261. Sitzung des Planungsausschusses am 31.03.2022
V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsauschuss
TOP 4
Änderung des Landesentwicklungsprogramms
- Stellungnahme des RPV München zum Entwurf
Anlagen:
1. Zusammenfassung des PV
2. Lesefassung des LEP mit Änderungen
3. Flächennutzung mit Maß und Ziel
I. VORTRAG
Der Freistaat Bayern / Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie beteiligte den Regionalen Planungsverband München (RPV) am 20.12.2021 zum Entwurf der LEP-Änderung vom 14.12.2021.
Einen Überblick über die vorgeschlagenen Änderungen gibt als Anlage 1 das Informations-Papier des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München (PV). Von den Unterlagen, die der Beteiligung zugrunde liegen, ist als Anlage 2 die Lesefassung, in der die geplanten Änderungen kenntlich gemacht wurden, beigefügt.
Die vollständigen Unterlagen sind unter www.landesentwicklung-bayern.de einsehbar.
Frist zur Abgabe der Stellungnahme ist der 01.04.2022. Die Gemeinden und Landkreise der Region München werden selbst beteiligt. Der RPV nimmt deshalb aus regionalplanerischer Sicht Stellung, er bündelt nicht die Stellungnahmen seiner Mitglieder.
Der Entwurf einer LEP-Änderung zielt vor allem auf die Themenfelder
Der Freistaat Bayern möchte mit der Fortschreibung des LEP auch die Flächensparoffensive weiterführen und möglichst krisenfeste Raumstrukturen schaffen, die Chancen der Digitalisierung besser nutzen und auch die Gestaltungsmöglichkeiten der Regionalplanung erhöhen.
1. Zum Thema Klimaschutz sollen drei Grundsätze ins LEP aufgenommen werden (LEP-E 1.3.1). Danach soll bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen auf Klimaneutralität in Bayern hingewirkt werden. Die Klimafunktionen der natürlichen Ressourcen, insbesondere des Bodens und weiterer Naturräume der Landschaft sollen als speichernde, regulierende und puffernde Medien erhalten und gestärkt, soweit erforderlich wieder hergestellt, werden.
In den Regionalplänen können – Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den Klimaschutz festgelegt werden.
Die räumlichen Auswirkungen von Klimaänderungen sollen bei allen Planungen und Maßnahmen berücksichtigt werden (LEP-E 1.3.2). Klimarelevante Freiflächen (Grün- und Wasserflächen auch im Innenbereich von Siedlungsflächen zur Verbesserung der thermischen und lufthygienischen Belastungssituation) sollen neu angelegt, erhalten, entwickelt und von Versiegelung freigehalten werden.
In den Regionalplänen sind Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Anpassung an den Klimawandel festzulegen.
Aus regionalplanerischer Sicht sind die beschriebenen Grundsätze zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel ein wichtiger Baustein zur Abwägung der unterschiedlichen Interessen im Regionalplan. Damit werden im LEP-E grundsätzliche Vorgaben der Raumordnung im Landesplanungsgesetz konkretisiert (siehe Art. 6 BayLplG, Grundsätze der Raumordnung, Abs. 2 Ziffer 8 – Ökologische Funktionen des Raums). Die genannten Grundsätze sind Aussagen, die einerseits bei der Festlegung von regionalplanerischen Grundsätzen und Zielen in die Abwägung mit anderen Belangen einfließen, die aber auch andererseits unmittelbare Auswirkungen auf die kommunale Planung haben – aber auch dort in die Abwägung eingestellt werden können.
Der RPV erhält die Möglichkeit Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den Klimaschutz festzulegen. Dies könnte Flächen als Kohlenstoffspeicher oder –senken betreffen. Einzelheiten stehen noch nicht fest – das LEP verweist auf die Hinweise aus den staatlichen Ressorts.
Anders als bei den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den Klimaschutz müssen in den Regionalplänen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Anpassung an den Klimawandel festgelegt werden. Hierbei sind ausweislich der Begründung (Anlage 2, Seite 25) vor allem Frischluft- und Kaltluftentstehungsgebiete sowie Luftleitbahnen gemeint, die die bioklimatische und lufthygienischen Belastungen im Siedlungsraum verringern können. Diese Ziele bzw. Funktionen solcher Vorrang- und Vorbehaltsgebiete sind im Regionalplan München allerdings bereits sehr umfassend mit den Grünzügen abgedeckt.
Die vorgeschlagene Norm LEP-E 1.3.2, 3. Absatz Z, sollte also ergänzt werden und lauten: „In den Regionalplänen sind Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Anpassung an den Klimawandel festzulegen, soweit diese Belange nicht schon als Funktionen der Regionalen Grünzüge ausgewiesen sind.“
2. Auch die Raumstrukturen des LEP, insbesondere die Gebietskategorien sollen geändert werden (LEP-E 2.2). Nach der Begründung zu 2.2.1 (Seite 51 der Lesefassung) sind für die Zuordnung zu einer Gebietskategorie drei Kriterien maßgeblich:
Die Landesdurchschnitte zur Fortschreibung lauteten (Auskunft des Staats-
ministeriums:
Generell ist hinsichtlich einer solchen Zuordnung von Gemeinden in ländliche bzw. Verdichtungsräume zu kritisieren, dass ihr keine konzeptionelle Idee zur Entwicklung der Gemeinden zugrunde liegen. Die Kriterien (s. o.) schreiben mit scheinbarer mathematischer Genauigkeit und bayernweit einheitlichen Formeln den Status quo aus dem Jahr 2020 fest. Zukünftige demographische Entwicklungen, die ja aufgrund der Altersstruktur der Gemeinden mehr oder weniger zwangsläufig sind, werden nicht berücksichtigt.
3. Die Kriterien für eine Zuordnung umfassen nicht die konkrete Lage einer Gemeinde im Raum.
a) In der Region München sollen sieben Gemeinden, die bisher dem Verdichtungsraum angehörten, künftig dem allgemeinen ländlichen Raum zugeordnet werden: Hebertshausen und Vierkirchen aus dem Landkreis Dachau; Ottenhofen und Wörth aus dem Landkreis Erding; Alling, Kottgeisering und Schöngeising aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck. Alle diese Gemeinden sind einem sehr hohen Siedlungsdruck ausgesetzt und haben einen großen Bedarf an Wohnbau (das gilt für die gesamte Region München, und sicher nicht in allen Teilen Bayerns). Die Situation für Wohnungssuchende in der Region München ist schwierig. Strukturdaten wie Grundstückspreise, Lebenshaltungskosten, Ausgaben für Kinderbetreuung und Bildung, etc. unterscheiden sich kaum von umgebenden Gemeinden im „Verdichtungsraum“.
Gemeinden befürchten zum Teil, dass sie durch die Zuordnung zum ländlichen Raum weniger Entwicklungsmöglichkeiten haben als bisher, was ihrer konkreten Lage und Funktion innerhalb der Region München nicht entspricht.
b) Hinsichtlich der Zuordnung der Gemeinden zum ländlichen oder Verdichtungsraum sollte also der vorliegende Entwurf nicht beschlossen werden. Vorgeschlagen wird ein Moratorium für die Gemeinden in der Region München mit dem Ziel, die Ausweisungskriterien zur Einstufung in ländliche / Verdichtungsräume an die konkrete räumliche Situation der Regionen anzupassen. Jedenfalls sollen die Gemeinden der Region München, die aus dem Verdichtungsraum in den ländlichen Raum umgruppiert werden sollen, zunächst im Verdichtungsraum bleiben.
c) Umgekehrt ist es sicher sinnvoll, weitere Gemeinden im Großraum München dem Verdichtungsraum zuzuordnen (Oberding im Landkreis Erding; Eching am Ammersee, Greifenberg, Schondorf, Utting am Ammersee im Landkreis Landsberg sowie Inning am Ammersee). Das entspricht ihrer Lage und der Entwicklung der Region München, die sich nicht nur im Nordosten der Region verstärkt, sondern auch zunehmend durch die Fertigstellung der Autobahn A 96 in Richtung Landsberg. Hinzu kommt der absehbare Beitritt des Landkreises Landsberg am Lech in den MVV, wodurch sich die Entwicklungsgeschwindigkeit der Gemeinden im Landkreis Landsberg erhöhen wird.
4. Zur nachhaltigen und ressourcenschonenden Siedlungsentwicklung (LEP-E 3.1) und zum Flächensparen wird als Grundsatz das früher als Harmonisierungsgebot genannte Prinzip, dass die Entwicklung von Flächen für Wohnzwecke, gewerbliche Zwecke und für Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen abgestimmt erfolgen soll, in die Teilfortschreibung aufgenommen.
Das entspricht den Festlegungen im Regionalplan München. Der RPV hat am 25.06.2019 Forderungen nach einer Flächennutzung mit Maß und Ziel beschlossen. Zentrale Elemente sind, als Maßstab für eine nachhaltige Flächennutzung tatsächlich versiegelte Flächen zu verwenden, die kommunale Planungshoheit zu erhalten und eine effiziente Flächennutzung anzustreben (siehe Anlage 3).
Die ebenfalls als Grundsatz normierte abgestimmte Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung (3.1.2 LEP-E) fordert eine regionale und interkommunale Abstimmung der Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung sowie die Ausweisung neuer Siedlungsflächen vorrangig an Standorten mit leistungsfähigem ÖPNV-Anschluss.
Das entspricht ebenfalls den Zielen und Grundsätzen im Regionalplan München. Zu begrüßen ist, dass diese Entwicklung nicht mehr nur an schienengebundenen ÖPNV in Verdichtungsräumen gilt – früheres Ziel 2.2.8, sondern generell und auch im ländlichen Raum. Das Kriterium eines schienengebundenen ÖPNV entfällt. Das macht Sinn, denn so können die vorhandenen und geplanten Busnetze sowie neue Strukturen wie der Schnellbusring um München berücksichtigt werden. Hinzu kommt, dass der Bedarf an Wohnraum für Einwohner in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten schwerlich durch Wohnungsbau allein in den Gemeinden mit Schienenhaltepunkten realisiert werden kann.
Die Aufforderungen 3.1.3, 2. Absatz, durch ein Ziel, Siedlungsfreiflächen als Trenngrün festzulegen, ist im Regionalplan für die Region München schon seit langem realisiert worden.
Das Ziel Z 3.2 Innenentwicklung vor Außenentwicklung soll verschärft werden. Vorhandene Potentiale der Innenentwicklung sind zukünftig danach nicht „möglichst“, sondern „vorrangig“ zu nutzen. Ausnahmen sind zulässig, wenn Potentiale der Innenentwicklung nachweislich nicht zur Verfügung stehen. Das neu eingefügte Wort „nachweislich“ führt, wenn man der Begründung folgt, zu einer erheblichen Verschärfung dieses Ziels Innen vor Außen. Zusätzlich zu dem bisher schon geforderten Flächenmanagement (systematisch Erfassen und Nachweis der verschiedenen Flächenpotentiale und Abgleich mit den Bedarfen) werden jetzt zudem mittel- und langfristige Strategien und Maßnahmen für die Aktivierung der ermittelten Flächenpotentiale und regelmäßige Kontaktaufnahme und Einbeziehung von Eigentümern gefordert.
Nachweislich nicht zur Verfügung stehen dann Potentiale für Innenentwicklung nach dem Entwurf, wenn die Gemeinde Strategien für die eine Aktivierung entwickelt und umgesetzt hat, diese Bemühungen jedoch erfolglos geblieben sind. Es ist unklar welche Strategien aus Sicht der Landesplanung dort gemeint sind und es ist weiterhin unklar, nach welchen Kriterien diese Bemühungen als erfolglos gewertet werden sollen. Der bisherige Satz in der Begründung lautetet: „Potentiale der Innenentwicklung stehen nicht zur Verfügung, wenn wegen gegenläufiger Eigentümerinteressen eine gemeindlich geplante bauliche Nutzung faktisch nicht der Innenentwicklung zugeführt werden kann.“
Gemäß Regionalplan München B II Z 4.1 sind bei der Siedlungsentwicklung die Möglichkeiten der Innenentwicklung, d. h. Flächen innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile und die im Flächennutzungsplan dargestellten Flächen vorrangig zu nutzen. Eine darüber hinausgehende Entwicklung ist nur zulässig, wenn auf diese Potentiale nicht zurückgegriffen werden kann.
Der Vorschlag des geänderten LEP-Ziels 3.2 sollte nicht in das LEP übernommen werden. Vielmehr sollte es bei der bisherigen Formulierung und der bisherigen Begründung bleiben. Es macht aus regionalplanerischer Sicht keinen Sinn, über die im Regionalplan München hinausgehende Regelung von Gemeinden einen erheblichen bürokratischen Aufwand zu fordern und ggf. jahrelange Rechtsstreitigkeiten mit den Eigentümern über Bauzwänge und Enteignungen zu führen. Die Formulierung im Regionalplan München ist auch deshalb sinnvoll, weil die Flächennutzungspläne ja bereits vom Staat nach einem aufwendigen planerischen Verfahren fachlich und rechtlich überprüft worden sind. Diesen Flächen im Flächennutzungsplan das Merkmal der Innenentwicklung abzusprechen, konterkariert Anstrengungen der Gemeinden, eine vernünftige Ortsentwicklung zu betreiben.
5. Die drei Ausnahmen vom Anbindegebot im LEP 3.3 sollen entfallen: Gewerbe- oder Industriegebiet an einer Autobahnanschlussstelle, vergleichbaren Straßen oder an einem Gleisanschluss; ein Gewerbe- oder Industriegebiet in interkommunaler Planung, das nicht angebunden ist; eine überörtliche raumbedeutsame Freizeitanlage. Die beiden ersten Ausnahmen hat der RPV bereits am 18.10.2016 (Drucksache 7/16) kritisch gesehen. Die Verbandsvorsitzenden der Regionalen Planungsverbände waren sich in einer Besprechung am 04.10.2016 einig, dazu nicht nur eine rein ablehnende Stellungnahme abzugeben, sondern darauf zu pochen, dass die Regionalen Planungsverbände Planungen aufgrund der beiden Ausnahmen zustimmen müssen. Das wurde im LEP jedoch nicht vorgesehen.
Gegen die Streichung der drei Ausnahmen bestehen demnach keine regionalplanerischen Bedenken.
Gemäß § 3 a Übergangsregelung zum Anbindegebot der Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern ist vorgesehen, dass für Bauleitplanungen, deren Aufstellungsbeschluss vor dem 14.12.2021 (= Ministerratsbeschluss) gefasst wurde oder deren Beteiligungsverfahren schon abgeschlossen war (gem. § 4 Abs. 1 BauGB), die drei genannten Ausnahmen vom Anbindegebot bis zum 31.12.2028 fortgelten.
6. Die Ergänzung der Verkehrsinfrastruktur durch neue Mobilitätsformen gemäß Ziffer 4.1.1 Abs. 2 LEP durch einen entsprechenden neuen Grundsatz wird begrüßt. Diese neuen Mobilitätsformen sollen stark belastete Infrastrukturen entlasten sowie tragfähige Alternativen zu den bestehenden Verkehrsträgern darstellen: z. B. Standseilbahnen, elektrisch betriebene senkrecht startende Fluggeräte. Sie sollen den ÖPNV ergänzen und stärken.
Der Regionale Planungsverband München weist darauf hin, dass für solche neuen Mobilitätsformen auch eine angepasste und verträgliche Infrastruktur zur Verfügung gestellt bzw. ausgebaut werden muss - damit neue Mobilitätsformen auch tatsächlich erprobt und umgesetzt werden können.
7. Für die Belange der Kommunen in der Region München wichtig ist der Grundsatz G 7.2.2, wonach Tiefengrundwasser besonders geschont und für die Trinkwasserversorgung nur im zwingend notwendigen Umfang genutzt werden soll. Darüber hinaus soll es nur für solche Zwecke genutzt werden, die für seine speziellen Eigenschaften notwendig sind. Auch wenn diese Norm nur als Grundsatz formuliert ist und damit einer Abwägung zugänglich ist, besteht doch die Gefahr, dass die Trinkwassergewinnung für etliche Gemeinden in der Region München deutlich erschwert und teurer wird. Die damit angestrebte starke Beschränkung der Entnahmen von Tiefengrundwasser ist in Bereichen der Region München, die keinen guten Zugang zu Oberflächengrundwasser haben, sehr problematisch. Es ist auch schwer zu verstehen, weshalb die privatwirtschaftlichen Nutzungen von Tiefengrundwasser wie z. B. Heilwasser, Mineralwasser, Thermalwasser einschließlich der Nutzung von Tiefengeothermie – und nicht zu vergessen zur Bierproduktion – einen höheren Stellenwert als die öffentlich-rechtliche Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser haben soll. Eine solche ungleiche Behandlung entspricht nicht den Interessen einer öffentlichen und kommunalen Wasserversorgung. Die Verschärfung dieses Grundsatzes soll nicht im LEP beschlossen werden.
8. Handlungsaufträge und Möglichkeiten in den Regionalplänen
Die Übersicht in Anlage 1 (Seite 11/12) gibt die unterschiedlichen neuen Gestaltungsmöglichkeiten für die Regionalplanung wieder:
II. BESCHLUSSVORSCHLAG
1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.
2. Der RPV München gibt als Stellungnahme zu einem Entwurf für die Änderung des Landesentwicklungsprogramms die Drucksache 4/22 in der Fassung der Planungsausschusssitzung am 08.03.2022 ab.
i.A. Breu
Geschäftsführer