Sitzung 5. Juli 2022

Drucksache 11/22

262. Sitzung des Planungsausschusses am 05.07.2022

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungssauschuss

TOP 3
Energiegewinnung in der Region München

- Sachstand und Ermittlung künftiger Potentiale

I. VORTRAG

Die Struktur des Bayerischen Energieverbrauchs und der Energieerzeugung in der Region München ist unter 1. beschrieben. Unter 2. geht es um künftige Potentiale in der Region München, sowie um ihre Ermittlung.

1. Struktur des bayerischen Energieverbrauchs (Quellenverzeichnis – siehe Seite 6 der Drucksache)

Das Energieflussdiagramm des LfU illustriert die verschiedenen Anteile zu Herkunft und Verwendungszweck des bayerischen Energieverbrauchs. Demnach wird knapp ein Fünftel des bayerischen Primärenergieverbrauchs innerhalb Bayerns erzeugt, rund vier Fünftel werden über Energieimporte abgedeckt.

Beim Primärenergieverbrauch stellen Mineralöle und Mineralölprodukte mit rund 37 % den größten Anteil, gefolgt von Erdgas (23 %) und Erneuerbaren Energien (22 %). Auch die Kernenergie spielt mit 13 % noch eine nennenswerte Rolle. Demgegenüber sind mit jeweils gut 2 % Kohlen und Sonstige Energieträger (z.B. nicht biogene Abfälle, Fernwärme) deutlich untergeordnet.

Vom Primärenergieverbrauch müssen der nicht energetische Verbrauch (z.B. für die Aufbereitung von Mineralölprodukten als Grundlage für Kunststoffe) sowie die Verluste, die u.a. bei Umwandlung in nutzbare Energie (z.B. Strom) oder Leitungstransport entstehen, abgezogen werden (insgesamt 21 %). Daraus ergibt sich der Endenergieverbrauch, der laut Schätzbilanz für Bayern für 2020 1.371 Petajoule (PJ) bzw. rund 380 Milliarden Kilowattstunden (kWh) betrug.

Der Endenergieverbrauch Bayerns lässt sich in drei große Verbrauchssegmente unterteilen: 22 % werden davon von größeren Betrieben im Bereich Industrie und verarbeitendem Gewerbe (d.h. mehr als 20 Beschäftigte) benötigt, gut 29 % entfallen auf den Verkehr und knapp 49 % werden von Haushalten sowie übrigen Verbraucher (insbesondere Handel, Dienstleitungen und auch kleinere Betriebe bei Industrie und verarbeitendem Gewerbe) genutzt.

Etwas mehr als die Hälfte der Bruttostromerzeugung in Bayern wird mittels Erneuerbarer Energien gewonnen (in 2020 gut 52 %), bis 2025 werden vom StMWi als Zielsetzung 70 % angepeilt. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass beim Verkehr etwa 94 % des Endenergieverbrauchs auf Mineralölen und Mineralölprodukte beruhen und der Anteil der Erneuerbaren Energien nur ca. 4 % (in 2019) beträgt. Bei fortschreitender Elektrifizierung ist mit einer entsprechenden Verschiebung der Anteile und Erhöhung des Strombedarfs zu rechnen.

Bei der Versorgung von privaten Haushalten sowie von gewerblichen und kommunalen Aktivitäten/Einrichtungen stellt der Wärmebedarf gegenüber dem Strombedarf den deutlich größeren Posten dar (Verhältnis für Bayern etwa 1,5: 1). Derzeit werden knapp 24 % des bayerischen Wärmeverbrauchs über Erneuerbare Energien gedeckt (in 2020).

2. Energieerzeugung / -verbrauch in der Region München zum 31.12.2020

In der Region München tragen Erneuerbare Energien (EE) derzeit mit einem Anteil von 28,6 % zur Deckung des Gesamtstromverbrauchs bei. Damit liegt man deutlich unter dem gesamtbayerischen Schnitt. Die nachfolgende Tabelle gibt die Anteilsverteilung in Abhängigkeit der Erzeugungsart wieder. Demnach wurden regionsweit etwa 38 % der EE- Stromproduktion über Wasserkraft generiert, gefolgt von knapp 29 % Photovoltaik und gut 28 % Biomasse. Wind und Geothermie spielen mit jeweils gut 3 % bei regionsweiter Betrachtung eine stark untergeordnete Rolle.

Für die einzelnen Teilräume (also für Landkreise und kreisfreie Stadt) zeigt sich ein heterogenes Bild. Im Landkreis München ist beispielsweise die Geothermie bei der Stromgewinnung bereits ein bedeutender Faktor, im Landkreis Starnberg ist der Beitrag der Windkraft vergleichsweise hoch. Die Wasserkraft kommt i.d.R. überall dort in besonderer Weise zum Tragen, wo die entsprechenden naturräumlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Die Tabelle gibt auch Auskunft darüber, wie hoch der Anteil der eigenen EE-Stromproduktion im jeweiligen Landkreis bzw. Stadtgebiet zur Deckung des Eigenbedarfs in den Teilräumen ist. Das Spektrum ist breit und reicht von 2 % (Stadt München) bis 167 % (Landkreises Landsberg a.Lech), wo der Eigenbedarf bereits heute deutlich überkompensiert werden kann. Allerdings sind diese Zahlen mit großem Bedacht zu bewerten. Denn zum einen werden Potenziale zum Ausbau erneuerbarer Energien maßgeblich von den strukturellen Gegebenheiten Vor-Ort determiniert (wie z.B. Siedlungsdichte, naturräumliche Gegebenheiten) und sind deshalb teilräumlich mitunter sehr unterschiedlich gut vorhanden und nutzbar. Zum anderen sorgt eine hohe Einwohner- und Beschäftigtendichte für einen entsprechend hohen Eigenbedarf. Es ist naheliegend, dass es Kommunen mit zunehmendem Verdichtungsgrad schwerer fällt, selbst zur Deckung ihres Energiebedarfs (d.h. durch Maßnahmen innerhalb ihres Hoheitsgebietes) umfassend beitragen zu können.

Für die Region München wird im Energieatlas Bayern ein Wärmebedarf von 31.581.509 MWh/a angesetzt, der Stromverbrauch wird auf 12.013.899 MWh/a beziffert (Verhältnis etwa 2,6 : 1). Dies unterstreicht die Herausforderung, speziell auch zur Deckung des Wärmebedarfs nachhaltige Lösungen zu finden. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die geologisch günstigen Verhältnisse im südbayerischen Molassebecken die Region München für die Nutzung hydrothermaler Geothermie prädestinieren. Den Ergebnissen einer Studie der TU München zufolge kann die Tiefengeothermie einen substanziellen Beitrag dazu leisten, vor allem die Versorgung mit Wärme nachhaltig bedienen zu können. Aufgrund der dezentralen Organisation und einem vergleichsweise geringen Flächenbedarf erscheint die Tiefengeothermie für verdichtete Räume und Städte attraktiv.

2. Künftige Potentiale der Energiegewinnung in der Region München

In der Planungsausschusssitzung am 31.03.2022 wurde anlässlich der Stellungnahme zur vorgesehenen LEP-Änderung auch das Thema künftige Energiepotentiale in der Region München diskutiert und von Herrn Stadtrat Schreyer, LH München, ein Beschlussvorschlag angekündigt, einen regionalen Potentialplan zur regenerativen Energiegewinnung zu erarbeiten. In diesem sollen alle geeigneten regenerativen Energien erfasst sein und damit abgeleitet werden, welche Vorrang- und Vorbehaltsgebiete möglich sind.

Angesichts der unter TOP 2, Drucksache 10/22, dargelegten grundsätzlichen Änderungen in der Regionalplanung, was die Windenergie anbelangt, und den erheblichen Zeitdruck, der damit verbunden sein wird, muss die Arbeit des Regionalen Planungsverband priorisiert werden:

  • Falls das Gesetz „Wind-an-Land“ wie angekündigt in Kraft tritt, bleiben dem Regionalen Planungsverband ca. drei Jahre für die Ausweisung von Vorranggebieten im Umfang von zumindest 1,1 % der gesamten Regionsfläche.
  • Gleichzeitig ist zu beachten, dass bis Ende 2032 höchstwahrscheinlich ca. 1,8 % erreicht werden müssen. Dieses Planungsverfahren, das Windeignungsgebiete über regionale Vorranggebiete ausweisen soll, muss aus in der o. g. Drucksache genannten Gründen neu konzipiert werden. Angesichts der Folgen eines Scheiterns dieser Planung (= generelle Privilegierung von Windenergieanlagen in den gesamten Außenbereichen der Region München, ohne dass die Gemeinden Konzentrationsflächen oder der Regionalplan mit Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussflächen steuern könnten), hat diese Aufgabe die erste Priorität.
  • Zusätzlich müssen nach Abschluss der LEP-Fortschreibung die unterschiedlichen Handlungsaufträge und –möglichkeiten in den Regionalplänen bearbeitet werden.
  • Drittens ist die Arbeit an den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für die langfristige Wasserversorgung weiterzuführen.

Angesichts des Arbeitsumfangs und insbesondere des Zeitdrucks beim Thema WaLG stehen aktuell weder ausreichende personelle noch finanzielle Kapazitäten für eine umfassende Konzeption im Sinne eines regionalen Energiegewinnungsplans zur Verfügung.

Solche Arbeiten, ggf. auch lediglich eine Zusammenschau der in der Region München bereits erarbeiteten unterschiedlichen Konzepte und Übersichten, sollten zunächst zurückgestellt werden.

Dafür sprechen auch die folgenden Gründe:

  • Für eine Erarbeitung eines solchen regionalen Energiekonzepts ist der Regionale Planungsverband im Rahmen seiner Finanzierung durch den Freistaat Bayern nicht unmittelbar zuständig. Er kann gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 3 jedoch Aufgaben der Mitglieder der Region in der Regionalentwicklung wahrnehmen. Eine solche Aufgabenübernahme bedarf einer Satzungsänderung des RPV und der Mehrheit von 2/3 der Mitglieder der Verbandsversammlung, wenn die Aufgabenwahrnehmung umlagenrelevant ist.
  • In der Region München gibt es eine ganze Fülle von Organisationen und Projekten, die sich mit der regenerativen Energie auseinandersetzen. So haben in fast allen Landkreisen Energiebeauftragte dieses Thema im Blick. Es gibt zwei große regionale Energieagenturen (Landkreise Landsberg am Lech, Starnberg, Fürstenfeldbruck steht unmittelbar vor der Gründung, sowie schon seit längerem die Energieagentur Ebersberg-München). Die Landkreise arbeiten in unterschiedlichen Projektstrukturen. Beispielsweise hat der Landkreis Freising zum Thema Strom aus erneuerbaren Energien im Landkreis Freising eine umfangreiche Broschüre erarbeitet, die in der „Solarregion Freisinger Land“ den Stand und weiteren Ausbaubedarf an regenerativen Energien für die Stromerzeugung in den einzelnen Gemeinden darlegt und weitere Empfehlungen gibt.

Angesichts der Dringlichkeit, die Aufgaben nach dem Wind-an-Land-Gesetz umzusetzen, sollte ein solcher regionaler Potentialplan zur regenerativen Energiegewinnung zunächst zurückgestellt werden. Zumindest solange, bis geklärt ist, mit welchen personellen, finanziellen und zeitlichen Strukturen die entsprechenden Vorranggebiete für Windkraft rechtzeitig ausgewiesen werden können.

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

i.A.
Breu                                       Bläser
Geschäftsführer                  Regionsbeauftragter

Verwendete Quellen zu I. 1.:

Internetauftritte des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie – StMWi:

Ferdinand Flechtner, Markus Loewer, Anahi Molar-Cruz, Maximilian Keim (o.J.): Tiefengeothermisches Wärmepotential der Metropolregion München (Technische Universität München, Geothermie-Allianz Bayern, Munich School of Engineering)
geothermie-allianz.de/tiefengeothermisches-warmepotential-der-metropolregion-munchen/; S. 11f.; Abrufdatum 04.06.2022

Zur Tagesordnung