Sitzung 20. November 2007

Drucksache Nr. 19/07

202. Sitzung des Planungsausschusses, 20.11.2007

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 2 
Errichtung einer Therme und Hotelanlage Hollerner See, Gemeinde Eching, Lkr. Freising

Anlagen:

Stellungnahme des Regionsbeauftragten
Pläne

  

I. VORTRAG

Die Regierung von Oberbayern beteiligt den Regionalen Planungsverband München mit Schreiben vom 17.09.2007 an einem RO-Verfahren für die Errichtung einer Therme und Hotelanlage am nordwestlichen Ufer des Hollerner Sees innerhalb des Gemeindegebiets von Eching, Lkr. Freising. Die Geschäftsstelle hat Terminverlängerung bis zum Tag der Planungsausschusssitzung am 20.11.2007 beantragt.

1. Der 1992 gegründete Zweckverband „Erholungsgebiet Hollerner See Eching/ Unterschleißheim" will auf Echinger Gemeindegebiet am nordwestlichen Ufer des geplanten Hollerner Badesees eine Thermen- und Hotelanlage errichten. Dazu wurden mehrere Standorte geprüft. Nur der Standort im Nordwesten des Hollerner Sees ist Gegenstand des RO-Verfahrens (s. Karte Anlage 2).

Der Kiesabbau im östlichen Teil des Hollerner Sees soll bis 2017 beendet sein und das Abbaugebiet rekultiviert werden. Das Plangebiet für die projektierte Anlage umfasst 7 – 8 ha und wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Die benötigte Fernwärme und das verwendete Thermalwasser soll die im Jahr 2003 in Betrieb gegangene Geothermieanlage in Unterschleißheim liefern.

Gebaut werden soll ein Thermen- und ein Hotelbereich. Im Thermenbereich soll das Thermalbad mit einer Grundfläche von 25x50 m und einer Höhe von 14 m das Hauptgebäude darstellen. Um dieses Hauptgebäude herum gruppieren sich Bademöglichkeiten im Freien, und zwei Nebengebäude jeweils mit einer Grundfläche von 17x45 m. Das Hotel soll 250 Betten umfassen, eine Gastronomie integrieren und eine entsprechende Gebäudeanordnung aufweisen. Die massiven Baukörper sollen gestalterisch in die offene Landschaft eingebunden werden (s. Karten Anlage 2 und 3).

Der Projektantrag geht von ca. 800.000 Besucher/Jahr aus, werktäglich knapp 2000. 80 % davon werden mit dem PKW kommen. Für sie sind auf Parkdecks über 3 Ebenen 800-1000 Stellplätze vorgesehen. Die Erschließung im Individualverkehr soll über die geplante Gemeindeverbindungsstraße zwischen der B 13 und der St 2053 erfolgen. Im öffentlichen Verkehr ist die geplante Therme über den S-Bahnhalt Lohhof und eine Bushaltestelle in 10-20 Minuten Fußweg erreichbar. Eine Erschließung mit Geh- und Radwegen soll in Weiterentwicklung des Konzepts des Münchner Erholungsflächenvereins noch erfolgen.

2. Grundsätzlich stellt die geplante Thermen- Hotel- und Gastronomieanlage eine Verbesserung des Freizeit- und Wirtschaftsstandorts im nördlichen Teil der Region München dar. Der Freizeit- und Erholungswert des Münchner Nordens kann dadurch aufgewertet werden. (siehe Stellungnahme des Regionsbeauftragten S. 2).

Der gemeinsame Siedlungsschwerpunkt Neufahrn b. Freising/Eching kommt als Standort für das Projekt in Frage (RP 14 B III G.3.1), wobei die Ausstattung u.a. der Siedlungsschwerpunkte mit Freizeit- und Naherholungseinrichtungen so ergänzt und verbessert werden soll, dass die nicht unmittelbar auf die freie Natur angewiesenen Aktivitäten vor Ort befriedigt werden können. Hinzu kommt, dass der Bereich Gesundheit/Wellness als zukunftsträchtiger Wirtschaftszweig im Regionalplan München (Kapitel Wirtschaft) in B IV Z 2.11.7 als ein besonders erfolgversprechendes regionales Kompetenzfeld identifiziert wird.

Für eine Therme generell in Anbindung an den Hollerner See spricht auch der Grundsatz RP 14 B III G 3.2, nach dem neue Freizeit- und Erholungseinrichtungen, die an besondere Infrastruktureinrichtungen gebunden sind, bevorzugt in Gebieten mit geringer ökologischer Qualität angelegt werden sollen. Hierzu eignen sich auch bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen mit geringer wirtschaftlicher oder landschaftspflegerischer Wertigkeit sowie Flächen aus einem ehemaligen Kiesabbaugebiet.

Für die generell positive Beurteilung des Projekts spricht auch die Zusammenarbeit der Stadt Unterschleißheim und der Gemeinde Eching in einem Zweckverband Erholungsgebiet Hollerner See.

3. Fraglich ist jedoch, ob der konkrete Standort des Projekts, wie er im RO-Verfahren beantragt ist, mit den regionalplanerischen Zielen übereinstimmt. (Dazu ausführlich Stellungnahme des Regionsbeauftragten S. 3-5).

a) Grundlage der Beurteilung sind vor allem die Normen des Regionalplans zur Nachfolgenutzung für das Vorranggebiet 501 (Kiesabbau), zu den Regionalen Grünzüge und zu Freizeitgroßprojekten. Die wesentlichen Grundsätze und Ziele werden im Folgenden abgedruckt:

  • B IV 2.6.7
     
    Nachfolgefunktionen für Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Durch die Festlegung der Nachfolgefunktion kommt der jeweils getroffenen Aussage für die Nutzung des Gebiets besonderes Gewicht zu.
     
    ...
     
    2.6.7.2.1 Vorranggebiete
     
    Landkreis Freising, VR 501 Erholung, Wassersport – intensive Erholung
     
  • B II Z 4.2.2
     
    Regionale Grünzüge sollen 

    • zur Verbesserung des Bioklimas und zur Sicherung eines ausreichenden Luftaustausches
    • zur Gliederung der Siedlungsräume
    • zur Erholungsvorsorge in Siedlungsgebieten und siedlungsnahen Bereichen 
       

dienen.
 
Die regionalen Grünzüge sollen über die in bestehenden Flächennutzungsplänen dargestellten Siedlungsgebiete hinaus nicht geschmälert und durch größere Infrastrukturmaßnahmen nicht unterbrochen werden. Planungen und Maßnahmen in regionalen Grünzügen sollen im Einzelfall möglich sein, soweit die jeweilige Funktion gemäß Absatz 1 nicht entgegensteht. 
 
Als regionale Grünzüge werden festgelegt:
 
...
  

    • Grüngürtel München-Nord/Heideflächen und Trockenwälder
    • München-Nord (4).
       
  • B III Z 4.2.3
     
    Freizeitgroßprojekte sollen auf städtebaulich integrierte Lagen des Oberzentrums München, des möglichen Oberzentrums Freising, der Mittelzentren und nachrangig auch auf städtebaulich integrierte lagen einzelner Siedlungsschwerpunkte gelenkt werden. Eine Abweichung davon soll nur möglich sein, wenn
     
    • es sich um großflächige Einrichtungen handelt (z.B. Freizeitpark), die städtebaulich nicht integrierbar sind, und
    • die umgebende Raum- und Nutzungsstruktur nicht entgegensteht.

 

b) Die Prüfung des Projekts am Maßstab der Ziele und Grundsätze des Regionalplans ergibt:

  • Die festgelegte Nachfolgenutzung für den Kiesabbau steht dem Projekt nicht entgegen. Der Begriff intensive Erholung deckt die projektierte Nutzung als Therme ab.
     
  • Jedoch steht die konkrete Lage des Projekts am nordwestlichen Ufer des Hollerner Sees dem Ziel des Regionalplans zu den Regionalen Grünzügen entgegen. Die Lage des Standorts in freier Landschaft zwischen den Orten Unterschleißheim und Eching (700 m Luftlinie bzw. 1500 m Luftlinie Abstand) liegt im westlichen Teil des Regionalen Grünzugs Nr. 4 (siehe Karte Anlage 4).
     
    Von den drei Funktionen des Grünzugs ist zum einen die klimatische Funktion betroffen, zum anderen die Gliederung der Siedlungsräume. Es ist nicht dargelegt, dass die Kaltluftventilation im Grünzug durch den geplanten massiven baulichen Komplex nicht erheblich vermindert wird. Vor allem aber unterbrechen die geplanten baulichen Anlagen mit einem Flächenumgriff von 7-8 ha den Regionalen Grünzug und stellen eine größere Infrastrukturmaßnahme dar. Sie stehen der Gliederung der Siedlungsräume in diesem Bereich entgegen und können deshalb auch nicht im Einzelfall als vereinbar mit dieser Funktion des Regionalen Grünzugs angesehen werden. Demgegenüber steht die Grünzugfunktion der Erholungsvorsorge in Siedlungsgebieten und siedlungsnahen Bereichen dem Projekt nicht entgegen. Denn die Nutzung des Hollerner Sees für die Allgemeinheit wird dadurch nicht verhindert. Das belegen die Pläne des Erholungsflächenvereins, am Südufer und Ostufer des Sees ein Erholungsgebiet zu bauen.
     
  • Eine andere Beurteilung ergibt sich auch dann nicht, wenn man das Projekt an den im Kapitel Freizeit und Erholung normierten Ziel B III Z 4.2.3 mißt. Zwar kann nach diesem Ziel eine Abweichung einer integrierten Lage (die hier nicht vorliegt) möglich sein, wenn es sich um eine großflächige Einrichtung handelt, z.B. Freizeitpark, die städtebaulich nicht integrierbar ist. Das Projekt erreicht noch nicht die Größenordnungen, die in der Begründung zum Regionalplan für ein Freizeitgroßprojekt genannt werden. Es ist aber von seiner Struktur her einem Freizeitgroßprojekt zumindest gleichzustellen. Denn es bietet innerhalb eines Komplexes eine Vielzahl von Freizeitaktivitätsunterhaltungs- und Gastronomieeinrichtungen, die auch mit Handels- und Dienstleistungsangeboten kombiniert sein können (vgl. Regionalplan München B III 4.2 Fußnote 1: Definition eines Freizeitgroßprojekts).
     
    Jedoch ist weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer nicht integrierten Lage eines solchen Freizeitgroßprojekts, dass die umgebende Raum- und Nutzungsstruktur nicht entgegensteht. Zur umgebenden Raumstruktur ist der regionale Grünzug zwischen Eching und Unterschleißheim zu zählen (s.o.). Deshalb sind die Voraussetzungen des Ziels nicht erfüllt.
     
  • Allerdings befindet sich der geplante Standort nicht mittig im Regionalen Grünzug, sondern liegt in seinem westlichen Teil. Falls der Standort um ca. 150 - 200 m nach Südwesten am Ufer des Hollerner Sees verschoben wird, kann von einer Randlage des Projekts im Regionalen Grünzug ausgegangen werden. Eine solche Verschiebung nach Westen wäre aus regionalplanerischer Sicht auch besser als der in den Raumordnungsunterlagen ebenfalls geprüfte Standort 3 zu beurteilen. Der Standort 3 liegt ebenfalls im Regionalen Grünzug und nicht am Rande des Regionalen Grünzugs. Eine Verschiebung des Projektstandorts nach Westen hätte demgegenüber folgende Vorteile:
     
    • Die Randlage des Projekts im Regionalen Grünzug steht der Funktion der Siedlungsgliederung dann nicht mehr entgegen.
    • Der Nachweis, dass die Kaltluftventilation im Grünzug insgesamt durch den im Rand liegenden Projektstandort nicht gefährdet ist, wird erleichtert.
    • Die verkehrliche Anbindung wird verkürzt. Damit einher geht ein geringerer Flächenverbrauch und Vorteile der Erreichbarkeit von allen Seiten.
    • Die Energieverluste auf dem Transportweg der Wärme- bzw. des Thermalwassers vom Förderpunkt in Unterschleißheim werden vermindert.

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass der Regionale Grünzug westlich des Hollerner Sees nicht bis an die B 13 heranreicht (siehe Anlage 4).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der im RO-Verfahren befindliche Standort des Projekts am nordwestlichen Ufer des Hollerner Sees nicht mit den Zielen des Regionalplans übereinstimmt. Falls der Standort des Projekts um ca. 150 - 200 m nach Südwesten verschoben wird, stünde die Funktion der Siedlungsgliederung des Regionalen Grünzugs dem Vorhaben nicht mehr entgegen. Die Funktion der Erholungsvorsorge ist ebenfalls nicht nachteilig berührt. Dass die Kaltluftventilation im Grünzug durch das Projekt in der Randlage nicht erheblich vermindert wird, muss noch dargelegt werden.

4. Soweit der Geschäftsstelle bekannt, haben folgende Mitglieder des Regionalen Planungsverbands Stellungnahmen zum Projekt im RO-Verfahren abgegeben:

Die Stadt Unterschleißheim und die Gemeinde Eching betonen die positiven Wirkungen des Projekts und erheben keine Bedenken gegen die Planung.

Die Gemeinde Fahrenzhausen und die Stadt Freising tragen ebenfalls keine Bedenken vor. Die Gemeinde Haimhausen ist grundsätzlich mit dem Vorhaben einverstanden, weist aber auf ein mögliches erhöhtes Verkehrsaufkommen hin und fordert entsprechende Maßnahmen. Die eigenen Pläne von Haimhausen für eine geothermische Nutzung dürfen durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt werden.

Die Stadt Erding lehnt das Projekt ab. Die Gemeinde Eching sei als Siedlungsschwerpunkt für eine solche Thermen- und Hotelanlage in der beantragten Größenordnung nach dem LEP nicht geeignet. Im Großraum München bestehe derzeit schon ein Überangebot an Bädern, insbesondere wenn geplante Projekte mit berücksichtigt würden. In dieser Wettbewerbssituation habe das Projekt Hollerner See wenig Chancen auf einen wirtschaftlichen Erfolg. Die wirtschaftlichen Bedingungen seien jedoch auch im Rahmen einer landesplanerischen Beurteilung zu berücksichtigen.

 

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Das Projekt einer Freizeiteinrichtung mit Therme und Hotel am Hollerner See wird vom Regionalen Planungsverband grundsätzlich begrüßt.

  3. Der im RO-Verfahren einzig befindliche Standort des Projekts im Nordwesten des Hollerner Sees steht dem Ziel des Regionalplans zu den Regionalen Grünzügen, B II Z 4.2.2 entgegen, weil die projektierte Anlage mit einer massiven Bebauung den dort ausgewiesenen Grünzug als größere Infrastrukturmaßnahme unterbricht.
    Falls der Standort des Projekts um ca. 150 - 200 m nach Südwesten entlang des Hollerner Sees verschoben wird, stünde die siedlungsgliedernde Funktion des Regionalen Grünzugs dem Vorhaben nicht entgegen, weil es dann am Rande des Regionalen Grünzugs läge. Auch die Erholungsfunktion des Grünzugs ist nicht nachteilig berührt. Im weiteren Verfahren muss dargelegt werden, dass durch das Projekt am Rand des Grünzugs die Kaltluftventilation nicht erheblich vermindert wird.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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