Sitzung 5. Juli 2022

Drucksache 9/22

262. Sitzung des Planungsausschusses am 05.07.2022

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsauschuss

TOP 1
Energieplan Bayern - Bericht

I. VORTRAG

Der Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, hat am 31.05.2022 eine Regierungserklärung zur Energiepolitik der Staatsregierung gegeben. Unter dem Titel „Energieplan Bayern – Ziel: sicher, bezahlbar, erneuerbar“ legte er Konzepte zur künftigen Versorgungssicherheit, Preisstabilität und den Ausbau von regenerativen Energien in Bayern dar. Er spricht u. a. folgende Themen an (1. – 4.):

1. Bei der Versorgungssicherheit ist aktuell vor allem die Sorge um die Gasversorgung des Industriestandorts Bayern mit einem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen ein entscheidendes Thema. Sollte die Gasversorgung abgeschnitten werden, droht der Verlust von bis zu einer halben Million Arbeitsplätzen in Bayern, jeder fünfte Betrieb in Bayern müsste die Produktion einstellen.

Der Füllstand der Gasspeicher in Bayern beträgt ca. 37 % - zu wenig, um über den Winter zu kommen.

Das Ölembargo treibt die Preise. Versorgung mit Öl kann aber einfacher gesichert werden als die mit Gas.

Derzeit wird die Verbrennung von Steinkohle zurückgefahren. Mit einem Steinkohlevorrat für vier Wochen bei den Reservekraftwerken (und zehn Tage Vorrat bei Ölkraftwerken, die Strom erzeugen) ist keine ausreichende Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ein paar Monate wären wünschenswert.

Staatsminister Aiwanger fordert den Bund auf, eine Verlängerung des Kernkraftwerks Isar 2 wenigstens um mehrere Monate bis Frühjahr 2023 nicht auszuschließen, sondern sie gezielt vorbereiten. Ein Atomausstieg in Bayern ist nur dann sicher zu bewerkstelligen, wenn die Gaskraft als Brücke tragfähig ist. Gerade diese Brücke bricht jetzt aber weg.

2. Die derzeitige Inflation von rund 8 % in Bayern, die sehr stark energiepreisgetrieben ist, schränkt die Bezahlbarkeit der Energieversorgung für Privatverbraucher, Wirtschaft und Unternehmen erheblich ein. Zwar gibt es für energieintensive Unternehmen Energiezuschüsse, die von Februar bis September laufen sollen. Aber der breite Mittelstand profitiert davon nicht. Deshalb müssen die Steuern runter, und die kalte Progression ausgeglichen werden. Die erneuerbaren Energien sind bei der Bezahlbarkeit auf jeden Fall ein Plus. Ihre Ausweisung ist also dringend geboten, wobei es schwierig genug ist, in allen Bereichen Mobilität, Wärme, Gewerbe und Industrie den Energiebedarf mit Erneuerbaren abzudecken. Im Strombereich haben erneuerbare Energien zur Zeit rund 50 % Anteil, den Rest bilden fossile Energien und Kernkraft (15 % des in Bayern verbrauchten Stroms sind derzeit noch Atomstrom). Diese 15 % aus dem Kernkraftwerk Isar 2 wird Bayern vor allem in den nächsten Monaten nur schwerlich entbehren können. Die Energiekrise hat jetzt schon gravierende Auswirkungen: der Energieverbrauch an Gas geht zurück, weil sich verschiedene Branchen zurückziehen und nicht in Deutschland produzieren. Das führt zu Versorgungsengpässen und höherem Import, und das wieder für längere Lieferzeiten z. B. im Bereich des Wohnungsbaus. Bauvorhaben werden derzeit gestoppt und auf die lange Bank geschoben. Im Ergebnis wird sich die Wohnungsnot zuspitzen und die Mietpreise erhöhen, Wohnungen nicht so gedämmt wie es aus Energiesicht nötig wäre.

Sein großer Appell ist, die Inflationssituation nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Im Endeffekt führt eine so hohe Inflation wie jetzt zu erheblicher Teuerung der Ernährung, Wohnen, Mobilität und soziale Teilhabe. Das führt zu sozialen Spannungen. Er appelliert an die Bundesregierung die hohen Energiepreise zu reduzieren.

3. Bei den erneuerbaren Energien ist viel zu tun, und zwar in Bayern und bundesweit.

Derzeit gibt es in Bayern 1.100 Windräder. Am Ende bräuchte Bayern ein Mehrfaches dieser Anzahl. Mit einer Vielzahl von Ausnahmen von der 10H-Regelung soll Windkraft in großer Breite ermöglicht werden. Trotzdem will Staatsminister Aiwanger die Mitbestimmung der Kommunen und der Regionalen Planungsverbände nicht aushebeln.

Die 10H-Regelung muss dort ausgesetzt werden, wo gezielt Fortschritte erreicht werden können: im Bereich Repowering, in Waldflächen, in regionalen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten und kommunalen Planungsgebieten für Windkraft, im Bereich von Straßen, Autobahnen, Bahnlinien und im Umgriff von Gewerbe- und Industriegebieten. Überall dort soll von der 10H-Regel abgewichen werden können. Der Abstand zum nächsten Dorf von 1.000 Meter muss jedoch aufrecht erhalten werden. Die Verfahrenswege bei der Genehmigung von Windkraftanlagen müssen beschleunigt werden (heute 5 bis 6 Jahre). Das geht über artenschutzrechtliche Themen, die der Bund klarstellen muss. Die erneuerbare Energie soll generell als besonderes öffentliches Interesse definiert werden.

Leider gilt dies nicht für die Wasserkraft, die vom Bund rückabgewickelt werden soll. Wenn bis 2030 der Großteil des in Bayern benötigten Stroms erneuerbar erzeugt werden soll, gibt es auch die Möglichkeit, das mit Windrädern und zu einem großen Teil mit Photovoltaik zu erledigen. Im Bereich der Windkraft muss es aber zu einer Vermehrfachung der jetzigen Leistung kommen. Dabei kann ein neues Windrad (höher) fünfmal so viel Strom wie ein altes erzeugen. Derzeit sind es nur 6 % Stromerzeugung aus Windkraft. Die Photovoltaik kann noch weiter ausgebaut werden. Bayern ist mit ca. einem Viertel der derzeit installierten Leistung von Photovoltaikanlagen in Bayern führend in Deutschland. Ebenso wie bei der Wasserkraft und der Biomasse.

Die Hälfte der Photovoltaikanlagen soll derzeit aufs Dach, die andere Hälfte auf die Freifläche. Um Konflikte mit Ackerland zu vermeiden sollte Bayern viel mehr in Richtung Agri-Photovoltak gehen und diese Doppelnutzung fordern und voranbringen. Auch mit der Beteiligung der Kommunen an der Einspeisevergütung. Um die Akzeptanz für Photovoltaik beizubehalten und voranzutreiben, müssen die Rahmenbedingungen in Berlin angepasst werden, und die Kommunen und Bürger am wirtschaftlichen Ergebnis zu Windkraft und Photovoltaik zu beteiligt werden.

Außerdem sollte ein Teil der in Bayern vorhandenen 20.000 Hektar ökologischer Vorrangflächen für die Energienutzung freigeben werden. Die Biomasse insgesamt darf nicht diskriminiert oder unter Generalverdacht gestellt werden. In Bayern leistet die Biomasse auf Augenhöhe mit Photovoltaik und Wasserkraft die dritthöchste Strommenge in Bayern an erneuerbar Energie. Wenn dort Hand angelegt wird, wird es noch viel schwieriger die Stromversorgung zu sichern. Dann würde man noch viel mehr fossile Gaskraftwerke brauchen und es macht keinen Sinn, gegen die Holzöfen weiter zu polemisieren, gegen Pellets und Scheitholz, so wie es das Bundesumweltamt macht. Die Möglichkeiten beim Biomethan und beim Biogas sollen erweitert werden, anstatt weiter zu reduzieren.

60 % der Stromerzeugung aus deutschen Wasserkraftwerken werden in Bayern gewonnen. 4.000 kleine Wasserkraftwerke bangen derzeit wegen der Pläne der Bundesregierung um ihre Akzeptanz. Sie müssen am Netz bleiben. Wasserkraft und auch die kleinen Wasserkraftanlagen sind eine gute Chance, Ökonomie und Ökologie unter einen Hut zu bringen. Dies nicht mehr als förderwürdig einzustufen, verurteilt der Staatsminister.

4. Ein weiteres großes Thema der erneuerbaren Energien ist der Wasserstoff. Bayern braucht vom Bund Klarheit. Bayern und bayerische Firmen setzen sich bereits intensiv für ein zukunftsfähiges Wasserstoffkonzept auch für die Mobilität ein. Vor allem beim Langstrecken-Lkw kann Wasserkraft Diesel für mindestens 80.000 Lkw in Deutschland ersetzen. Das ist nicht alles mit batterieelektrischem Antrieb hinzubekommen, einen erheblichen Teil sollen und können Langstrecken-Wasserstoff-Lkw übernehmen.

Beim Bereich Wasserstoff gibt es die Möglichkeit, erneuerbare Energien in Form von grünem Wasserstoff aus Ländern wie Norwegen, Schottland, Griechenland, Spanien bis hin zu Katar zu importieren, um hier die Mobilität und Industrie zu unterstützen.

Angesichts Krieg und Krise der Gasversorgung müssen wir verhindern, dass die Angst vor Abschaltszenarien umgeht. Wenigstens sollte es eine Übergangslösung von einigen Monaten für die Atomkraft geben. Denn die geplante Verbrennung von Gas zu Absicherung des Umstiegs auf erneuerbare Energien funktioniert nicht mehr.

5. Aus der Rede von Staatsminister Aiwanger wurde klar, dass die bayerische Staatsregierung auf eine breite Diversifikation der bayerischen Energieerzeugung setzt, auch im Bereich der erneuerbaren Energien. Aber auch, dass der Bund in der Energiepolitik in weiten Teilen das Sagen hat, und Bayern deshalb auf entsprechende bundesweite Regelungen angewiesen ist.

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

 

i.A. Breu
Geschäftsführer

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