch in der Praxis eingehalten werden. Dies könnte durch wirksame Abgas-Nachbehandlungsanlagen (SCR-Technik, wie bei den schweren Nutzfahrzeugen schon verbreitet) und eine damit einhergehende Zufahrtsbeschränkung (ähnlich der grünen Plakette) geschehen. Dass von diesen Maßnahmen vor allem Fahrzeuge mit Dieselmotoren betroffen sein werden, ist verursachergerecht .  

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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