Sitzung 04. Dezember 2012

Drucksache Nr. 27/12

225. Sitzung des Planungsausschusses, 04.12.2012

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 5 
Raumordnungsverfahren Bau- und Gartenmarkt sowie Fachmarktzentrum in Parsdorf, Gemeinde Vaterstetten, Landkreis Ebersberg – Landesplanerische Beurteilung

Anlagen:

    1 Drucksache 8/12 in der Fassung der 222. Planungsausschusssitzung vom 24.04.2012
    2 Tenor der Landesplanerischen Beurteilung, Seite 1 - 3

  

I. VORTRAG

1. Der Planungsausschuss des Regionalen Planungsverbands München hat sich am 24.04.2012 mit dem Raumordnungsverfahren für den Bau eines Bau- und Gartenmarkts sowie eines Fachmarktzentrums in Parsdorf, Gemeinde Vaterstetten, befasst. Auf die Drucksache Nr. 8/12 wird verwiesen. Im Ergebnis hat der Regionale Planungsverband München weder den generellen Standort des Einzelhandelsgroßprojekts noch die konkrete Lage in Vaterstetten / Parsdorf beanstandet. Im Individualverkehr wurden Ausbaumaßnahmen gefordert. Gegen die Kernsortimente Bau- und Gartenmarkt hat der Planungsausschuss keine Bedenken erhoben, jedoch einen Verzicht auf das Sortiment Glas / Porzellan / Keramik / Geschenkartikel, sowie Lebensmittel und andere Sortimente des kurzfristigen Bedarfs gefordert. Zu den übrigen Sortimenten des Fachmarktzentrums wurden Verkaufsflächenobergrenzen beschlossen (siehe Anlage 1).

Die Regierung von Oberbayern schließt die landesplanerische Beurteilung mit Schreiben vom 30.10.2012 ab: Der geplante Bau- und Gartenmarkt entspreche bei Berücksichtigung der Maßgaben nach A.II. den Erfordernissen der Raumordnung. Das geplante Fachmarktzentrum entspreche nicht den Erfordernissen der Raumordnung.

Tragende Gründe für die gutachterliche Ablehnung des Fachmarktzentrums sind: Der geplante Standort in Parsdorf sei kein städtebaulich integrierter Standort, weil sich das Fachmarktzentrum nicht in einem baulich verdichteten Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen befinde und somit nicht die genannten Kriterien einer städtebaulich integrierten Lage erfülle.

Das Fachmarktzentrum sei in einer städtebaulichen Randlage nördlich des Ortsteils Parsdorf. Diese Ortsrandlage stelle aber deshalb keinen integrierten Standort dar, weil der Ortsteil Parsdorf nicht als ein Hauptort der Gemeinde Vaterstetten betrachtet werden könne.

Sortimente des kurzfristigen täglichen Bedarfs seien in einer städtebaulichen Randlage nicht zulässig.

Die Pressesprecherin der Regierung von Oberbayern erklärte, man habe das sehr komplexe Vorhaben in einer Ersteinschätzung grundsätzlich nicht im Widerspruch zu den Erfordernissen von Raumordnung und Landesplanung gesehen. In einem offenen Verfahren sei man nun zum Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem Projektsstandort nicht um eine städtebaulich integrierte, sondern um eine städtebauliche Randlage handele (Süddeutsche Zeitung, Landkreis Ebersberg, vom 13.11.2012, R 7).

Unabhängig von der städtebaulichen Bewertung der Lage des Standorts sei die Ansiedlung von Märkten mit innenstadtrelevanten Sortimenten des sonstigen Bedarfs aufgrund der wesentlichen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der innerörtlichen Strukturen in Vaterstetten / Baldham als auch in den umliegenden zentralen Orten nicht raumverträglich.

2. Das Ergebnis der landesplanerischen Beurteilung der Regierung von Oberbayern weicht von der Stellungnahme des Regionalen Planungsverbands München ab. Dass es sich bei dem Standort des Fachmarktzentrums um eine städtebaulich integrierte Lage handelt, wurde in der Drucksache 8/12 ausführlich begründet (Seite 3 des beiliegenden Gutachtens des Regionsbeauftragten).

Die in der landesplanerischen Beurteilung hinsichtlich der städtebaulich integrierten Lage herangezogenen Kriterien entsprechen nicht der Regelung im LEP B II 1.2.1.2. Danach soll die Ausweisung in städtebaulich integrierte Lage .... erfolgen. Nach der insoweit eindeutigen Begründung sind städtebaulich integrierte „Standorte in einem – insbesondere baulich verdichteten – Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen, die Bestandteil eines planerischen Gesamtkonzepts mit besonderer Berücksichtigung der Aspekte Städtebau, Verkehr sowie Einzelhandel und Dienstleistungen sind". Ein wesentliches Kennzeichen der städtebaulichen Integration eines Standortes ist neben einer den örtlichen Gegebenheiten entsprechenden Anbindung an den ÖPNV auch ein anteiliger fußläufiger Einzugsbereich.

Der auf Seite 7 der landesplanerischen Beurteilung als Voraussetzung genannte baulich verdichtete Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen ist eine Verschärfung der Kriterien für die Annahme einer städtebaulich integrierten Lage. Eine solche Verschärfung ist der Begründung eines Entwurfs des geänderten LEP zu entnehmen.

Auch das Argument, trotz der Einhaltung der im LEP festgelegten maximal zulässigen Abschöpfungsquoten liege eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit umliegender zentraler Orte und der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung vor, weicht von der bisherigen Beurteilungspraxis ab.

Das Ziel des LEP regelt zu den Abschöpfungsquoten zunächst in allgemeiner Form die Sollvorgabe, dass durch Ausweisung von Flächen für die Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich dieser Einrichtungen nicht wesentlich beeinträchtigt werden soll.

Unmittelbar darauf folgt im Text die Konkretisierung: Einzelhandelsgroßprojekte dürfen höchstens 25 % bzw. 30 % (je nach Sortiment) der sortimentsspezifischen Kaufkraft ausschöpfen. Die Abschöpfungsquoten bilden also regelmäßig den Maßstab, ob durch ein solches Einzelhandelsgroßprojekt wesentliche Beeinträchtigungen drohen. Dieser Maßstab ist auch für Kommunen und Projektträger vorhersehbar. Die demgegenüber von der Regierung von Oberbayern in der landesplanerischen Beurteilung herangezogenen Argumente „Zentralitätskennziffern", „Bindungsquoten", sowie weitere ortsplanerische Ausführungen finden im gültigen LEP keine Grundlage.

3. Hinsichtlich beider Voraussetzungen einer Ansiedlung – integrierte Lage und zulässige Abschöpfungsquoten – stellt die landesplanerische Beurteilung eine Änderung der Beurteilungspraxis dar. Die geänderte Praxis kann sich nicht auf den LEP-Entwurf und in Aufstellung befindliche Ziele berufen. Denn sie wären allenfalls Abwägungsmaterial für die kommunale Bauleitplanung.

Folgen für die Stellungnahmen des Planungsausschusses im Raumordnungsverfahren: Der Prüfungsmaßstab zur integrierten Lage, den die Regierung von Oberbayern verwendet hat, entspricht dem Entwurf des LEP: Dort werden für die städtebauliche Integration Standorte innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs vorausgesetzt. Wie oben erläutert, ist das keine notwendige Voraussetzung nach der geltenden Rechtslage, die nur von Standorten in einem Siedlungszusammenhang – insbesondere eines baulich verdichteten – spricht (jeweils Begründungen zum Einzelhandelsziel). Maßgebend für die weitere Beurteilung der integrierten Lage von Einzelhandelsgroßprojekten wird demnach die endgültige Fassung des LEP sein. Sollte die im neuen LEP enthaltene Verschärfung der Standortkriterien für die integrierte Lage vom Ministerrat und dem Landtag beschlossen werden, müsste dem bei künftigen Stellungnahmen Rechnung getragen werden. Solange allerdings die jetzige Rechtslage existiert, soll der Planungsausschuss weiterhin nach den bisher geltenden Kriterien seine Stellungnahme abgeben.

Hinsichtlich des zentralen landesplanerischen Prüfungsmaßstabs der zulässigen Abschöpfungsquoten ergibt sich im neuen LEP gegenüber der jetzt geltenden Rechtslage keine wesentliche Änderung. Schon jetzt heißt es in der Begründung zu B II 1.2.1 zu Absatz 2, die Gemeinden könnten unterhalb der landesplanerisch zulässigen Obergrenze der Abschöpfungsquoten bleiben. Ansonsten muss bei der Stellungnahme des Planungsausschusses schon aus Gründen der Rechtssicherheit für Gemeinden und Projektträger auf diese zulässigen Abschöpfungsquoten abgestellt werden.

4. Die landesplanerische Beurteilung hat die Qualität eines Gutachtens des Freistaats Bayern und greift den kommunalen Bauleitplanverfahren nicht vor. Sie ist gerichtlich nicht überprüfbar. Jedoch führt in der Regel eine negative landesplanerische Beurteilung wegen der Verfahrensrisiken dazu, dass die Gemeinden ihr Projekt anpassen.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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