Sitzung 30. April 2013

Drucksache Nr. 12/13

227. Sitzung des Planungsausschusses, 30.04.2013

V O R L A G E
des Verbandsvorsitzenden an den Planungsausschuss

TOP 5 
Schreiben von Herrn 1. Bgm. Dworzak, Gemeinde Haar, an den Verbandsvorsitzenden

Anlagen:

Schreiben von Bgm. Dworzak vom 13.03.2013 

  

I. VORTRAG

Der 1. Bürgermeister der Gemeinde Haar und Mitglied des Planungsausschusses, Herr Dworzak, hat sich in einem Schreiben vom 13.03.2013 an den Vorsitzenden gewandt und die Arbeit des Regionalen Planungsverbands München (RPV) sowie des Geschäftsführers kritisiert.

Zum Schreiben von Herrn Dworzak wird wie folgt Stellung genommen:

1. Effizienz der Flächennutzung

Der Bericht des Geschäftsführers vom 26.02.2013 befasst sich nicht nur mit der Effizienz der Flächennutzung, sondern mit der „Entwicklung der Flächeninanspruchnahme in der Region München". Vier Themenbereiche wurden sowohl im mündlichen Vortrag als auch in der schriftlichen Unterlage angesprochen:

  1. Flächennutzung in der Region München 1980 – 2011 (vor allem Anteile der jeweils genutzten Fläche in der Landeshauptstadt München und den Landkreisen);
     
  2.  Flächen für Wohnen und Gewerbe (Anteile von Gewerbe und Wohnflächen an der Siedlungs- und Verkehrsfläche);
     
  3. Flächeneffizienz (gemessen an der Siedlungs- und Verkehrsfläche in m²/EW und SV-Beschäftigten im innerregionalen und bayernweiten Vergleich;
     
  4. Erschließungsgrad (Anteil der Verkehrsfläche an der Siedlungs- und Verkehrsfläche).

Zum selben Thema wurde der Planungsausschuss schon am 10.05.2011 (Drucksache 5/11) und im Bericht zur Regionalentwicklung am 14.12.2010 (Drucksache 24/10) informiert – mit gleichem Tenor. Neu am 26.02.2013 waren die Daten bis 2011, und Punkt 2.

Die Aussagen zur Flächeneffizienz waren nur ein Punkt unter vier Punkten. Im Fazit sind für den effizienten Umgang mit der Siedlungs- und Verkehrsfläche drei Gründe genannt:

Eine monozentrisch strukturierte Region, die den ganz überwiegenden Anteil von hinzukommenden Einwohnern in Gemeinden mit einem Schienenverkehrsanschluss unterbringt, ohne die gerechtfertigten Entwicklungschancen der anderen Gemeinden zu vernachlässigen; 

  • die hohen Grundstückspreise aufgrund der Attraktivität der Region; 
  • die Kommunal- und Regionalplanung, die auf effiziente Siedlungsstrukturen achten. 

Einen ähnlichen Maßstab zur Flächeneffizienz (Siedlungs- und Verkehrsfläche ohne Grünfläche je Einwohner) verwendet das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Raumordnungsbericht 2011 (Seite 124, Karte 60). Auch Prof. Blotevogel (Akademie für Raumforschung und Landesplanung und Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung) hat in einem Vortrag am 01.03.2013 bei der IHK München denselben Maßstab für die von ihm so genannte Flächenproduktivität verwendet. Seine Frage war, warum gerade Landkreise mit einer negativen Bevölkerungsentwicklung die höchsten Zuwächse der Siedlungs- und Verkehrsfläche zeigen. Ziel der Flächenpolitik müsse es sein, die Flächenproduktivität zu erhöhen.
 
 
2. Sicherung von Grünflächen in der Stadt und vor allem auch im Umland

Derzeit ist Schwerpunkt der gegenwärtigen Arbeit des RPV, Grün- und Freiflächen in der Stadt und im Umland zu sichern (vgl. TOP 4, Drucksache 11/13). Die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen ist Gegenstand der aktuellen Regionalplanfortschreibung. Die Durchsetzungsquote regionalplanerischer Ziele ist generell außerordentlich hoch. 98 % bis 99 % der kommunalen Planungen in der Region München entsprechen schon in der ersten Anhörrunde den Zielen der Landes- und Regionalplanung!
 

3. Stellungnahme des Vorsitzenden zum geänderten Entwurf eines Landesentwicklungsprogramms (LEP)

Herr Dworzak kritisiert, dass diese Stellungnahme vom Vorsitzenden nach einer E-Mail-Umfrage abgegeben worden ist. Dies war in der vorausgehenden Planungsausschusssitzung im Dezember 2012 so besprochen und beschlossen. Zum Thema der Verschärfung von Anforderungen an die städtebauliche Integration für Einzelhandelsgroßprojekte lag kein Planungsausschussbeschluss vor. Die Mehrheit der Planungsausschussmitglieder war mit der Formulierung einverstanden.

4. Inhaltlicher Weg des RPV – Siedlungsleitbild des RPV

a) Herr Dworzak schreibt, dass der Geschäftsführer eine zukünftige Konzentration des Bevölkerungszuwachses entlang der S-Bahnachsen ablehne und auf die dazwischen liegenden ländlichen Räume verweise - „Was haben Sie gegen Autos?". Dies sei ein klarer Widerspruch zum LEP.

Die hier von Herrn Dworzak zitierte Internetfundstelle ist die der Fraktion der FDP im Verband Region Stuttgart, Sprecher Kai Buschmann. Er berichtet darin aus seiner Sicht über die Veranstaltung der FDP-Fraktion am 29.06.2012 in München mit ihm und einem Kollegen aus Hannover zum Thema Regionale Zusammenarbeit. Das war ein Fachgespräch, zu dem der Geschäftsführer als Gast eingeladen war.

Die Zusammenfassung von Herrn Buschmann ist in einem Punkt unzutreffend – dem Geschäftsführer Breu „gruselt" es nicht vor dem Stuttgarter Modell. Das hat er auch in einer Anhörung in Esslingen am 11.10.2012 öffentlich klargestellt.

Der Geschäftsführer hatte nach dieser Quelle zum Stuttgarter Regionalplan gesagt: „Die Entwicklung von Gemeinden auf die S-Bahnachsen zu beschränken, ist für ihn (Breu) unsinnig." ... „Dass die Region Stuttgart den Pkw nicht in ihre Überlegungen einbezieht (was ist gegen das Auto einzuwenden?) versteht er (Breu) ebenso wenig wie die Vorgehensweise, ausgerechnet ländliche Kommunen in ihrer Entwicklung zu beschneiden: Wir hier wollen unseren ländlichen Raum stärken."

Diese Äußerung des Geschäftsführers entspricht dem Regionalplan München. Eine Beschränkung der künftigen Entwicklung auf die S-Bahnachsen und eine Außerachtlassung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) wäre nicht mit den regionalplanerischen Leitlinien, Zielen und Grundsätzen des RPV vereinbar.

b) Die Kernaussagen des Regionalplans München zur Siedlungsentwicklung sind:

  • Alle Gemeinden haben das Recht, sich organisch zu entwickeln (d. h. ein maßvoller Bevölkerungszuwachs und auch eine strukturell bedingte Gewerbeansiedlung).
      
  • Eine darüber hinausgehende Entwicklung ist für alle Zentralen Orte und die, die an den Entwicklungsachsen liegen, möglich.
     
  • Ebenso möglich ist eine darüber hinausgehende Entwicklung in den Bereichen des Regionalplans (schraffiert), die für die Siedlungsentwicklung besonders in Betracht kommen.
     
  • Abstimmung der Siedlungsentwicklung mit dem ÖPNV-System und den vorhandenen und realisierbaren Infrastruktureinrichtungen.
  • Steigerung des ÖPNV-Anteils durch Netzausbau, Taktverdichtung, Flächenbedienung und mehr Kundenkomfort.
     
  • Verbesserung der überregionalen Anbindung im MIV und Ergänzung des Straßennetzes zur Engpass- und Gefahrenstellenbeseitigung.
     

Die Leitvorstellung, soweit in diesen Zielen und im Verkehrskapitel Regionalplan ersichtlich, enthält also ein abgestuftes System der Siedlungsentwicklung: 

Eine überwiegende Konzentration der zukünftigen Einwohnerzuwächse in Gemeinden mit Schienenhaltepunkten (91 Gemeinden), bei gleichzeitiger Wahrung der gerechtfertigten Entwicklungschancen der anderen Gemeinden (95 Gemeinden), insbesondere im ländlichen Raum der Region.

Zuletzt hat sich der Geschäftsführer zu dem Thema Siedlungsentwicklung und Wohnungsbau in der Region München in der Planungsausschusssitzung am 16.10.2012 geäußert. Aus den Daten ergibt sich, dass vom Einwohnerzuwachs 1970 bis 2011 von 650.000 in der gesamten Region mehr als 80 % auf Gemeinden mit Schienenanbindung entfallen. Nur 126.000 Einwohner sind in diesem Zeitraum in Gemeinden ohne Schienenanbindung hinzugekommen. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn die Zentralörtlichkeit zugrunde gelegt wird. Bei den sozialver- sicherungspflichtig Beschäftigten kommen von insgesamt 233.000 zusätzlichen Beschäftigten in diesem Zeitraum nur knapp 32.000 in Gemeinden ohne Schienenanbindung, der Rest in Gemeinden mit Schienenanbindung.

5. In den nächsten Jahren ist eine große Herausforderung (neben dem Infrastrukturausbau, z. B. 2. S-Bahntunnel) die Wohnungspolitik. Alle RPV-Mitglieder müssen genügend Wohnraum für den Bedarf der voraussichtlich weiter zunehmenden Bevölkerung schaffen. Wie bisher müssen mittelfristig 10.000 bis 12.000 neue Wohnungen/Jahr gebaut werden. Das Umland ist dabei besonders gefordert, weil die verfügbaren Neubauflächen in der LH München begrenzt sind, und auch weitere Verdichtung an Grenzen stößt.

Dabei muss die finanzielle Tragfähigkeit für die Kommunen, auch die Kosten der Infrastruktur, berücksichtigt werden.

Vor dem Hintergrund dieser und anderer Herausforderungen in unserer Wachstumsregion müssen sich die Mitglieder des RPV bei einer Neufassung des Regionalplans insbesondere mit den Themen Siedlung – Freiraum – Verkehr beschäftigen.

  

II. BESCHLUSSVORSCHLAG

  1. Vom Vortrag wird Kenntnis genommen.

  2. Der Planungsausschuss teilt die Auffassung von Herrn Dworzak im Schreiben vom 13.03.2013 aus den in dieser Vorlage erläuterten Gründen nicht. 

  

i.A.
Breu
Geschäftsführer 


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