208. Sitzung des Planungsausschusses, 21.07.2009
V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss
TOP 3
LEP-Regelungen zum großflächigen Einzelhandel Ergebnisse eines Gutachtens Arbeitsgruppe der Staatssekretärin im Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
Anlagen:
Kurzfassung des Gutachtens
Karte Nahversorgung in der Region München
I. VORTRAG
1. Ein vom bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie bereits im Dezember 2006 in Auftrag gegebenes Gutachten zu den Wirkungen der LEP-Regelung zum großflächigen Einzelhandel hat die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Katja Hessel, am 27.05.2009 Vertretern der Regionalen Planungsverbände, der kommunalen Spitzenverbände, der Wirtschafts- und Handelsverbände und anderen staatlichen Stellen vorgestellt.
Die Kurzfassung des Gutachtens liegt als Anlage bei.
Die abschließende Bewertung der Gutachter kommt u.a. zu folgenden Schlüssen:
- Die landesplanerischen Regelungen stellten zwangsläufig nur einen von vielen verschiedenen Einflussfaktoren dar, die auf die Einzelhandelsstrukturen einwirken. Insofern ist es schwierig, konkrete Steuerungswirkungen zu belegen. Schlussfolgerungen ziehen die Gutachter hinsichtlich der 3 Hauptintentionen des Ziels:
- Die Sicherung der Funktionsfähigkeit der zentralen Orte erscheint den Gutachtern durch die Ausrichtung des LEP-Ziels zum Einzelhandel am System der zentralen Orte grundsätzlich gewährt. Eine Einschränkung dabei ist mit Blick auf schwächer ausgestattete Mittel- und Unterzentren zu machen. Denn diese zentralen Orte sind in der Weiterentwicklung der Versorgungsqualität eingeschränkt, wenn sie eine jetzt schon relativ schwache Einzelhandelssituation aufweisen. Das LEP-Ziel wirkt hier kontraproduktiv.
- Die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung messen die Gutachter am Maßstab, dass eine qualifizierte Grundversorgung mindestens einem Lebensmittelanbieter mit 400 m² oder mehr Verkaufsfläche pro Gemeinde/Nahbereich entspricht. Nach diesem Maßstab verfügen ca. 97 % der bayerischen Bevölkerung über eine insgesamt gute qualifizierte Grundversorgung, wobei einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu die landesplanerisch nicht überprüften nicht großflächigen Lebensmitteldiscounter oder Drogeriemärkte leisten.
- Auch die Kaufkraftabschöpfungsquoten des LEP seien ein grundsätzlich probates Mittel, um Versorgungsstrukturen und damit auch innerstädtische Strukturen zu sichern, jedenfalls in Oberzentren und bevölkerungsstarken Mittelzentren. Auch hier sind wohl schwach ausgestattete Mittelzentren vor allem im ländlichen Raum mit entsprechend kleinen Verflechtungsbereichen des innerstädtischen Einzelhandels in ihren Entwicklungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt. Sie können ihren Versorgungsauftrag, die Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs zu versorgen, teilweise nicht voll wahrnehmen.
Gerade bei Ansiedlungsvorhaben mit innenstadtrelevanten Sortimenten des sonstigen Bedarfs zeige sich, dass einheitliche Kaufkraftabschöpfungsquoten ohne weitere Lagedifferenzierung keine aktive Stärkung von Innenstädten ermöglichen.
- Auch wenn sich die verbrauchernahe Versorgung mit innenstadtrelevanten Sortimenten des kurzfristigen täglichen Bedarfs vor allem in größeren zentralen Orten durchwegs verbessert hat, so sei eine entsprechende Verbesserung der Versorgungssituation in kleineren zentralen Orten und mit Nahbereichen unter 8.000 Einwohnern vor allem auf die Marktentwicklung und die steigende Bedeutung nicht großflächiger Lebensmitteldiscounter zurückzuführen.
Dagegen werde dort die Ansiedlung von Lebensmittelvollsortimentern durch das LEP-Ziel oft erschwert.
- Nach Ansicht der Gutachter habe sich das Zielerfordernis der städtebaulichen Integration größtenteils bewährt, das unerwünschte Standorte auf der „grünen Wiese" durchwegs verhindert habe. Dies ergebe sich aus den überprüften Fallbeispielen.
- Das LEP-Ziel könne Agglomerationen von mehreren nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben, vor allem in Gewerbegebieten, nicht regeln.
Insgesamt habe sich das LEP-Ziel als prinzipiell wirksam erwiesen. Dabei - das hoben die Gutachter in der Vorstellung hervor - sei der Auftrag auf die Frage bezogen, Wirkungen des bestehenden Ziels zu untersuchen. Darüber hinausgehende Fragen, die sich mit anderen Steuerungsmöglichkeiten beschäftigen, werden im Gutachten nicht behandelt.
2. Auffällig aus Sicht des Regionalen Planungsverbands München ist:
- Obwohl von den 808 ausgewerteten Fällen mit landesplanerischen Überprüfungen insgesamt 35 % im Regierungsbezirk Oberbayern lagen, so ist doch kein einziges Fallbeispiel von bayernweit 20 in der Region München zu finden.
Möglicherweise trägt diese räumlich einseitige Betrachtungsweise zu Ergebnissen bei, wie: es hätte keine Ansiedlungen auf der grünen Wiese gegeben. Das ist schon nach einer oberflächlichen Durchsicht der in der Region München seit 2002 raumordnerisch überprüften und inzwischen realisierten Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten des sonstigen Bedarfs nicht richtig.
- Gänzlich fehlt in der Untersuchung ein Eingehen auf die Frage, ob und wie die sogenannte Kaufkraftanrechnung für Projekte in Gemeinden unmittelbar in der Nähe der großen Kernstädte gewirkt haben – insbesondere auf die Verkaufsflächen für zentrenrelevante Sortimente. Hier wäre zu diskutieren gewesen, ob eine solche Kaufkraftanrechnung auch dann zu sinnvollen Ergebnissen führt, wenn der konkrete Standort des Projekts weder verkehrlich, noch städtebaulich noch strukturell eng mit der Kernstadt verflochten ist. Auch hierzu lassen sich ohne Schwierigkeiten Beispiele in der Region München finden.
- Die Annahme, dass eine gute qualifizierte Grundversorgung schon dann vorliege, wenn in den Nahbereichen in Bayern jeweils mindestens 1 Lebensmittelversorger mit mindestens 400 m² Verkaufsfläche existiert, kann nicht nachvollzogen werden. Denn durch diese Annahme werden weite Teile der Bevölkerung von der Versorgung durch Lebensmittelvollsortimenter ausgeschlossen. Von einer qualifizierten Grundversorgung kann bei einer überwiegenden Versorgung vor allem kleiner Gemeinden durch Discounter mit einer 60 – 80 Prozent kleineren Sortimentsauswahl im Vergleich zu Vollsortimentern nicht gesprochen werden. Hier fehlt in der Untersuchung ein Qualitätsmaßstab, der zumindest neben die reine Verkaufsflächenargumentation treten müsste (vgl. dazu auch Ergebnisse des regionalen Einzelhandelskonzepts der Region München von 2004, eine entsprechende Karte zur Nahversorgungssituation liegt als Anlage bei).
Darüberhinaus sagt das Vorhandensein eines Lebensmitelladens im Ort bzw. Nahbereich (i. d. R. dem gesamten Gemeindegebiet) noch nichts über räumlich gut erreichbare Versorgung aus. Die Wege können dabei fußläufig, aber auch über 10 km entfernt sein.
- Geteilt wird die Auffassung der Gutachter, dass zum einen weder die größeren Orte mit einem schwächeren Einzugsbereich des innerstädtischen Einzelhandels von der LEP-Regelung angemessen behandelt werden – sie können ihre Einzelhandelssituation nicht wesentlich verbessern, weil sie keine zusätzlichen Flächen projektieren können. Auch die schlechte Versorgungssituation von kleinen Gemeinden, die keine qualifizierte Lebensmittelversorgung mit Vollsortimentern haben, scheitert an den jetzigen LEP-Regelungen, weil sie verkehrlich günstig erreichbare Standorte, die mehrere Gemeindeteile bzw. Gemeinden zusammen versorgen, nur eingeschränkt zulassen.
- Dass die jetzigen LEP-Vorschriften weder eine Agglomeration von nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben in Gewerbegebieten, auch in peripherer Lage, verhindern können, noch eine abschnittsweise Realisierung von Einzelhandelsgroßprojekten, ist richtig.
Insgesamt können für eine zukunftsweisende Fortschreibung des LEP-Ziels zum Einzelhandel und regionaler Einzelhandelskonzepte dem Gutachten nur bedingt Anregungen entnommen werden. Das liegt aber nicht an den Gutachtern, sondern an dem Auftrag, nicht über das im LEP 2006 normierte Einzelhandelsziel hinaus Aussagen zu machen.
3. Auf der selben Sitzung, auf der das Gutachten vorgestellt wurde, hat die Staatssekretärin Hessel angekündigt, mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Handels- und Wirtschaftsverbänden, staatlichen Behörden und den Regionalen Planungsverbänden eine Arbeitsgruppe einzurichten, die die Fortentwicklung des LEP-Ziels zum großflächigen Einzelhandel zum Gegenstand hat. Die konstituierende Sitzung der Arbeitsgruppe wird voraussichtlich am 05.08.2009 stattfinden, eine weitere Sitzung womöglich noch Ende September 2009. In dieser Arbeitsgruppe sind von Seiten der Regionalen Planungsverbände der Sprecher der Regionalen Planungsverbände Bayerns, der Verbandsvorsitzende der Region Südostoberbayern und Landrat von Traunstein, Hermann Steinmaßl, sowie, als Sprecher der Geschäftsführer Regionaler Planungsverbände in Bayern, Geschäftsführer Breu vertreten.
Der vom Planungsausschuss des Regionalen Planungsbands in der letzten Sitzung am 21.04.2009 beschlossene Fortschreibungsentwurf (Drucksache Nr. 04/09) zu diesem Thema wurde bereits an den Minister und die Staatssekretärin des Wirtschaftsministeriums gerichtet und in die Arbeitsgruppe eingebracht. Die wesentlichen Anliegen des Entwurfs werden dort seitens der Regionalen Planungsverbände vertreten.
II. BESCHLUSSVORSCHLAG
Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.
i.A.
Breu
Geschäftsführer
Zur Tagesordnung
Ergebnisse