273. Sitzung des Planungsausschusses am 03.06.2025
V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsauschuss
TOP 4 Bericht zu den Stellungnahmen des RPV München zu den Regionalplanfortschreibungen Windenergie der Nachbarregionen Oberland und Landshut
Anlagen:
1. Tekturkarte Windenergie, Entwurf 24.03.2025, Teilfortschreibung des Regionalplans der Region Oberland
2. Tekturkarte „Vorranggebiete für Windenergieanlagen“, Entwurf 13.03.2025, Fortschreibung des Regionalplans der Region Landshut
I. VORTRAG
Aufgrund der von den Regionalen Planungsverbänden in den entsprechenden Beteiligungsverfahren gesetzten Fristen hat die Geschäftsstelle des Regionalen Planungsverbandes München zu den Regionalplanfortschreibungen Windenergie der Nachbarregionen Oberland und Landshut in den vergangenen Wochen Stellung genommen. Der Planungsausschuss wird hiermit über die Stellungnahmen informiert.
Stellungnahme zur Teilfortschreibung Kapitel B X Energieversorgung 3.3 Windkraft Regionalplan Oberland:
Planung
Der Planungsausschuss des Planungsverbandes Region Oberland hat in seiner Sitzung am 24. März 2025 die Einleitung des Beteiligungsverfahrens zur 1X. Teilfortschreibung „Kapitel B X Energieversorgung 3.3 Windkraft“ beschlossen. Mit dieser Fortschreibung sollen die Festlegungen zur Windenergienutzung im Regionalplan Oberland (RP 17) neu gefasst werden. Anlass für die vollständige Überarbeitung der bisher in Kapitel B X 3.3 enthaltenen Festlegungen zur Windenergienutzung ist, dass der dort ausgewiesene Umfang an rechtskräftigen Vorranggebieten das regionale Teilflächenziel gemäß LEP 6.2.2 nicht erfüllt.
Der aktuell vorliegende Entwurf zur regionalplanerischen Steuerung der Windenergienutzung fußt auf einem positivplanerischen Ansatz. Die bisher im Regionalplan rechtswirksam festgelegten Ausschlussgebiete zur Windenergienutzung sollen gänzlich entfallen. Neue Ausschlussgebiete sind nicht geplant. Die bisherigen Vorranggebiete werden – wenn möglich – beibehalten. Nachfolgend werden vorgesehene Inhalte dieser Teilfortschreibung des RP 17 bei Relevanz für die Region München eingehender analysiert und bewertet.
Beschreibung des Steuerungskonzepts
Die Neufassung des Teilkapitels Windenergie sieht die Ausweisung von insgesamt 75 Vorranggebieten für Windenergieanlagen vor (vgl. RP 17-Ziel B X 3.3 sowie Tekturkarte „Windenergie“ zu Karte 2 des RP 17), die mit ca. 7.062 ha insgesamt ca. 1,8 % der Fläche der Region Oberland umfassen.
Diese Vorranggebiete sind regional ungleich verteilt. Der südliche Teil der Region erweist sich aufgrund unzureichender Windgeschwindigkeiten von unter 4,8 m/s in 180 m Höhe und/oder eines topographisch stark bewegten Geländes für die Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung als weitgehend ungeeignet. Bis auf wenige Flächen mit teils vergleichsweise geringer Größe sind dort keine Vorranggebiete vorgesehen.
Demgegenüber verfügt der nördliche Teil der Region über deutlich günstigere Bedingungen für die Windenergienutzung. Schwerpunkte an Vorranggebietsfläche sind dort v.a. durch ein relativ breites Band in den nördlichen Landkreise Miesbach und Bad Tölz, durch zwei Bereiche südwestlich des Starnberger sowie des Ammersees und durch einen Streifen insbesondere im südwestlichen Landkreis Weilheim-Schongau gegeben.
Dem Steuerungskonzept zur Windenergienutzung in der Region Oberland liegt eine Rotor-außerhalb-Planung mit einer Referenzwindenergieanlage von 266 m Gesamthöhe, 175 m Rotordurchmesser, 179 m Nabenhöhe, 15 m Turmfußdurchmesser und 106 dB(A) Schallleistungspegel zugrunde. Auf dieser Grundlage wurden über einen Ausschluss von nicht oder kaum überwindbaren Raumwiderständen zunächst Suchflächen identifiziert. Hervorzuheben ist eine vergleichsweise niedrig angesetzte Bemessung der Siedlungsabstände zu Wohnnutzungen, die 800 m zu Wohnbauflächen sowie 525 m zu Mischbauflächen, Campingplätzen sowie zu Wohnnutzungen im Außenbereich vorsieht. Dem Abstandswert gemäß § 249 Abs. 10 BauGB, der einen Regelfall für optisch bedrängende Wirkung vorgibt, wird damit grundsätzlich Rechnung getragen. Nennenswerte Einschränkungen für die Vorranggebietsfestlegung der Region Oberland ergeben sich durch artenschutzfachliche Belange und hier insbesondere durch eine weiträumige Überlagerung der Region mit Dichtezentren kollisionsgefährdeter Brutvogelarten (ca. 55 % der Regionsfläche ist DZ Kategorie II, davon ca. 29 % DZ Kategorie I), die sich v.a. im westlichen Teil der Region konzentrieren. Wo möglich wurde die Verträglichkeit der Vorranggebiete durch eine weitere Abgrenzung erhöht, insbesondere durch die Kompaktheit und Ausrichtung der Gebiete, Freihalten von Südblicken, Abstände zur Wohnnutzung, Vermeidung mit verbleibenden fachlichen Konflikten.
Zusammenfassend wird deutlich, dass die Möglichkeiten für die planerische Steuerung der Windenergienutzung in der Region Oberland durch die Rahmenbedingungen vor allem hinsichtlich Windgeschwindigkeit, Topographie und Artenschutz stark eingeschränkt sind.
Bewertung
Moderne Windenergieanlagen haben aufgrund ihrer großen Höhe (es ist grundsätzlich von Gesamthöhen über 250 m auszugehen) und ihres Schallleistungspegels regelmäßig Auswirkungen, die deutlich über das nähere Umfeld der Anlagenstandorte hinausreichen. Beeinträchtigungen für die Region München können sich dadurch insbesondere bei grenznaher Lage von Vorranggebieten der Nachbarregion ergeben.
Die im Steuerungskonzept zur Windenergienutzung der Region Oberland festgelegten Mindestabstände werden nach derzeitigem Kenntnisstand zu den Siedlungsgebieten in der Region München prinzipiell eingehalten. Bei Vorranggebiet WE22 wird eine Überprüfung des Mindestabstands nach Norden empfohlen.
Eine unverhältnismäßige Umfassung von Siedlungsgebieten in der Region München durch Vorranggebiete für Windenergie ist grundsätzlich nicht zu befürchten. Allerdings ist festzustellen, dass sich die potenziell kritische Belastungssituation des Ortsteils Holzhausen (Gemeinde Straßlach-Dingharting), die bereits durch die rechtswirksamen Vorranggebiete für Windkraftanlagen (VRG 16 und VRG 17) nach Süden gegeben ist, durch die Ausdehnung dieser Flächen in dem aktuell vorliegenden Entwurf (WE51 und WE54) verstärken kann. Auch südlich und südwestlich der Gemeinde Sauerlach sind eine größere Anzahl von Vorranggebieten (WE51, WE54, WE55, WE57) ausgewiesen, die zu einer kritischen Umfassung von dortigen Ortsteilen führen können.
Positiv zu erwähnen ist die korrespondierende Planung der Vorranggebiete von WE62 im Regionalplan Oberland und WE05 im Regionalplan München. Darüber hinaus zeigt sich für den Grenzraum zum südlichen Landkreis München jedoch, dass dort das räumliche Konzept mit Clustern bzw. großen Vorranggebieten und Freihaltekorridoren, das der RPV München bei seiner Regionalplanfortschreibung zur Windenergienutzung verfolgt, durch die zahlreich geplanten grenznahen Vorranggebiete zur Windenergienutzung des Regionalplans Oberland eine deutliche Einschränkung erfährt. Mit Blick auf die Siedlungsgebiete des benachbarten Grenzraums in der Region München wird der Planungsverband der Region Oberland deshalb gebeten, bei einer weiteren Anpassung seiner Vorranggebietskulisse auch auf den Erhalt ungestörter Blickachsen insbesondere in südlicher Richtung hinzuwirken und diesen Belang im Rahmen des planerischen Abwägungsspielraums zu berücksichtigen.
Die weiteren Festlegungen im Entwurf des neugefassten Teilkapitels B X 3.3 des Regionalplans Oberland beinhalten mit B X 3.3.2 Z ein Ziel, das gewährleisten soll, dass Vorhaben und Planungen außerhalb der Vorranggebiete zu keinen erheblichen Einschränkungen für die vorgesehene Windenergienutzung in den Vorranggebieten führen (z.B. durch eine an das Vorranggebiet heranrückende Bebauung). Dies kann im Einzelfall eine grenzüberschreitende Wirkung auf Vorhaben und Planungen in der Region München entfalten. Potenzielle Erweiterungen von im Flächennutzungsplan dargestellten Siedlungsgebieten in der Region München erscheinen aufgrund ausreichender Abstände zu den geplanten Vorranggebieten der Region Oberland davon grundsätzlich nicht nennenswert betroffen zu sein. Ansonsten zeigen sich nur sehr vereinzelt kleine Weiler bzw. Einzelhäuser/-gehöfte mit Wohnnutzungen im Außenbereich, die bis auf 525 m an die Vorranggebiete heranreichen.
Darüber hinaus werden die Festlegungen um Inhalte zur Möglichkeit der Errichtung von Freiflächensolaranlagen in Vorranggebieten (B X 3.3.3 Z), zur Standortwahl bei Errichtung von Windenergieanlagen in Wäldern (B X 3.3.4 Z) sowie zur Beteiligung bzw. Einbindung von Kommunen und Bürgern (B X 3.3.5 Z) ergänzt. Konkrete Auswirkungen für die Region München sind hiervon nicht zu erwarten.
Ergebnis
Der Regionale Planungsverband München äußert Bedenken gegenüber dem Steuerungskonzept Windenergie der Region Oberland.
In der Region Oberland ist aufgrund der dortigen Rahmenbedingungen (v.a. Windgeschwindigkeit, Topographie, Artenschutz) die Kulisse an potenziell geeigneten Flächen für die Festlegung von Vorranggebieten für Windenergieanlagen stark eingeschränkt. Daher sind im Steuerungskonzept zur Windenergienutzung einer planerisch-räumlichen Kriterien folgenden Auswahl geeigneter Flächen sehr enge Grenzen gesetzt. Auch die Bemessung der Siedlungsabstände zu Wohnnutzungen ist daher relativ niedrig bemessen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Region München und dort angrenzende Siedlungsflächen.
So bilden die überwiegend im Norden der Region Oberland angeordneten Vorranggebiete für Windenergieanlagen zusammengenommen insbesondere in den Abschnitten zwischen Egling und Weyarn sowie südlich von Tutzing ein in Ost-West-Richtung angeordnetes durchgehendes Band an Vorranggebieten. Dieses beeinträchtigt den Blick nach Süden auf die Alpen. Der Planungsverband Region Oberland wird daher mit Blick auf benachbarte Siedlungsgebiete in der Region München gebeten, im Rahmen etwaiger Überlegungen zur weiteren Anpassung der Vorranggebietskulisse auf eine Verbesserung des Erhalts ungestörter Südblicke hinzuwirken und diesen Belang in der planerischen Abwägung stärker zu berücksichtigen. Ferner können die Vorranggebiete beispielsweise südlich und südwestlich der Gemeinde Sauerlach eine umfassende Wirkung für einzelne Ortsteile der Gemeinde haben. Es wird gebeten dies zu prüfen. Es wird ferner gebeten, das Vorranggebiet WE22 hinsichtlich der Siedlungsmindestabstände nach Norden sowie die Umfassungssituation des Ortsteils Holzhausen (Gemeinde Straßlach-Dingharting) zu prüfen.
Es wird seitens der Region München eingeschätzt, dass eine Ausweisung des avisierten Flächenumfangs in der Region Oberland für Windenergienutzung aufgrund der dortigen Rahmenbedingungen kaum raumverträglich gestaltet werden kann. Es wird zu einer Überlastung des nördlichen Teils der Region Oberland kommen, die deutlich nachteilige Auswirkungen dort und in der angrenzenden Region München hat.
Stellungnahme zur Neufassung des Kapitels B VI Energie; Anpassung des Kapitels B I Natur und Landschaft des Regionalplans Landshut:
Planung
Der Planungsausschuss des Regionalen Planungsverbandes Landshut hat in seiner Sitzung am 13.03.2025 einen Entwurf zur Neufassung des Kapitels B VI Energie sowie Anpassung des Kapitels B I Natur und Landschaft des Regionalplans zustimmend zur Kenntnis genommen und beschlossen, ein Beteiligungsverfahren einzuleiten. Nachfolgend werden vorgesehene Inhalte dieser Teilfortschreibung des RP 13 bei Relevanz für die Region München eingehender analysiert und bewertet.
Beschreibung des Steuerungskonzepts
Die bisherigen Festlegungen des Kapitels B VI Energie im Regionalplan der Region Landshut werden vollumfänglich ersetzt. In der Neufassung ist die Ausweisung von insgesamt 160 Vorranggebieten für die Errichtung und den Betrieb raumbedeutsamer Windenergieanlagen vorgesehen (vgl. RP 13-Ziel B VI 2.5 sowie Tekturkarte „Vorranggebiete für Windenergieanlagen“ zu Karte 2 des RP 13), die insgesamt ca. 2,5 % der Fläche der Region Landshut umfassen. Die Vorranggebiete sind regional relativ gleichmäßig verteilt, größere Bereiche ohne oder vergleichsweise wenigen Vorranggebieten liegen im Südosten sowie am westlichen und südwestlichen Rand der Region Landshut.
Der aktuell vorliegende Entwurf zur regionalplanerischen Steuerung der Windenergienutzung fußt auf einem positivplanerischen Ansatz. Es ist keine Festlegung von Ausschlussgebieten vorgesehen. Dem Konzept wird eine Referenzwindenergieanlage mit ca. 250 m Gesamthöhe zugrunde gelegt. Unter Anwendung eines Kriterienkatalogs wurden die für die Festlegung als Vorranggebiet als ungeeignet erachteten Flächen identifiziert und ausgeschlossen. Für die Bemessung der Siedlungsmindestabstände zu Wohnnutzungen wurden zu Wohnbauflächen 850 m sowie 550 m zu gemischten Bauflächen sowie zu Wohnnutzungen im Außenbereich herangezogen.
Bewertung
Moderne Windenergieanlagen haben aufgrund ihrer großen Höhe (es ist grundsätzlich von Gesamthöhen über 250 m auszugehen) und ihres Schallleistungspegels regelmäßig Auswirkungen, die deutlich über das nähere Umfeld der Anlagenstandorte hinausreichen. Beeinträchtigungen für die Region München können sich dadurch insbesondere bei grenznaher Lage von Vorranggebieten der Nachbarregion ergeben. Hierzu ist festzustellen, dass sich im Grenzraum zur Region München nur wenige der geplanten Vorranggebiete der Region Landshut befinden. Nördlich der Isar sieht der Fortschreibungsentwurf kein Vorranggebiet vor. Lediglich im Bereich südlich der Isar bis etwas südlich der Kleinen Vils liegen drei kleinere Vorranggebiete (LA27, LA29, LA30) in Grenznähe sowie in einer Entfernung von rund 3-4 km drei weitere (LA28, LA33 und LA34).
Die im Steuerungskonzept zur Windenergienutzung der Region Landshut festgelegten Mindestabstände werden nach derzeitigem Kenntnisstand zu den Siedlungsgebieten in der Region München eingehalten. Eine unverhältnismäßige Belastungssituation ist für die Siedlungsgebiete in der Region München durch die Vorranggebietsfestlegungen nicht zu befürchten. Auch von den übrigen neugefassten Zielen und Grundsätzen des Fortschreibungsentwurfs in Kapitel B VI der Region Landshut (sowie auch von der windenergiebezogenen Änderung von Kapitel B I) sind keine nennenswert negativen Wirkungen auf die Region München zu erwarten. Sie zielen insbesondere auf einen raumverträglichen Ausbau der Windenergienutzung ab. Dies soll beispielsweise durch eine Bündelung von Windenergieanlagen oder eine möglichst boden- und waldschonende Errichtung erreicht werden.
Ergebnis
Der Regionale Planungsverband München äußert keine Bedenken.
II. BESCHLUSSVORSCHLAG
Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.
i.A.
Wißmann
Geschäftsführer