Sitzung 6. Dezember 2022

Drucksache 20/22

264. Sitzung des Planungsausschusses am 06.12.2022

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsauschuss

TOP 3 Schreiben der Gemeinde Taufkirchen, Lkr. München; Antrag auf Streichung von Flächen aus dem Regionalen Grünzug

Anlagen:
1. Festlegung der Regionalen Grünzüge gem. Karte 2 des RP München
2. Antrag der Gemeinde Taufkirchen auf Änderung des RP München vom 01.09.2022
3. Potentiale außerhalb des Regionalen Grünzugs / Umgriff der im Antrag genannten Flächen

I. VORTRAG

Die Gemeinde Taufkirchen, Erster Bürgermeister Ullrich Sander, hat einen Antrag auf Änderung des Regionalplans München (Rücknahme des Regionalen Grünzugs nördlich der Jochen Schweizer Arena zwischen Ludwig-Bölkow-Allee und der A 8 bis hin zur Gemarkungsgrenze im Norden und sowie im Bereich des sog. Parallelogramms gestellt (siehe Anlage 2). Er verweist dabei auf die Ansiedlung der Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie der TU München im Technik- und Innovationspark (TIP). Diese soll in den nächsten Jahren ausgebaut werden (Ansiedlung Forschungsreinrichtungen, Startup-Unternehmen und innovative Betriebe. Der Antrag verweist auch auf eine gemeinsame Erklärung zur Entwicklung des TUM-Luft- und Raumfahrtcampus Taufkirchen / Ottobrunn von Freistaat Bayern, der Gemeinde Taufkirchen, der Gemeinde Ottobrunn und dem Landkreis München, die nur in einer Entwurfsfassung vorliegt. Diese Erklärung soll der Ansiedlung eines TUM-Campus in Taufkirchen / Ottobrunn und der Zusammenarbeit der Beteiligten dienen. Die Vereinbarung ist nach hiesiger Kenntnis bislang nicht unterzeichnet.

1. Der Regionale Planungsverband München (RPV) hat in der Gesamtfortschreibung vom 01.04.2019 den Regionalplan München generell überarbeitet und auch den Zuschnitt der Regionalen Grünzüge im Hinblick auf kommunale Entwicklungsmöglichkeiten festgesetzt. Insbesondere der von der Gemeinde Taufkirchen genannte Bereich zwischen Autobahn BAB A 8 und der Ludwig-Bölkow-Allee wurde intensiv behandelt und in der Verbandsversammlung fast einstimmig mit dem beiliegenden Umgriff (RP-Karte, Anlage 1) beschlossen. Das gilt auch für die Flächen im sog. Parallelo-
gramm.

Die klimatische Funktion der Regionalen Grünzüge liegt nicht nur in einer reinen Lufttransportfunktion, sondern genauso in der Funktion der Pufferung von hohen Temperaturen und gesunder Belüftung der angrenzenden Siedlungsgebiete. Die Regionalen Grünzüge sind der wichtigste Beitrag des Regionalplans für die Klimaanpassung und für den sparsamen Umgang mit Boden, insbesondere einer maßvollen Versiegelung. Das sind Ziele, denen sich auch der Freistaat Bayern in besonderer Weise verschrieben hat.

2. Die im Schreiben der Gemeinde Taufkirchen genannten Argumente wurden zum Teil auch im Rahmen der Regionalplanfortschreibung vorgebracht. Insbesondere für eine generelle gewerbliche Nutzung ist ein so massiver Eingriff in die Regionalen Grünzüge mit einem Funktionsverlust der Flächen hinsichtlich bioklimatischer Funktion, Siedlungsgliederungsfun-
ktion
und zum Teil auch Erholungsfunktion im Parallelogramm nicht hinzunehmen. Die beiden genannten Streichungen der Grünzüge würden einen Verlust von ca. 23 ha zwischen der Ludwig-Bölkow-Allee und der A 8 sowie ca. 29 ha im sog. Parallelogramm (siehe Karte 2 in Anlage 3) des Regionalen Grünzugs zur Folge haben.

3. Eine Neubewertung der Situation könnte dann in Betracht kommen, wenn die Ansiedlung eines TU-Campus sowie damit eng verbundene Flächen für Hochtechnologie mit Flächen außerhalb des Regionalen Grünzugs nicht auskommt. Dabei ist immer auf einen sparsamen Umgang mit der Ressource Fläche zu achten, und alle Möglichkeiten einer verdichteten Bebauung auszuschöpfen.

Die pauschale Nennung von Flächen in der Erklärung von Freistaat Bayern und Kommunen im Hachinger Tal, die auch dem Antrag der Gemeinde Taufkirchen auf Streichung des Regionalen Grünzugs entsprechen, reichten für eine angemessene regionalplanerische Befassung nicht aus. Zumindest wäre darzulegen, welcher tatsächliche Bedarf (unter Berücksichtigung einer sparsamen Flächennutzung) sowohl für Campus wie für andere Unternehmen unerlässlich ist. Zum Zweiten müsste dargelegt werden, welche Flächen außerhalb der Regionalen Grünzüge zur Verfügung stehen. In Frage kommt vor allem der Technologie- und Innovationspark Ottobrunn / Taufkirchen, in dem noch eine Gesamtfläche von knapp 10 ha verfügbar ist (siehe Karte 1 in Anlage 3). Darüber hinaus kann das Flächenpotential, das sich in direkter Nachbarschaft vom TIP-Gelände westlich der Ludwig-Bölkow-Allee befindet und nicht im Regionalen Grünzug liegt, überschlagsmäßig auf insgesamt 22 ha taxiert werden.

Wenn die Möglichkeiten, den TU-Campus auf Flächen außerhalb des Regionalen Grünzugs zu etablieren, nicht ausreichen sollten, muss für die regionalplanerische Beurteilung ein konkretes räumliches Konzept (in der Regel ist das der Entwurf einer Flächennutzungsplanänderung mit Begründung) vorgelegt werden. Der Entwurf einer gemeinsamen Erklärung mit dem allgemeinen Bezug auf diese Flächen reicht für eine vertiefte Diskussion nicht aus. Die Erklärung vermittelt keine Rechte gegenüber Dritten.

4. Solche konkreten Konzepte müssen vom RPV im Zusammenhang mit der überörtlichen, d. h. großräumigen Entwicklung im Hachinger Tal beurteilt werden (Auseinandersetzung mit Freiraum, Wohnungsbau, Gewerbe, Hochtechnologiestandorte, Verkehr). Der gesamte Teilraum steht unter einem erhöhten Siedlungsdruck Der Wohnungsbau muss mit der Arbeitsplatzent-
wicklung Schritt halten (RP München, B II Z 1.4), nicht nur der kleinräumige Verkehr, sondern auch der ÖPNV ist den Belastungen nicht mehr gut gewachsen; bei Ansiedlung von Arbeitsplätzen und notwendigerweise auch Wohnungen fallen erhebliche Folgekosten an (KITA´s, Schulen, etc.). So ist z. B. in Ottobrunn mit der Umstrukturierung des Finsinger Felds mit 3.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen zu rechnen (diese Flächen befinden sich fast ganz außerhalb des Regionalen Grünzugs).

5. Darüber hinaus wären geplante Gebiete am TU-Campus oder darüber hinaus für Hochtechnologie verkehrlich nicht gut erschlossen. Wenn nicht der zusätzliche Verkehr hauptsächlich über den MIV abgewickelt werden soll, was die Autobahn zwischen dem Brunnthal-Dreieck und dem Mittleren Ring in München überfordern dürfte, müsste der ÖPNV massiv ausgebaut werden. Eine Verlängerung der U5 mit der Einrichtung einer großen Park&Ride-Anlage für Pendler zum Umsteigen nach München ist jetzt schon unabdingbar. Aus Erfahrungen mit der Verlängerung der U-Bahn nach Martinsried ergibt sich, dass bereits jetzt eine rechtlich belastbare und finanziell ausreichende Zusicherung des Freistaats Bayern für den Bau der U5-Verlängerung über Neubiberg, Ottobrunn und Taufkirchen vorliegen muss, bevor über weitere Flächenbedarfe und gar Grünzugsrücknahmen gesprochen werden kann (auch dann bleibt das Manko, dass die Realisierung einer solchen U-Bahn-Verlängerung wohl ca. 15 – 20 Jahre in Anspruch nehmen wird).

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

2. Der Regionale Planungsverband München lehnt eine Rücknahme des Regionalen Grünzugs in Taufkirchen gemäß dem Schreiben der Gemeinde vom 01.09.2022 zur Ansiedlung allgemeinen Gewerbes ab.

3. Falls bestehende Flächen außerhalb des Regionalen Grünzugs im Bereich Ottobrunn und Taufkirchen (ca. 30 ha) für die Ansiedlung des dort vorgesehenen TU-Campus inklusive damit verbundener Unternehmen der Hochtechnologie nicht ausreichen, ist eine ergebnisoffene Prüfung zu unbedingt notwendigen Rücknahmen am Regionalen Grünzug erforderlich. Dafür sind folgende Voraussetzungen nötig:

  • Es müsste ein konkretes Konzept für die Flächen samt Begründung vorgelegt werden, weshalb die bereits bestehenden Flächen im TIP und westlich der Ludwig-Bölkow-Allee außerhalb des Regionalen Grünzugs nicht ausreichen;
  • es darf sich dabei ausschließlich um Flächen für Forschung und Wissenschaft sowie für Hochtechnologie handeln, nicht für allgemeine gewerbliche Ansiedlungen;
  • die Realisierung einer U-Bahn-Verlängerung U5 bis Taufkirchen müsste vom Freistaat Bayern rechtlich verbindlich zugesagt sein. Im Rahmen der Verlängerung der U5 müsste auch eine große Umstiegeinrichtung an der A 8 realisiert werden;
  • ein Konzept wäre vorzulegen, wie entsprechend notwendige Wohnungen für die Ansiedlung neuer Arbeitsplätze und wo sie realisiert werden, inklusive der Infrastruktur für KITA, Schulen, etc.

i.A.
Breu
Geschäftsführer