Sitzung 08. Mai 2007

Drucksache Nr. 10/07

199. Sitzung des Planungsausschusses, 08.05.2007

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 5 
3. Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens München Abschluss des Raumordnungsverfahrens - Bericht

Anlagen:

Beschluss des Regionalen Planungsverbands München im RO-Verfahren vom 10.10.2006 (Anlage 1)
Ergebnis der landesplanerischen Beurteilung für eine 3. Start- und Landebahn am Verkehrsflughafen München durch die Regierung von Oberbayern vom 21.02.2007 (Anlage 2)

  

I. VORTRAG

Die Regierung von Oberbayern hat die landesplanerische Beurteilung für eine 3. Start- und Landebahn am Verkehrsflughafen München vom 21.02.2007 dem Regionalen Planungsverband am 08.03.2007 per eMail bekannt gegeben.

1. Vergleicht man das Ergebnis des RO-Verfahrens mit dem Beschluss des Regionalen Planungsverbands, so berücksichtigt die Regierung von Oberbayern lediglich beim Nachtflugbetrieb den Beschluss des Regionalen Planungsverbands. Danach ist die Nutzung der 3. Bahn im Nachtflugverkehr ausschließlich in Notsituationen, meteorologischen Ausnahmesituationen oder bei Ausfall einer der bestehenden Bahnen vorzusehen. Was „meteorologische Ausnahmesituationen" bedeutet, wird nicht geklärt, sondern auf zukünftige Verfahren verschoben. Vor allem die Feststellung des Regionalen Planungsverbands, dass die in Raumordnung befindliche Bahnlage 5b mit den Erfordernissen der Raumordnung nicht vereinbar ist, findet keine Beachtung.

Grundlage für die Entscheidung der Regierung von Oberbayern ist eine Gesamtabwägung der verschiedenen raumrelevanten Interessen. Diese Gesamtabwägung kommt zu dem Ergebnis, dass zu Gunsten des Vorhabens der Umstand gewichtig zum Tragen komme, dass für den Ausbau mit der Bahnlage 5 b in Anspruch genommene Flächen fast vollständig im Vorranggebiet für die Flughafenentwicklung liegen (S. 76). Bei der Gegenüberstellung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Gesichtspunkte ergebe sich, dass den für das Vorhaben sprechenden Belangen ein größeres Gewicht beizumessen sei als den entgegenstehenden Belangen. Entscheidend dafür seien die zu erwartenden erheblichen positiven Auswirkungen auf die überfachlichen sowie auf die wirtschafts- und verkehrsstrukturellen Belange für das gesamte Landesgebiet. Darüber hinaus komme dem Flughafen eine hohe regionalwirtschaftliche Bedeutung als wichtige Arbeitsstätte und Auftraggeber zu.

Diese Belange überwögen zweifelsohne beeinträchtigte Belange insbesondere des Immissionsschutzes bzw. Siedlungswesens (vor allem Lärm). Sie müssten in der Gesamtbewertung zurückstehen. Zum einen könnten die Beeinträchtigung dieser Belange durch festgelegte Maßgaben noch spürbar reduziert werden und zum anderen ließen sich die verkehrs- und wirtschaftsstrukturellen Ziele ohne den Bau einer 3. Start- und Landebahn langfristig nicht sichern.

2. Im folgenden wird näher auf von der Regierung von Oberbayern genannte entscheidungserhebliche Belange eingegangen.

a) Der Bedarf für eine 3. Start- und Landebahn sei grundsätzlich nicht Gegenstand des RO-Verfahrens. Wenn aber wie hier einschlägige Ziele der Raumordnung auf die Bedarfsgerechtheit einer Ausbaumaßnahme Bezug nehmen, habe sich die landesplanerische Überprüfung damit zu befassen und eine entsprechende Plausibilitätsprüfung durchzuführen. Eine Prüfung des Verkehrsbedarfs in der Intensität und der Prüfungstiefe eines Fachplanungsverfahrens erfolge jedoch im Rahmen eines RO-Verfahrens nicht (S. 12). Die prognostischen Ansätze zur Frage des künftigen Bedarfs an Flugverkehrsleistungen und damit der geforderte Koordinationseckwert von 120 stündlichen Flugbewegungen sei für die landesplanerische Überprüfung ausreichend schlüssig und plausibel dargelegt. Eine tiefergehende Untersuchung entziehe sich dem Überprüfungsmaßstab eines RO-Verfahrens und bleibe einem nachfolgenden Planfeststellungsverfahren vorbehalten. Dasselbe gelte für die Mindestlänge der Bahn von 4000 m.

b) Zur Vereinbarkeit der 3. Bahn mit der allgemeinen Raumstruktur kommt die landesplanerische Prüfung zum Ergebnis, dass das Vorhaben in „deutlich überwiegendem Umfang" den überfachlichen Erfordernissen der Raumordnung entspreche. Ein tatsächlicher Widerspruch zum LEP-Ziel zu den gleichwertigen Lebens- und Arbeitsbedingungen („Zur Sicherung der Lebenschancen künftiger Generationen soll Bayern in seiner Gesamtheit und seinen Teilräumen dauerhaft umwelt-, wirtschafts- und sozialverträglich entwickelt werden. Gleichwertige und gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen sollen geschaffen und erhalten werden. Dabei sollen auch die geschaffenen Eigentumswerte berücksichtigt werden") existiere nicht. „Es ist festzustellen, dass ‚diese Leitziele' nicht singulär auf die Umweltaspekte bzw. die ökologische Säule zu beziehen sind, sondern auch andere Faktoren und Wertigkeiten wie Wirtschaft, Siedlung, Infrastruktur und Soziales usw. beinhalten" (S.17).

c) Neben den wirtschafts- und verkehrsstrukturellen Verbesserungen für ganz Bayern spreche für den Bau der 3. Bahn 5 b:

Die bayerische Staatsregierung habe mit der Festlegung des Vorranggebiets Flughafenentwicklung bereits eine Standortentscheidung für potentielle Ausbaumaßnahmen getroffen. Damit sei auf der Stufe der Landesplanung bereits eine überörtliche und überfachliche gesamtplanerische Interessensabwägung und Konfliktklärung durchgeführt und eine landesplanerische Vorentscheidung zur Frage des Ausgleichs der konkurrierenden Raumnutzungsansprüche getroffen worden (S. 17).

Diese Aussage gilt freilich nur für den räumlichen Umgriff des Vorranggebiets. Gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 Raumordnungsgesetz (ROG) und Art. 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Landesplanungsgesetz (LPlG) sind Vorranggebiete für bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen und schließen andere raumbedeutsame Nutzungen in diesen Vorranggebieten aus, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind. Über das Gebiet von Vorranggebieten hinaus wirken Interessensabwägungen nicht (z.B. zum Lärmschutz oder Verkehr). Regelungsgehalt des Vorranggebietes Flughafenentwicklung ist, dass andere Planungen auf diesem Gebiet, die der Flughafenentwicklung entgegenstehen, nicht zulässig sind. Darüber hinausgehende Aussagen oder Abwägungen über den Gegenstand des Raumordnungsverfahrens, die 3. Bahn 5b, trifft das Vorranggebiet nicht.

„Mit der Festsetzung des Vorranggebiets ist eine Vorentscheidung über Ausbauvorhaben nicht verbunden." (LEP Seite 176 Begründung zu B V, 1.6.3 letzter Satz).

Unbestritten sei, dass durch das Vorhaben neue Arbeits- und Ausbildungsplätze geschaffen würden und sich dies auf die Arbeitsmarktsituation sowohl in direkt anschließenden als auch in weiterer Entfernung gelegenen Räumen positiv auswirken werde.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen sprächen im Ergebnis in hohem Maß für das Projekt. Nach dem von der Projektträgerin vorgelegten Gutachten von Intraplan werde auf dem Flughafengelände ein Beschäftigtenwachstum von 23.300 (2003) auf rund 41.000 (2020) Arbeitsplätze prognostiziert. Im Flughafenumland werde ein Zuwachs von rund 34.200 Arbeitsplätze erwartet. Dies mache bei Realisierung der 3. Bahn zusammen für den Zeitraum 2003 bis 2020 einen Zuwachs von 51.900 Arbeitsplätzen aus (S. 32).

Für die Effekte einer 3. Bahn auf die zukünftigen Arbeitsplätze muss zusätzlich der sog. Nullfall herangezogen werden. So prognostiziert die FMG in ihrem Antrag auf Durchführung des Raumordnungsverfahrens vom 31.07.2006 eine Steigerung der Beschäftigten am Flughafen selbst ohne 3. Bahn auf 32.000, mit der neuen Bahn auf 41.000. Im Flughafenumland werden für 2020 ohne 3. Bahn 27.500 Arbeitsplätze mehr, mit der 3. Bahn 34.200 Arbeitsplätze mehr als 2003 erwartet. Die Arbeitsplatzeffekte einer 3. Bahn beziffert die FMG also auf insgesamt ca. 16.000 zusätzliche Arbeitsplätze am Flughafen und im Flughafenumland (S.36/37 des Antrags).

d) Die folgenden gegen die 3. Bahn 5 b sprechenden raumordnerischen Belange müssten in der Gesamtbewertung zurückstehen. Die Beeinträchtigung dieser Belange könne durch die festgelegten Maßgaben noch spürbar reduziert werden. Zum anderen ließen sich die verkehrs- und wirtschaftsstrukturellen Ziele ohne den Bau einer 3. Start- und Landebahn langfristig nicht sichern und der notwendige Beitrag zu einer nachhaltigen und positiven räumlichen Entwicklung Bayerns nicht erreichen ( S.76).

Durch das Vorhaben würden Belange der Ökologie negativ berührt, natürliche Lebensräume und entsprechende Ressourcen verbraucht. Aus überfachlicher Sicht hält die landesplanerische Überprüfung fest, dass sich der Ausbau eines bestehenden Flughafens hinsichtlich der Flächenversiegelung günstiger darstelle als der Neubau eines weiteren Flughafens an einem anderen Standort (S.19).

Vor allem würde sich dabei eine 3. Bahn negativ auf das Siedlungswesen und den Lärmschutz der Bürger auswirken. Einzelne im unmittelbaren Flughafenumland liegende Gemeinden könnten auf den durch den Bau des Flughafens verstärkten Siedlungsdruck nur noch bedingt reagieren. Aufgrund der zukünftig im Regionalplan der Region München ausgewiesenen Lärmschutzbereiche zur Lenkung der Bauleitplanung würde die kommunale Bauleitplanung teils erheblich bis vollständig eingeschränkt. Dies betreffe in besonderem Maß den Ortsteil Attaching der Stadt Freising und die Gemeinde Berglern. Das Vorhaben entspreche deshalb nicht in vollem Umfang den Erfordernissen der Raumordnung hinsichtlich der Belange des Siedlungswesens und der Erholung (S.39).

Weiter wird ausgeführt, dass für den Teil der Lärmimmissionen, insbesondere Fluglärm die Anforderungen zur Vermeidung von zusätzlichen Lärmbetroffenheiten bei einer 3. Start- und Landebahn nicht erfüllt werden können. Es seien aber auch für den bestehenden Flughafen im jetzigen Ausbauzustand Steigerungsraten zu erwarten. Die dadurch erzeugten Immissionsbelastungen ließen sich für den betroffenen Bereich selbst durch einen Verzicht auf das Ausbauvorhaben nicht vermeiden und seien als bestehende Vorbelastung zu werten. Die Differenz zwischen den Auswirkungen dieses sogenannten Prognosenullfalls und jenen im Planungsfall ergebe somit die ausschließlich durch das vorliegende Projekt verursachten zusätzlichen Immissionen (S.50).

Zur Frage des Lärmschutzes allgemein erweise sich der Standort des Flughafens München für den südbayerischen Raum als Folge einer vor langer Zeit getroffenen Standortentscheidung und damit als Zwangspunkt. Es stehe nunmehr nur noch in Rede, in welcher Lage konkret eine neue Start- und Landebahn im Falle einer erforderlichen Erweiterung der Kapazitäten realisiert werden könne (S. 54).

3. Das RO-Verfahren ersetzt keine Verwaltungsverfahren oder öffentlich rechtliche Gestattungen, Bauleitplanungen oder privatrechtliche Zustimmungen und hat insoweit keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Aus diesem Grund ist es auch nicht justiziabel.

Ausweislich einer Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei vom 27.02.2007 hat sich der Ministerrat dafür ausgesprochen, die Planungen für eine 3. Start- und Landebahn am Flughafen München nochmals intensiv mit den Vertretern des Flughafenumlands zu diskutieren.

Die Vorsitzende des Nachbarschaftsbeirats, Frau Huther, hat für den 28.04.2007 eine Sitzung anberaumt, in der die 3 Staatsminister Faltlhauser, Huber und Beckstein über die 3. Startbahn mit den Vertretern des Nachbarschaftsbeirats sprechen wollen.

Von der Sitzung des Nachbarschaftsbeirats am 28.04.2007 wird mündlich berichtet.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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