Sitzung, 13. Juni 2023

Drucksache 3/23

266. Sitzung des Planungsausschusses am 13.06.2023

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsauschuss

TOP 2 Ausweisung von regionalen Vorranggebieten für Windenergie;
Sachstand, Diskussion, weiteres Vorgehen

Anlagen:
Foliensatz: Sachstand zur Identifizierung von Suchflächen für Vorranggebiete Windenergie

I. VORTRAG

Zuletzt hat sich der Planungsausschuss am 7.03.2023 (Drucksache 1/23) mit Kriterien und Verfahren zur Ausweisung der Vorranggebiete Windenergie beschäftigt. Inzwischen hat der Beirat sich erneut am 28.03.2023 und am 10.05.2023 getroffen und die Methodik zu Identifizierung von Suchflächen für Vorranggebiete Windkraft erörtert und fortentwickelt.

Zur Ermittlung der Suchflächen gilt es zunächst die diejenigen Flächen auszuscheiden, die zur Ausweisung als Vorranggebiet Windenergie aus rechtlichen und faktischen Gründen ausgeschlossen sind und diejenigen Flächen, auf denen die Realisierungschancen von Windenergieanlagen äußerst gering sind. Die verbleibenden Flächen ergeben die Suchflächen für Vorranggebiete Windenergie.

Die Drucksache dient dazu den Planungsausschuss über den Stand der Vorbereitungen des Regionalplanfortschreibungsverfahrens, der Erörterung im Beirat Windenergie und die weiteren Schritte zu informieren.

1. Sachstand Ermittlung Suchflächen

Die der Ausweisung von Vorranggebieten Windenergie zugrundeliegende Methodik bezieht sich auf eine dem aktuellen Stand der Technik entsprechende und für den Einsatz in der Region München in Frage kommende Referenzwindenergieanlage. Diese hat einen Rotordurchmesser von 175 m, einen Rotorradius von 87,5 m, eine Nabenhöhe zwischen 162 und 179 m und eine maximale Gesamthöhe von 266,5 m. Ihr maximaler Schalleistungspegel beträgt 106,9 dB(A). Für die Ermittlung dieser Werte herangezogen wurden die Anlagen E-175 EP5 des Herstellers Enercon, V172 – 7,2 MW des Herstellers Vestas und N175/6.X des Herstellers Nordex.

Noch in Klärung ist die Frage, ob die Vorranggebiete Windenergie als sogenannte Rotor-In- oder Rotor-Out-Gebiete festgelegt werden. Bei Rotor-In-Gebieten darf die vom Rotor überstrichene Fläche nicht über die Grenze des Vorranggebietes hinausragen. Bei Rotor-Out-Flächen muss nur der Mast innerhalb des Vorranggebietes liegen. Der Bundesgesetzgeber hat differenzierende Regelungen zur Anrechnung der Vorranggebiete auf den Flächenbeitragswert festgelegt. Die Entscheidung hat Konsequenzen in Bezug auf die Methodik und die bei den jeweiligen Kriterien zu wählenden Abstände. Aktuell wird eine Rotor-Out-Planung zugrunde gelegt. 

Entsprechend der Werte der Referenzanlage wurden seit der letzten Sitzung des Planungsausschusses am 7.03.2023 (Drucksache 1/23) die Mindestabstände zu Siedlungen zum Schutz vor Lärm auf Basis der Vorgaben der TA Lärm und optisch bedrängender Wirkung ermittelt. Diese sind:

Wohnbaufläche gem. FNP: 900 m
Gemischte Baufläche gem. FNP: 550 m
Wohnnutzung im Außenbereich z. B.Weiler, Einzelhöfe) gem. ATIKS: 550 m
Gewerbegebiet ohne Wohnen gem. FNP:    300 m
Industriegebiet ohne Wohnen gem. FNP:    mind. 80 m (= RR - TFR)
GE o. GI mit genehmigtem Wohnen          550 m
Öff. Grünflächen, Gemeinbedarf gem. FNP:  im Einzelfall, mind. 80 m (s.o.)
Versorgungs- / Sonderbauflächen gem. FNP:   im Einzelfall, mind. 80 m (s.o.)

(Abkürzungen: RR = Rotorradius, TFR = Turmfußradius)

Daten zu in der Bauleitplanung ausgewiesenen oder faktischen reinen Wohngebieten liegen regionsweit nicht vor und sollen daher erst im Zuge der Anhörverfahren berücksichtigt werden, wenn eine Flächenkulisse von möglichen Vorranggebieten ermittelt wurde. Zu reinen Wohngebieten oder Krankenhäusern sind Abstände von 1.600 m zu berücksichtigen.

Ebenfalls seit der letzten Sitzung geklärt werden konnten folgende Kriterien bzw. Restriktionen:

  • Militär: Abstände zu Liegenschaften, Hubschraubertiefflugstrecken, Nachttiefflugsystem für Strahlflugzeuge, Luftverteidigungsanlagen, Produktenfernleitung und militärischen Flugplätzen. Die Klärung ist jedoch noch nicht vollständig und wird weiterbearbeitet. Insbesondere die Berücksichtigung von Radarmindestführungshöhen militärischer Flugplätze wird weitere Einschränkungen der Suchflächen bedeuten. 
  • Denkmalschutz: Ein Radius von 2,5 km um die 100 bedeutendsten vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ermittelten Denkmäler wird als Ausschluss für Windenergieanlagen herangezogen. Dies sind in der Region München die Frauenkirche München, das Kloster Andechs, der Domberg und die Altstadt Freising sowie die Wallfahrtskirche Tuntenhausen. In einem Radius von 10 km um die 100 bedeutendsten Denkmäler sollen die Flächen auf Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz geprüft werden.
  • Linieninfrastruktur Straße, Bahn, Hochspannungsfreileitungen: Hier sind unterschiedliche technisch bedingte Abstände bzw. Anbauverbots- / Anbaubeschränkungsbereiche zu berücksichtigen. 
  • Messstationen des bay. Erdbebendienstes, das DWD-Wetterradar Isen
  • Flughäfen München und Oberpfaffenhofen mit Bauschutzbereichen sowie Anlagenschutzbereiche von zivilen Flugsicherungseinrichtungen
  • Der Belang Artenschutz ist noch nicht berücksichtigt. Hier wird kurzfristig ein Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Umwelt erwartet, dass die Grundlage für den Fachbeitrag der höheren Naturschutzbehörde darstellt. 

Im Beirat wurde diskutiert, ab welcher Mindestgröße Flächen in die Kulisse der Suchräume aufgenommen werden und welche Größe Vorranggebiete Windenergie mindestens haben sollen. Letzteres kann zu einem späteren Zeitpunkt bei Erstellung des regionalen Steuerungskonzeptes von Vorranggebieten Windenergie festgelegt werden. Um ein ausreichendes Suchraumangebot zu erhalten und um kommunal unterstützte teilweise kleinteilige Flächen einzubeziehen, wird aktuell mit einer Mindestgröße für Suchflächen von 2 ha gearbeitet.

Details lassen sich dem beigefügten Foliensatz des Regionsbeauftragten Herrn Bläser entnehmen, der in der Sitzung vorgestellt wird.  

Vorläufige Flächenberechnungen haben ergeben, dass nach dem aktuellen Kenntnisstand die Kulisse der Suchflächen deutlich unter 10 % der Regionsfläche beträgt. Es wird daher eingeschätzt, dass der vom Bund bzw. vom Freistaat Bayern geforderte Beitragswert von 1,1 % nur sehr schwer zu erreichen sein wird. Denn ein nicht unerheblicher Anteil der Suchflächen muss aus Gründen der Landschaftsbildpflege und um eine Umzingelung von Orten zu vermeiden, ausgeschlossen werden. Grund für die voraussichtlich geringe Größe der Suchflächen sind vor allem folgende besondere Rahmenbedingungen der Region München:

  • Großer Siedlungskörper der Landeshauptstadt München und angrenzender dicht besiedelter Städte und Gemeinden im Verdichtungsraum München
  • Flughafen München als zweitgrößter Verkehrsflughafen Deutschlands mit großflächigen Restriktionen, sowie zusätzlichen Einschränkungen durch den Flughafen Oberpfaffenhofen und zahlreiche Sonderlandeplätze
  • Weitreichende militärische Restriktionen (insb. Lechfeld, Hubschraubertiefflugstrecke)
  • Sehr kleinteilige Siedlungsstruktur in Teilen der Region

2. Weitere Schritte

Zunächst werden die noch offenen oder nicht abschließend geklärten Kriterien zur Ermittlung der Suchräume bearbeitet. Ergebnis wird eine konkrete Suchraumkarte. Diese vermittelt einen Überblick über die Flächenpotenziale und deren Verteilung in der Region.   

Auf dieser Grundlage werden vom Beirat Abwägungskriterien erarbeitet. Diese bilden die Grundlage für die Ermittlung einer Gebietskulisse von Vorranggebieten Windenergie. Abwägungskriterien können z. B. sein:

  • Landschaftsbild / Relief / Verteilung der Vorranggebiete im Raum – Verhinderung einer „Verspargelung“
  • Ausschluss einer Umzingelung von Dörfern / Siedlungen
  • Berücksichtigung von durch die Gemeinden gemeldete Flächen- bzw. Projektvorschläge Windenergie
  • Ggf. erhöhte Abstände zu Siedlungen
  • Berücksichtigung weiterer Raumwiderstände (bspw. zu Naturschutz, Wasserwirtschaft)

Ziel ist es in einer der nächsten Sitzungen des Planungsausschusses einen Vorschlag Gebietskulisse Vorranggebiete Windenergie ggf. in Alternativen zur Diskussion zu stellen. Ein erstes Anhörverfahren kann frühestens im Jahr 2024 durchgeführt werden.

Die Mitglieder des RPV München werden vom Geschäftsführer im Anschluss an die Sitzung allgemein über den aktuellen Stand und das weitere Vorgehen schriftlich informiert. Sie werden dabei erneut gebeten aktuelle Projekt- und Flächenvorstellungen mitzuteilen, sofern sich gegenüber der Abfrage in 2022 Änderungen ergeben haben.

Beratungsgegenstand einer der kommenden Sitzungen wird auch ein Kommunikations- und Beteiligungskonzept für das Fortschreibungsverfahren sein.

Der Vorsitzende hat einen Austausch mit den benachbarten Planungsverbänden in Oberbayern zu Kriterien, Siedlungsabständen und Vorgehensweisen bei der Regionalplanfortschreibung Windenergie angeregt. Eine entsprechende Einladung ist erfolgt.

Am 01.06.2023 tritt die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern in Kraft. Es delegiert die Ausweisung von Windenergiegebieten zur Erreichung der Flächenbeitragswerte nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz in Bayern an die Regionalen Planungsverbände. Mit dem In-Kraft-Treten der LEP-Fortschreibung besteht nun der Auftrag und die rechtliche Grundlage zur Einleitung eines Regionalplanfortschreibungsverfahren Windenergie. Eine entsprechende Drucksache wird voraussichtlich zur Sitzung am 19.09.2023 vorgelegt.

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

 

i.A.
Wißmann
Geschäftsführer

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Tagesordnung