Sitzung 04. April 2006

Drucksache Nr. 9/06

194. Sitzung des Planungsausschusses, 04.04.2006

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 2 
Regionales Einzelhandelskonzept
- Bericht -

Anlagen:

Auszug aus dem aktuellen Entwurf des LEP 2006
(B II 1.2 Handel und Außenwirtschaft); nicht in der Onlinefassung, s. hierzu den offiziellen Fortschreibungsentwurf des BayStMWIVT

  

I. VORTRAG

Zuletzt war das Regionale Einzelhandelskonzept Gegenstand der Planungsausschusssitzung am 14.02.2006. Der Planungsausschuss beauftragte den Geschäftsführer, die Eckpunkte der Drucksache Nr. 03/06 gemeinsam mit den Vorschlägen der Gutachter in den teilregionalen Gesprächsrunden mit den Mitgliedern des Regionalen Planungsverbands zu erörtern und nach Beratungen der bestehenden Kommission zur Regionalplanfortschreibung des Kapitels Wirtschaft den Planungsausschuss unter Berücksichtigung dieser Gesprächsrunden einen ausformulierten Fortschreibungsentwurf für das Unterkapitel Einzelhandel vorzulegen. Die Gesprächsrunden fanden in den 8 Landkreisen der Region München am 06. und 08., am 21. und 22. März statt. Mit den Stadtratsmitgliedern im Planungsausschuss ist ein Termin am 04.04.2006 mittags vorgesehen.

1. Die Eckpunkte selbst und die grundsätzlichen Inhalte des gutachterlichen Konzepts ergeben sich aus der bereits zur letzten Planungsausschusssitzung versandten Drucksache 03/06. In der Planungsausschusssitzung am 04.04.2006 liegt der Vortrag, den die Gutachter Dr. Acocella bzw. Kruse gehalten haben auf.

2. Intensiver diskutiert wurden vor allem fünf Themenbereiche:

  • Örtliche Nahversorgung mit Lebensmitteln
  • Begrenzung des Randsortiments von Möbel, Bau- und Gartenmärkten
  • Anrechnung der Kaufkraft der LH München für zentrenrelevante Nebensortimente im engeren Umland von München
  • Größe von Fachmärkten und Rückgriffsregelung zur LH München
  • Moderationsverfahren.

3. Örtliche Nachversorgung mit Lebensmitteln

Die Bestandsaufnahme der Gutachter ergibt, dass ca. 50 Gemeinden der Region München die Kaufkraft ihrer Bürger im Bereich der sog. Sortimente des täglichen Bedarfs, also insbesondere Lebensmittel, nur bis zur Hälfte abschöpfen können. Vorschlag der Gutachter, der in Eckpunkten übernommen wurde, ist es, die Möglichkeit zu schaffen, dass diese in der Regel nicht zentralen Orte einen gemeinsamen Lebensmittelstandort realisieren können. Diese Standorte sollen Bevölkerung in diesem Bereich (Einwohner mehrerer Gemeinden) versorgen und sollten dann auch höhere Verkaufsflächen aufweisen als normalerweise in nicht zentralen Orten und Kleinzentren zulässig.

In diesem Zusammenhang wurde auch von dem Beschluss des Kabinetts informiert, der dem Landtag eine im Vergleich zum ersten Entwurf des LEP 2006 etwas geänderte Fassung zugeleitet hat (vgl. Anlage). Dies betrifft insbesondere den Einzelhandel. Dort werden Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte, soweit sie überwiegend dem Verkauf von Waren des kurzfristigen täglichen Bedarfs dienen, auch in Kleinzentren und nicht zentralen Orten in Betracht gezogen, wenn sie über keine Versorgung mit diesen Waren verfügen und dem ländlichen Raum angehören. Gleichzeitig können solche Betriebe eine nicht näher definierte Mindestbetriebsgröße aufweisen – unabhängig von der im Ort verfügbaren Kaufkraft. Diese Regelung ist für die Region München völlig kontraproduktiv, weil es in der Region München entsprechende mit Lebensmitteln „unterversorgte" Gemeinden gibt, die gerade nicht im ländlichen Bereich, sondern in der Verdichtungszone liegen.

Die Diskussionen zum Thema deckten ein breites Spektrum ab. Typische Beiträge waren z.B.:

  • Im ländlichen Bereich habe man sich mehr als in den Städten daran gewöhnt, die Einkaufswege mit dem Auto zurückzulegen.
  • Die tatsächliche Struktur in den einzelnen Landkreisen habe sich dahingehend entwickelt, dass diese nicht so gut versorgten Gemeinden von benachbarten, größeren und besser versorgten Gemeinden mitversorgt werden –was mit dem Vorschlag angestrebt wird, sei de facto in der Realität schon erreicht.
  • Die Idee sei zwar gut, aber angesichts des Konkurrenzdenkens der Gemeinden schwer zu realisieren.
  • Eine solche Möglichkeit zu schaffen sei nicht falsch. Ob die Gemeinden dies dann aufgreifen, bleibe ihnen überlassen.
  • Als Gefahr wurde gesehen, dass solche gemeinsamen großen Zentren bestehende noch sehr kleinteilige Versorgungsstrukturen (200 – 400 m² vor allem inhabergeführte Läden oder Hofläden) um die Existenz bringen könnten.
  • Eine andere mögliche Erleichterung für die Versorgung mit Lebensmitteln wurde darin gesehen, die Grenze zur Großflächigkeit nicht bei 800 m² zu ziehen, sondern sie der in § 11 Abs. 3 BauNVO für schädliche Auswirkungen angenommenen Regelgrenze von 1200 ² Geschossfläche anzupassen. Dies entspräche ca. 900 – 950 m² Verkaufsfläche, die dann auch ohne Sondergebiet in jedem Ort möglich wären.

4. Kontroverser war die Diskussion um die Randsortimente der großen Möbelmärkte, insbesondere zu einer prozentualen oder absoluten Begrenzung. Während dies auf der einen Seite, insbesondere von nicht unmittelbar in der Nähe Münchens liegenden Kommunen für erforderlich gehalten wurde, um den Innenstädten eine gleiche Chance im Verhältnis zur grünen Wiese geben, wiesen andere auf mehrere Projekte hin, die dann nicht mehr „gingen". Der Tendenz nach hat sich die größere Anzahl von den anwesenden RPV-Mitgliedern für eine solche Begrenzung ausgesprochen. Ob die absolute Grenze nun bei 2500 m² oder höher liegen soll, müsse im weiteren Verfahren entschieden werden. Eine Mehrheit sah in einer rein prozentualen Begrenzung wenig Sinn, weil dann die Verkaufsflächen für das Kernsortiment nur übermäßig ausgedehnt würden, um mehr zentrenrelevante Nebensortimente zu erhalten.

5. Naturgemäß war die Diskussion um die Anrechnung von Kaufkraft der LH München für zentrenrelevante Nebensortimente bei großen Möbelhändlern im Landkreis München und insbesondere bei den Gemeinden, die die entsprechenden Voraussetzungen (enge strukturelle, verkehrliche und städtebauliche Verbindung mit der Stadt München) aufweisen, am intensivsten.

Die derzeitige Fassung des Landesentwicklungsprogramms erlaubt in den strukturell mit der LH München eng verbundenen Orten eine gegenüber den eigentlich zulässigen Randsortimenten um den Faktor 10 bis 20 erhöhte Verkaufsfläche. Dabei sind in der Diskussion zwei Themen auseinander zu halten.

  • Die Begrenzung der Randsortimente in absoluten Zahlen auch in diesen Fällen.
  • Die Anrechnung von Kaufkraft der LH München.

Die Begrenzung der Randsortimente auch in diesen Fällen wird sehr unterschiedlich gesehen. Um keine Wettbewerbsverzerrungen zwischen Siedlungsschwerpunkten erster Klasse und anderen Orten, die von der LH München etwas entfernter liegen, zuzulassen, begrüßen einige diese Vorschläge. Andere sprechen sich dagegen aus, weil dann hinsichtlich dieser zentrenrelevanten Nebensortimente ein Gleichgewicht zwischen peripheren Lagen der Stadt München und dem unmittelbar angrenzenden Umland nicht mehr gewährleistet sei.

Zur Frage, ob der Projektstandort oder die Gemeinde die Kriterien für die enge strukturelle Verbindung mit der LH München aufweisen muss, hat der Planungsausschuss in seiner Sitzung am 08.11.2005 (Drucksache Nr. 27/05 und entsprechendes Protokoll) bereits als Stellungnahme zur Änderung des LEP beschlossen, dass sich aufgrund der inneren Logik des Kaufkraftrückgriffs diese Bedingungen auf den Projektstandort, also den Ort des Einkaufs beziehen muss, und nicht auf das gesamte Gemeindegebiet. Auch hier gingen die Meinungen in den Veranstaltungen erheblich auseinander. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass mehrere Projekte wie z.B. IKEA in Brunnthal (das der Planungsausschuss abgelehnt hatte) nicht hätten realisiert werden können. Auf der anderen Seite blieb eine Erklärung aus, weshalb solche Projektstandorte auf der grünen Wiese, obwohl sie keine enge strukturelle Verknüpfung mit der LH München aufweisen, gegenüber anderen vergleichbaren Standorten im Umland bevorzugt werden sollen.

6. Bei den Fachmärkten, die bekanntlich vor allem zentrenrelevante Sortimente aufweisen, verschärft sich dieses Problem auch dadurch, dass die LH München an ihrer Peripherie über landesplanerisch zulässige sehr große Verkaufsflächen verfügen kann, weil ihr bei jedem Standort die gesamte Kaufkraft des städtischen Einzelhandels zugerechnet wird. Im konkreten Fall schöpft die LH München diesen Spielraum jedoch bei weitem nicht aus, sondern bleibt etwa bei einem Drittel dieser theoretischen Größe, schon um die eigenen Zentren in der Stadt nicht zu gefährden. Gefragt wurde, ob dies denn nicht im Sinne einer vertrauensbildenden Maßnahme verbindlich für periphere Standorte in der Stadt festgelegt werden könne.

Die Diskussion zu den auch bei Fachmärkten möglichen Anrechnungsmöglichkeiten von Kaufkraft der LH München für Nachbargemeinden folgte der o.a. Diskussion bei den Randsortimenten der Möbelmärkte.

7. Das Moderationsverfahren in der Fassung der Eckpunkte, also lediglich für großflächigen Einzelhandel an nicht integrierten Standorten und in Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern, wurde überwiegend positiv gesehen. Einwände betrafen das Verhältnis zu den sowieso nötigen Genehmigungsverfahren (RO-Verfahren, Planungsverfahren). Hier wäre es sinnvoll, ein solches Moderationsverfahren nicht zusätzlich vorzuschalten, sondern parallel mit den RO-Verfahren durchzuführen.

Insgesamt wurde deutliche Skepsis laut an den bisherigen Regelungen der Landesplanung im Einzelhandel, insbesondere im großflächigen Einzelhandel. Skepsis aber auch über den Versuch, diese bestehenden Wettbewerbsverzerrungen und Unzuträglichkeiten auf regionaler Ebene mit zusätzlichen Planungen lösen zu können. Andererseits gab es Stimmen, die sich von einer stringenteren und gerechteren Handhabung im Rahmen des Regionalen Einzelhandelskonzepts eine Verbesserung der Situation für die Ortsmitten (wo sie noch bestehen) und einen gerechten Rahmen für einen fairen Wettbewerb versprechen.

Die Kommissionssitzung, in der die gutachterlichen Vorschläge, das Eckpunktepapier und die in den teilregionalen Runden geäußerten Meinungen eingespeist werden, soll stattfinden, sobald das Gutachten abgenommen ist und vorliegt. Das wird in Kürze geschehen sein.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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