Sitzung 18. Oktober 2016

Drucksache Nr. 7/16

241. Sitzung des Planungsausschusses, 18.10.2016

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 3
Stellungnahme des RPV München zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP)

Anlagen:

  1. Anhörschreiben,
  2. Verordnungsentwurf,
  3. Begründungsentwurf,
  4. Übersicht Räume mit besonderem Handlungsbedarf,
  5. Strukturkarte

  

I. VORTRAG

Der Freistaat Bayern beteiligt den Regionalen Planungsverband München an einer Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms. Bis zum 15.11.2016 können Stellungnahmen abgegeben werden.
 

1. Vorgesehene Änderungen des LEP

a) Der Änderungsentwurf des LEP weist eine Vielzahl von neuen Mittel- und Oberzentren aus sowie drei Metropolen (München, Augsburg, Nürnberg). In der Region München wird neben der Ausweisung der Landeshauptstadt München als Metropole (Anhang 1 zur LEP-Fortschreibung, zu Z2.1.), die Stadt Unterschleißheim gemeinsam mit Eching und Neufahrn als Mittelzentrum, die Stadt Erding als Oberzentrum, ebenso wie die Stadt Taufkirchen/Vils nun gemeinsam mit Dorfen als Mittelzentrum zusätzlich zu den bisherigen Zentralen Orten ausgewiesen.

Mittelbereiche werden nicht mehr im LEP abgegrenzt. Die Regionalen Planungsverbände müssen die Nahbereiche aller Zentralen Orte in den Regionalplan als Teil der Begründung aufnehmen.

Die Struktur der Zentralen Orte ist auf der beiliegenden Karte ersichtlich.

b) Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf (Begründung zu 2.2.3.):
Maßgebend dafür ist ein Indikator auf Landkreisebene, der aus Bevölkerungsprognosen, Arbeitslosenquoten, Beschäftigtendichte, verfügbarem Einkommen und Wanderungssaldo errechnet wird.

Darüber hinaus werden jetzt auch einzelne Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern dem Raum mit besonderem Handlungsbedarf zugeordnet. Kriterien dafür sind ebenfalls Bevölkerungsprognosen, Arbeitslose, Beschäftigtendichte, Einkünfte je Steuerpflichtigen und wiederum der Wanderungssaldo der 18 bis unter 30jährigen.

Alle bisherigen Räume, die als Raum mit besonderem Handlungsbedarf gekennzeichnet waren, haben Bestandschutz. Im Ergebnis werden Landkreise und Gemeinden dem Raum mit besonderem Handlungsbedarf zugeordnet, die nach diesen Strukturdaten unter 90 % des bayerischen Durchschnitts liegen.

c) Das Anbindegebot (LEP 3.3) wird mit drei weiteren Ausnahmen weiter abgeschwächt, von denen zwei für die Region München besonders relevant sind:

  • Eine Ausnahme vom Anbindegebot für Gewerbe- und Industrieansiedlungen ohne Einzelhandel an Autobahnanschlussstellen bzw. funktional entsprechenden Bundesstraßen oder an einem Gleisanschluss;
     
  • eine weitere Ausnahme vom Anbindegebot für interkommunale Gewerbe- oder Industriegebiete ohne Einzelhandel.

d) Ein neuer Grundsatz in 6.1.2 des LEP zu Höchstspannungsfreileitungen bestimmt, dass Planungen und Maßnahmen zum Neubau oder Ersatzbau solcher Leitungen energiewirtschaftlich tragfähig und unter besonderer Berücksichtigung der Wohnumfeldqualität der betroffenen Bevölkerung sowie der Entwicklungsmöglichkeit der betroffenen Kommunen und der Belange des Orts- und Landschaftsbildes erfolgen sollen. In der Begründung wird ausgeführt, dass eine entsprechende Wohnumfeldqualität in der Regel dann gegeben sei, wenn ein Abstand von mindestens 400 m von Höchstspannungsfreileitungen zu bestehenden Wohngebäuden eingehalten wird, gegenüber Gebieten im Außenbereich, in denen Wohngebäude ausnahmsweise zulässig sind, reicht ein Abstand von mindestens 200 m zu Höchstspannungsfreileitungen aus. Falls die Anwendung dieses Grundsatzes zu einem wesentlich längeren Streckenverlauf führt, sind bei der planerischen Abwägung auch der erhöhte Flächenverbrauch und die dafür erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen einzubeziehen.
 

2. Bewertung aus regionalplanerischer Sicht

a) Die konkreten Änderungen bei den Zentralen Orten, soweit sie die Region München betreffen, begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Verbindliche Festlegungen zu der Metropole München fehlen allerdings. Damit wird die Rolle der drei Metropolen in Bayern, vor allem aber die der Metropolregion München und der Metropolregion Nürnberg unterschätzt. Die Region München ist das wirtschaftliche Kraftzentrum in ganz Deutschland. Die Zuschreibungen im LEP sollten konkret auf die angestrebte dezentrale Entwicklung in der Metropolregion München abzielen und verbindliche funktionale Ziele der Landesentwicklung zur Entwicklung der Metropole München umfassen. Für Bayern insgesamt fehlt ein transparentes nachvollziehbares Konzept für die Ausweisung Zentraler Orte.

b) Die Gemeinde Apfeldorf (Landkreis Landsberg/Lech) ist in den Raum mit besonderem Handlungsbedarf aufgenommen worden. Räume mit besonderem Handlungsbedarf sind angesichts des Auftrags zur Gleichwertigkeit der Lebens- und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern jedoch nicht nur wirtschaftsschwächere und abwanderungsbedrohte Gemeinden und Landkreise, sondern in gleicher Weise Räume, die eine sehr hohe Zuwanderung aufweisen und in denen die Lebenshaltungskosten deutlich höher liegen als anderswo. Das sind in der Region München inzwischen praktisch fast alle Landkreise. Im gesamten Münchner Umland sind die Mietpreise und Baulandpreise sehr stark angestiegen. Viele Familien und Einpersonenhaushalte, die ein mittleres Einkommen haben, geben nicht selten 50 % ihrer Nettoeinkommen fürs Wohnen aus. Die Ausgaben der Kommunen für Verkehr, Soziales, Bildung, Integration steigen stark an.

Die Vorsitzenden der Regionalen Planungsverbände haben auf einem Besprechungstermin der Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Planungsverbände am 04.10.16 im Finanzministerium diese Sichtweise einhellig vertreten. Aus Sicht der Region München ist es Zeit, den Blick für besondere Handlungsbedarfe und Unterstützung auch auf die erheblichen Probleme von Wachstumsregionen zu lenken. Überschlägig geschätzt wohnen in ihnen auch mindestens 60 % der bayerischen Bürger und Wähler. Der Freistaat soll diese Räume ebenso unterstützen wie strukturschwache Räume.

c) Die Ansiedlung von geeignetem Gewerbe und Industrie an Autobahnausfahrten oder entsprechenden Kreuzungen macht aus Sicht der Lagegunst dieser verkehrlich sehr gut erreichbaren Räume Sinn. Jedoch bestehen folgende Probleme dieser Ausnahmen vom Anbindegebot:

  • Es wird im LEP-Entwurf nicht festgelegt, welchen Umgriff solche Gewerbe- und Industriegebiete um die Knoten haben dürfen. Bandartige Entwicklungen entlang der Autobahn von einer Ausfahrt bis zur nächsten sind nicht ausgeschlossen. Es müsste ein konkreter Abstand eines solchen Gebiets um den Mittelpunkt des Verkehrsknotens festgelegt werden, um überbordende Entwicklungen zu verhindern;
     
  • Die Lagegunst dieser Knotenpunkte bezieht sich nicht auf Büroarbeitsplätze. Während produzierendes Gewerbe durchaus sinnvoll an solchen Standorten ist, müssen Büroflächen wesentlich besser mit dem ÖPNV erschlossen werden, als es ein Gewerbegebiet an einer Autobahnausfahrt zu leisten vermag. Dafür sind auch genügend Flächen in gut integrierter Lage in Gemeinden des Regionalen Planungsverbands vorhanden;
     
  • Unklar ist nach der Formulierung im LEP-Änderungsentwurf, ob und wie die Nutzung solcher Gewerbeflächen für Einzelhandel, auch großflächigen Einzelhandel langfristig verhindert werden kann.

Die generelle Ausnahme vom Anbindungsgebot bei interkommunalen Gewerbe- und Industriegebieten ist mit fachlichen regionalplanerischen Argumenten nicht zu rechtfertigen:

  • Nach dem Entwurf ist unklar, ob sich die kommunale Zusammenarbeit im konkreten Fall auf benachbarte Gemeinden bezieht, oder ob jede bayerische Gemeinde mit jeder anderen eine solche Zusammenarbeit vereinbaren kann; unklar ist weiterhin, in welchem Verhältnis der Anteil an den entstehenden Gewerbe- und Industriegebieten liegen muss.
     
  • Ein aus planerischer Sicht, auch wirtschaftlicher Sicht, schlechter Standort, der den Kommunen erhebliche Steuermittel für die Erschließung und Unterhaltung abverlangt, wird nicht dadurch besser, dass er interkommunal ist. Es ist jedenfalls zu befürchten, dass durch diese Ausnahme ungeeignete Gewerbe- und Industriegebiete entstehen, die auf kommunaler und staatlicher Seite erhebliche Kosten verursachen, und negative Auswirkungen auf die Struktur umgebender Gemeinden haben.

Die Verbandsvorsitzenden waren sich am 4. Oktober 2016 einig, dass eine nur ablehnende Stellungnahme im Anhörungsverfahren keinen Erfolg haben würde. Demgegenüber sollen die Regionalen Planungsverbände Planungen aufgrund dieser beiden Ausnahmen zustimmen müssen. Damit wäre gewährleistet, dass in einem Gremium mit Städten, Landkreisen und Gemeinden großräumige Argumente in eine Entscheidung einfließen. d) Für die Abstände zu Höchstspannungsfreileitungen sind keine regionalplanerischen Bedenken aus Sicht der Region München zu erheben.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen. 

  2. Der Regionale Planungsverband gibt als Stellungnahme zum Entwurf der LEP-Änderungen die Drucksache 7/16 ab und beschließt insbesondere:
     
    a) Gegen die Grundsätze zu den Abständen von den Höchstspannungsleitungen zu Wohngebieten bzw. Wohnhäusern bestehen keine regionalplanerischen Bedenken.
     
    b) Die Ausweisung der Zentralen Orte in Bayern muss auf ein transparentes, nachvollziehbares Grundgerüst gestellt werden. Das ist mit den jetzt vorliegenden Neuausweisungen nicht ersichtlich. Die Funktion der Metropole München muss wesentlich konkreter und mit Zielqualität beschrieben werden, insbesondere auch die in der Metropolregion München angestrebte dezentrale Entwicklung.
     
    c) Für Räume mit wachstumsbedingter infrastrukturellen Engpässen und Wohnungsmangel soll durch den Freistaat Bayern ähnlich wie beim Raum mit besonderem Handlungsbedarf ein Ausgleich für die Bewältigung dieses besonderen Wachstumsdrucks vorgesehen werden. 
     
    d) Die beiden zusätzlichen Ausnahmen vom Anbindegebot (an Autobahnanschlüssen und für interkommunale Gewerbe-/Industrie-gebiete) bedürfen der Zustimmung des jeweiligen Regionalen Planungsverbandes als Tatbestandsvoraussetzung.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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