255. Sitzung des Planungsausschusses am 18.02.2020
V O R L A G E
des Verandsvorsitzenden an den Planungsausschuss
TOP 1
Bevölkerungsvorausberechnung des Freistaats Bayern 2018 – 2038
Anlage: Karten und Diagramme, Seiten 1 bis 8
I. VORTRAG
Der Freistaat Bayern hat die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern 2018 bis 2038 veröffentlicht. Danach hält die positive Bevölkerungsentwicklung in vielen Teilen Bayerns bis 2038 an. In vielen ländlichen Gebieten im Norden und Osten Bayerns reichen jedoch Wanderungsgewinne nicht aus, um den Sterbefallüberschuss auszugleichen. Alle Teile der Region München wachsen deutlich, aber auch der gesamte Großraum München.
1. Annahmen des stat. Landesamts für die Bevölkerungsvorausberechnung
Diese Annahmen betreffen die Fertilität, die Mortalität der Bevölkerung, die Binnenwanderung innerhalb Bayerns sowie die Außenwanderung mit dem restlichen Deutschland und dem Ausland.
a. Geburten
Die sog. zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) gibt an, wieviel Kinder eine Frau durchschnittlich im Lauf des Lebens hat. Sie ist von 1,36 im Jahr 2011 auf 1,55 im Jahr 2018 in Bayern gestiegen Die Prognose nimmt von 2018 bis 2028 eine insgesamt leicht rückläufige Entwicklung der Geburtenraten auf den langfristigen Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2017 an (1,52). Für die Phase von 2028 bis 2038 wird diese Geburtenrate dann konstant gehalten. Darüber hinaus wurde berücksichtigt, dass das Alter der Mütter bei der Geburt auch weiterhin moderat ansteigen wird.
b. Mortalität
Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt wird bis zum Jahre 2038 mit 81,6 Jahren bei den Männern (plus 2,3 Jahre seit 2018) und 85,6 Jahren bei den Frauen (plus 1,9 Jahre seit 2018) angenommenNach 2018 bis 2038 öffnet sich die Schere zwischen der Zahl der Geburten und der Sterbefälle deutlich. Die Prognose nimmt bis 2038 für ganz Bayern ein Geburtendefizit gegenüber den Sterbefällen von durchschnittlich 25.000 Personen pro Jahr an (Anlage, Seite 3 unten). Lediglich in der Landeshauptstadt München, den Landkreisen Freising, Eichstätt und Erding und den Städten Rosenheim, Regensburg, Ingolstadt und Erlangen wird bis 2038 ein Geburtenüberschuss prognostiziert.
c. Binnenwanderung innerhalb Bayerns
Das Binnenwanderungsverhalten zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten in Bayern wird grundsätzlich auf Grundlage der tatsächlichen Wanderungsbewegungen zwischen 2011 und 2018 modelliert.
d. Außenwanderung Bayerns mit Bund und Ausland (Anlage, Seite 3 oben)
Diese Annahmen sind im Vergleich zu den anderen angenommenen Komponenten mit den größten Unsicherheiten behaftet. Im Ergebnis nimmt das Statistische Landesamt an, dass sich der Saldo gegenüber den anderen Bundesländern Deutschlands bis 2038 in etwa auf dem durchschnittlichen Niveau der Jahre 2014 bis 2018 bewegt (das bedeutet ca. 6.500 Personen mehr pro Jahr).
Bei der Auslandswanderung wird insgesamt ein jährliches Saldo von ca. 44.000 Personen pro Jahr angenommen. Das entspricht dem durchschnittlichen Saldo der Jahre 2006 bis 2018, ohne die Jahre 2015 und 2016.
2. Übersicht über die Bevölkerungsentwicklung Bayerns (s. Anlage, Seite 1 – 3)
Insgesamt wird Bayern durch die Wanderungsgewinne aus dem Ausland von 13,08 Mio. Einwohnern in 2018 auf voraussichtlich 13,60 Mio. Einwohner 2038 zunehmen (das entspricht 4 % über den gesamten Zeitraum). Bayern würde ohne Zuwanderung wegen des seit längerer Zeit bestehenden Geburtendefizits schrumpfen. Dennoch wird die relativ geringe Bevölkerungszunahme bis 2038 nicht verhindern können, dass sich die Altersstruktur in Bayern drastisch wandelt. Auch wenn das Durchschnittsalter der Zuwanderer deutlich geringer ist als das Durchschnittsalter der Bestandsbevölkerung, so werden doch die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer-Generation (Geburtsjahrgänge ca. 1959 bis 1969) im Jahr 2038 den Altersdurchschnitt stark anheben. Das Durchschnittsalter im Freistaat Bayern steigt von jetzt 43,8 Jahren auf 45,9 Jahre im Jahr 2038 an.
Gleichzeitig ist die Bevölkerungszunahme nicht gleichmäßig in Bayern verteilt. Aufgrund der unterschiedlichen Zuwanderung und der jetzigen Altersstruktur der Landkreise und Städte profitieren von der Zuwanderung vor allem der Süden Bayerns und der Raum an einer Achse Dingolfing – Landau, Regensburg bis hinauf in den Raum Nürnberg und Erlangen. Räume vor allem im Norden und Nordosten Bayerns verlieren Einwohner bis 2038 und altern stärker als die Zuzugsregionen.
3. Bevölkerungsentwicklung in der Region München (s. Anlage, S. 4 – 8)
Insgesamt nimmt nach den Prognosen die Bevölkerung der Region München von 2,9 Mio. Einwohner 2018 auf 3,17 Mio. Einwohner im Jahr 2038 zu (+ 269.000 Einwohner – entspricht ca. 9 % Wachstum in 20 Jahren). Betrachtet man die Teilräume der Region München, so unterscheiden sich die demographischen Veränderungen in der Stadt München und den Landkreisen des Umlands deutlich (Anlage, Seite 6 bis 8). Insgesamt wachsen bis 2038 prozentual am schnellsten die Landkreise Dachau, Ebersberg und Erding mit ca. 12,5 %. Die Landeshauptstadt und die Landkreise München und Fürstenfeldbruck mit 8,6 % bis 9,6 % folgen. Die Landkreise Landsberg am Lech, Starnberg und Freising wachsen um 5,5 % bis 7,5 %.
Das Durchschnittsalter steigt in der Stadt München und den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Starnberg, München und Ebersberg wenig an, in den Landkreisen Landsberg am Lech, Freising, Erding und Dachau deutlich stärker.
Die junge Bevölkerung bis 17 Jahre wächst ähnlich wie die Bevölkerung insgesamt – am schnellsten in Ebersberg, LH München, Landkreis Dachau, Landkreis München und Landkreis Fürstenfeldbruck; schwächer im Landkreis Erding, deutlich schwächer in den Landkreisen Freising, Starnberg und Landsberg am Lech. Demgegenüber bleibt das Wachstum der Älteren über 65 Jahre in der Stadt München am geringsten (29 %). Zu dieser Gruppe gehören noch die Landkreise Fürstenfeldbruck, Starnberg und München. Die Landkreise Landsberg am Lech, Freising und vor allem Erding wachsen mit über 50 % dieser Bevölkerungsgruppe bis 2038 sehr stark, Ebersberg und Dachau rangieren dazwischen. Nach absoluten Zahlen wird die LH München geringfügig stärker wachsen als das Umland (136 Tsd. gegenüber 133 Tsd.).
Die insgesamt positive demographische Entwicklung der Region München beim Altersdurchschnitt und dem Altersaufbau der Bevölkerung bedeutet auch eine relativ gute Tragfähigkeit für die sozialen Sicherungssysteme. Sie ist nicht einem besonders starken eigenen Geburtenverhalten in der Region München zu verdanken. (Die für 2038 prognostiziert jüngste Stadt München liegt bei den Geburtenziffern deutlich unter allen Landkreisen der Region, Anlage, Seite 8 unten). Vielmehr weist die Region München eine sehr altersselektive Zuwanderung auf (vor allem im Alter zwischen 18 und 30 Jahren). Hinzu kommt, dass zugewanderte Frauen aus dem Ausland wiederum höhere Geburtenraten als Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit aufweisen.
4. Fazit
Die oben geschilderten Annahmen des Freistaats Bayern sind im Vergleich zu den jüngeren Zuwanderungszahlen relativ zurückhaltend und konservativ gerechnet. Aufgrund der großen Unsicherheit bei der Annahme insbesondere der Auslandszuwanderung ist eine solche Bevölkerungs-vorausberechnung notwendigerweise in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Das statistische Landesamt macht dies inzwischen jährlich. Eine geänderte Entwicklung im Lauf mehrerer Prognosen ist kein Argument gegen eine solche Bevölkerungsvorausberechnung – das Statistische Landesamt legt die Berechnungsgrundlagen transparent dar.
Weniger unsicher ist das Geburtendefizit seit ca. 2000 in Bayern insgesamt. Es liegt einerseits an einer sehr geringen Fertilitätsrate von 1,55 Geburten je Frau (2,0 bis 2,1 wären notwendig, um den Bestand der Bevölkerung zu erhalten), andererseits am Altersaufbau der Gesellschaft.
Die jüngeren Jahrgänge bis ca. 40 Jahren sind schwach besetzt, weil die zu niedrigen Geburtenziffern je Frau schon eine ganze Weile anhalten. Selbst bei steigenden Geburtenziffern sind deshalb keine signifikant höheren Geburtenzahlen zu erwarten. Die Sozial- und Alterssicherungssysteme werden in den nächsten 40 Jahren stark belastet, weil die Babyboomer die Bevölkerungspyramide durchwandern und in den nächsten Jahren anfangen, in Rente zu gehen – diesen Jahrgängen stehen keine entsprechend großen Jahrgänge im aktiven Berufsleben gegenüber.
In der Region München stellen sich die Verhältnisse im Altersaufbau etwas positiver dar, ausschließlich aufgrund der selektiven Zuwanderung aus dem Ausland von jungen Menschen. Die Region München wird im Jahr 2038 eine der jüngsten Regionen nicht nur Bayerns, sondern ganz Deutschlands sein. Die Landeshauptstadt München die jüngste Großstadt.
Für die Zunahme um ca. 269.000 Menschen bis 2038 benötigt die Region München selbstverständlich auf allen Ebenen der Infrastruktur, der Versorgung und insbesondere im Wohnungsbau große AnstrengungenII. II.
II. BESCHLUSSVORSCHLAG
Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.
i.A.
Breu
Geschäftsführer