Sitzung 8. November 2011

Drucksache Nr. 19/11

56. Verbandsversammlung, 08.11.2011

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an die Verbandsversammlung

TOP  2 
Regionale Festlegungen zu regenerativen Energien (Photovoltaik und Windkraft)

Anlage:

Drucksache Nr. 12/11 für die Planungsausschusssitzung am 18.10.2011

  

I. VORTRAG

Der Planungsausschuss wurde in seiner letzten Sitzung über wesentliche Punkte des neuen Bayerischen Energiekonzepts „Energie innovativ" informiert. Auf die beiliegende Drucksache 12/11 wird verwiesen.

1. Festlegungen von regionalen Vorrang- und/oder Vorbehaltsgebieten für Photovoltaik sind nicht sinnvoll, weil dafür die gesamte Region kleinräumig sehr aufwendig untersucht werden müsste. Ein zügiger Ausbau der Photovoltaik hat mit den bisherigen Planungsinstrumenten bestens funktioniert. Auf kommunaler Ebene wird durch die Ausweisung von Sondergebieten dafür auch die tatsächliche Realisierung gefördert. Der Regionale Planungsverband München unterstützt seine Mitgliedskommunen bei der Ausweisung solcher Sondergebiete.

Ein Hemmnis für die kommunale Ausweisung von Sondergebieten für Photovoltaik ist bisher die Forderung des Freistaats Bayern, dass solche Gebiete grundsätzlich an Siedlungseinheiten angebunden sein müssen. Photovoltaikanlagen sind jedoch nicht Teile des Siedlungswesens, sondern Anlagen der technischen Infrastruktur. Der Freistaat Bayern sollte seine Haltung diesbezüglich überdenken. Diese Frage sollte der Ortsplanung überlassen bleiben.

2. Der Regionalplan der Region München legt bislang keine Gebiete für Windkraftanlagen fest. Weder Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete, noch sogenannte Ausschlussgebiete. Ausgehend von der jetzigen rechtlichen Situation gibt es folgende Möglichkeiten für die Planung und Realisierung von Windkraftanlagen in der Region München:

a) Der Bau von Windkraftanlagen ist nach dem Baugesetzbuch privilegiert. Solche Anlagen sind auf Antrag zu genehmigen, wenn andere öffentlich-rechtliche Belange nicht entgegenstehen (§ 35 Abs. 1 Ziffer 5 BauGB). Eine Beeinträchtigung solcher öffentlich-rechtlicher Belange reicht nicht aus, um eine Windkraftanlage zu verhindern.

b) Auf kommunaler Ebene ist die Ausweisung sogenannter Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan möglich. Dabei muss das gesamte Gemeindegebiet in die Untersuchung einbezogen werden. Rechtsfolge einer solchen kommunalen Konzentrationsfläche ist, dass die Privilegierung an anderer Stelle des Gemeindegebiets entfällt (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB).

c) Auf regionaler Ebene gibt es die Möglichkeit, Vorbehaltsgebiete, Vorranggebiete und Ausschlussgebiete festzusetzen. Vorranggebiete sind als Ziele der Raumordnung nicht abwägbar. Kommunen und andere Planungsträger sind daran gebunden. Ein regionales Vorranggebiets ersetzt jedoch nicht eine Genehmigung von Windkraftanlagen. Ein Vorranggebiet bedeutet, dass innerhalb des Gebiets keine Festlegungen, Planungen oder Maßnahmen getroffen werden dürfen, die das mit dem Vorranggebiet geschützte Interesse auf Dauer verhindern.
 
Ebenso möglich ist die Ausweisung eines Vorbehaltsgebiets. Damit erhält der Belang der Windkraft in diesem Gebiet gegenüber anderen Interessen bei einer planerischen Abwägungsentscheidung ein besonders Gewicht. 
  
Ein Ausschlussgebiet bedeutet, dass in diesem Bereich keine Windkraftanlage zulässig ist.
 
Es sind also auf regionaler Ebene folgende Handlungsmöglichkeiten denkbar:

  • Ausweisung von Vorranggebieten und gleichzeitig Ausschluss der restlichen Region für Windkraftanlagen;
  • Ausweisung von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten und nicht flächendeckenden Ausschlussgebieten;
  • Ausweisung von nicht flächendeckenden Ausschlussgebieten alleine;
  • Ausweisung von Vorrang- und/oder Vorbehaltsgebieten;
  • keine Festlegungen.

Eine ähnliche Steuerungswirkung wie mit den kommunalen Konzentrationsflächen in Flächennutzungsplänen kann der Regionalplan nur dann erreichen, wenn er ausschließlich Vorranggebiete festlegt, und den Rest der Region zum Ausschlussgebiet erklärt. In allen anderen Fällen bleibt Raum für die privilegierte Ansiedlung von Windkraftanlagen.

3. In der Region München weisen im Unterschied zu den anderen bayerischen Regionen eine Vielzahl von Kommunen bzw. Zusammenschlüsse von Kommunen bis hin zur Landkreisebene abgestimmte Flächennutzungsplan-Konzentrationsflächen für Windkraft aus. Eine Reihe dieser Ausweisungsverfahren befindet sich bereits in der Öffentlichkeitsbeteiligung.

Vorteil der kommunalen Ausweisung ist, dass auf dieser Ebene mit der nötigen planerischen Maßstäblichkeit gearbeitet werden kann (der Regionalplan kann die Flächen nicht so trennscharf festlegen), dass in der Regel ein möglicher Investor zur Verfügung steht, der Interesse an dem Ausbau der Windkraft dort hat, und dass sich die Bürger unmittelbar beteiligen können.
 
Für die Realisierung von Windkraftanlagen in der Region wäre es fatal, wenn regionalplanerische Festlegungen diese kommunalen Standortausweisungen behindern oder gar konterkarieren würden.
 
So müsste z. B. eine Gemeinde ihre Konzentrationsfläche für Windkraft wieder ändern, wenn eine regionalplanerische Vorrangfläche größer als diese kommunale Konzentrationsfläche ist. Denn in der überschießenden regionalen Fläche widerspräche die kommunale Planung einem Ziel der Raumordnung.

4. Eine sinnvolle Aufgabenteilung zwischen Kommunen und Regionalem Planungsverband könnte in der Region München darin liegen, dass der Regionale Planungsverband einzelne regionsweit bedeutsame Flächen für Windkraftanlagen in enger Zusammenarbeit mit den betreffenden Kommunen ausweist (z.B. mit mehr als fünf Windkraftanlagen). Darüber hinaus kommen – so noch vorhanden – die gemeindefreien Gebiete zur Überplanung auf regionaler Ebene in Frage.

5. Wie im Regionalen Planungsverband Allgäu könnte eine Arbeitsgruppe Windkraft Vorschläge für die regionalplanerische Ausweisung von Gebieten für Windkraftanlagen und ggf. entsprechende Kriterien erarbeiten. Da derzeit die Zuständigkeit für die Teilfortschreibung des Regionalplans nicht bei der Verbandsversammlung liegt, sondern beim Planungsausschuss, sollte auch diese Arbeitsgruppe zunächst beim Planungsausschuss angesiedelt sein. Das derzeit in der Diskussion befindliche Bayerische Landesplanungsgesetz sieht im Entwurf vor, dass die Verbandsversammlung auch Teilfortschreibungen des Regionalplans an sich ziehen kann.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.
     
  2. Die Verbandsversammlung empfiehlt dem Planungsausschuss, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die Vorschläge für das regionalplanerische Vorgehen zur Ausweisung von Gebieten für Windkraftanlagen und ggf. Kriterien dazu erarbeitet.
     
  3. Mögliche regionalplanerische Festlegungen dürfen kommunale Initiativen und Planungen nicht behindern.
     
  4. Die Verbandsversammlung ist von Ergebnissen der Kommissionsarbeit zu informieren, bevor mögliche Verfahren zur Regionalplanänderung eingeleitet werden.

 

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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